Kann man die Gamma-Funktion auf wirklich alle Zahlen anwenden?
Hallo!
Ich mag die Gamma-Funktion sehr gerne, und habe neulich mal ein paar Zahlen in Wolfram-Alpha eingegeben und habe mir die Ergebnisse angesehen. Ich habe auch mal mit Matrizen gespielt, und habe dann mal welche in die Gamma-Funktion getan. Ich lerne gerade auch duale Zahlen, also die mit dem Epsilon das quadriert 0 ergibt, und habe mir mal Epsilon als Matrix angeguckt. Epsilon als Matrix ist:
(0 1)
(0 0)
Ich habe mal diese Matrix in Wolfram Alpha in der Gamma-Funktion eingegeben. Wolfram Alpha hat dann gesagt, dass das das selbe ist wie:
(1 1)
(1 1)
Und da ich gerade auch Split-Komplexe Zahlen lerne, ist mir aufgefallen, dass das das selbe ist wie 1+j, mit j² = 1, und dann Gamma(Epsilon+1) = 1+j wäre. Stimmt das oder habe ich das falsch verstanden?
Meine Frage ist jetzt nämlich: Kann ich wirklich alles in die Gamma-Funktion eingeben? Also natürlich nur, wenn der Wert dafür nicht nicht definiert werden kann, wie z.B. Gamma(-2). Das kann ja nicht definiert werden.
Denn es hört sich finde ich ein bisschen komisch an, dass ε! = 1+j ist. Ich weiß, dass die Fakultät eigentlich nur für Natürliche Zahlen definiert ist, aber Gamma(ε+1) hört sich finde ich nicht gut an.
Stimmt das mit der Gammafunktion? Kann ich wirklich alles in die Gammafunktion eingeben, damit irgendwas rauskommt?
Danke!
3 Antworten
Die Gamma-Funktion lässt sich zunächst einmal für alle reellen s > 0 als das uneigentliche Integral
definieren. Mittels mehrfacher partieller Integration sieht man, dass dieses Integral für natürliche Funktionswerte s = n die Fakultäten interpoliert. An der absoluten Konvergenz des Integrals für alle reellen s > 0 erkennt man zudem die Konvergenz des Integrals für alle komplexen s mit Re(s) > 0. Mittels Mellin-Transformation lässt sich die Funktionalgleichung der Gamma-Funktion herleiten:
Auf Grund der Funktionalgleichung lässt sich die Gamma-Funktion mittels des Identitätssatzes für komplexwertige Funktionen einer Variablen eindeutig zu einer meromorphen Funktion in die gesamte komplexe Ebene fortsetzen. An der Funktionalgleichung erkennt man zudem, dass isolierte Polstellen bei s = 0 und an allen negativen geraden ganzen Zahlen s = -2n vorliegen.
Daher kurze Antwort auf Deine Frage: Die Gamma-Funktion lässt sich auf alle komplexwertigen Zahlen s mit Ausnahme der 0 und aller geraden ganzen negativen Zahlen anwenden… :-)
PS: Die Laurent-Reihenentwicklung von Gamma um 1 lautet:
mit der Euler-Mascheroni-Konstanten. Wenn man nun in die Reihenentwicklung die nilpotente Matrix epsilon mit Nilpotenz-Index 2 einsetzt, bricht diese nach dem ersten Glied ab, und es gilt:
Ich denke, das ist das, was Wolfram Alpha Dir ausgibt…
Dir ist klar, dass wir hier über Dinge auf dem Niveau des 4. Semesters Mathematik-Studium (Funktionentheorie) reden? Ich habe das alles aus Nostalgie-Gründen aufgeschrieben, weil ich mich im Zuge meiner Promotion in Mathematik sehr intensiv mit der Gamma-Funktion beschäftigt habe und mir dies unglaublichen Spass gemacht hat. Die Gamma-Funktion ist eine der schönsten Funktionen, die die Funktionentheorie und die analytische Zahlentheorie zu bieten haben. Sie entfaltet ihre wirkliche Pracht aber nicht als reelle Funktion, sondern erst als meromorphe Funktion in der komplexen Ebene… :-)
Das schaue ich mir später nochmal genauer an - meromorphe Funktionen wie die Gamma-Funktion können in sogenannte Laurent-Reihen entwickelt werden; vermutlich ist anstatt der komplexen Variablen s dann eine Matrix in die entsprechende Reihe um den Entwicklungspunkt eingesetzt worden…
Stell doch mal diesen Wolfram Code ein, damit man sieht, was du genau gemacht hast
Kann man die Gamma-Funktion auf wirklich alle Zahlen anwenden?
Nein, sie hat zum beispiel bei 0 eine Polstellen
Auch in reellen ist die Gamma Funktion für unendlich viele Zahlen (alle negativen geraden Zahlen und die 0) nicht definiert. Das ganze ist auch der Fall sobald die Zahlen nicht mehr bezüglich der Multiplikation kommutativ sind:
Bei Dualen Zahlen ist das Stichwort: automatic differentiation
Das beruht einfach nur auf Taylorreihen... (siehe hier)
Es gilt:
f(x + y * ε) = f(x) + y * f'(x) * ε, {x, y} ∈ ℝ ∧ ε² = 0 ∧ ε ≠ 0
Mit der Gamma Funktion erhältst du:
Γ(x + y * ε) = Γ(x) + y * Γ'(x) * ε
Γ(x + y * ε) = Γ(x) + y * Γ(x) * Ψ⁰(x) * ε
Wobei Γ die Gamma Funktion und Ψ⁰ die PSI-0-Funktion ist.
Somit ist die Gamma Funktion auch für alle dualen Zahlen außer gerade negative Zahlen definiert. ;)
Das was Wolfram Alpha getan hat ist richtig, aber nicht das was du eigentlich willst.
Die Matrizen-Repräsentation ist eben nur eine Repräsentation und nicht gleich den dualen Zahlen. Sie hat einfach nur die gleichen Eigenschaften bezüglich der Addition und der Multiplikation. Sie sind also nicht gleich!
Danke!
Noch eine Frage: Warum sagt Wolfram Alpha dann 1+j?