Kann man auch Karate-Büchern wirklich Karate lernen?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Kampfkünste basieren auf überliefertem Wissen. Zu früherer Zeit wurde dieses Wissen nicht aufgeschrieben, sondern nur mündlich überliefert. Nicht, weil es ach so geheim war, sondern es war bloss nicht üblich und auch unhandlich.

In einer Schule kannst du im persönlichen Gespräch mit dem Meister und den Lehrern deren Überzeugung zur Kampfkunst kennenlernen. Dieses Wissen basiert auf Erfahrung und Reflexion mit anderen. Du solltest also darauf höhren!

Aber es ist gewiss nicht die einige Wissensquelle. Zu den alten Kampfkünsten wurde meterweise Papier beschrieben. Viel davon ist sehr, sehr gut. Aus eigener Recherche kommst du aber nicht darauf, welche der Bücher du lesen solltest.
Frage dazu deine Lehrer. Sie werden dir gerne jene Autoren und Titel nennen, die du lesen solltest.

Vielfach steht dasselbe drin, wie dir deine Lehrer schon erzählt haben. Aber es steht in anderer Formulierung drin und oft auch aus anderer Zeit geschrieben. Dieser Blickwinkel auf dasselbe Thema wird dein Weissen erweitern. Es ist unerlässlich, dass du das Wissen zum Thema aus verschiedenen, unterschiedlichen Quellen beziehst um dasselbe "von einer anderen Seite nochmals zu hören."

Mit dem Wissen, was dahinter steckt und was die Überlegungen bei der Erschaffung einer Kampfkunst waren, gelangst du zum Ursprung. Durch Kenntnis über die Vergangenheit wird die Gegenwart erklärbar. Wenn du dann das Gelesene im Dojo in der Praxis begegnest, wird die eben dieses klar: Es ändert sich nicht die Technik, noch die Umsetzung, aber es wird verständlich, weshalb es so und nicht anders sein soll.

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 - (Schule, Sport, Sport und Fitness)

Der Vorteil von Büchern ist, dass sie Dich bei deinem Karate-Training, welches im Dojo unter Aufsicht des Lehrers und mit Partner stattfindet, unterstützen können.

Der Lehrer hat Dir etwas erklärt, Du hast trainiert und geübt und Du wurdest korrigiert. Nun gehst Du nach Hause und liest nochmals etwas zum geübten nach. Du bekommst also eine anders formulierte Erklärung. Je mehr Du Dich mit der Übung beschäftigst, desto besser wirst Du werden.

Dieses "zuhause nochmals damit beschäftigen und vertiefen" ist ein Vorteil solcher Bücher.

Weil Du halt keinen Lehrer zuhause hast.

Falls Du Fragen hast, auch zum Buchinhalt, gehst Du wieder zum Lehrer.

Ein Buch kann dein Training allenfalls ergänzen, auch als Gedankenstütze.

Ein Training im Dojo kann kein Buch der Welt ersetzen.

Tatsächlich kann dir kein Buch oder Video-Kurs tatsächlich ernsthafte Kenntnisse und Fähigkeiten beim Erlernen einer Kampfkunst vermitteln.

Ein Lehrer korrigiert Fehler. Bereits ein falsch ausgeführter Fauststoß kann im Ernstfall dazu führen, dass du dir das Handgelenk verletzt.

Ein Lehrer vermittelt Feinheiten: Energie aus der Hüftrotation mitnehmen, Zentrierung im Körperschwerpunkt, Gewichtsverlagerung - das bedarf eines Lehrers

Was man in der Theorie weiß, muss sich in der Praxis beweisen - und gerade an solchen Feinheiten scheitern Do-it-yourself-Trainierende meist.

Ein Lehrer strukturiert den Lehrplan: Der Lehrer gliedert den Lehrplan und man kann nicht einfach einen Teil überspringen, nur weil er langweilig scheint.

Während man im Buch weiterblättert oder im Video vorspult, bleibt der Lehrer so lange bei einem bestimmten Lernniveau, bis alles "sitzt".

Ein Lehrer passt das Training an: Lehrinhalte und Geschwindigkeit des Unterrichts, sowie die Art der Übung, können an das Können der Schüler angepasst werden

Ein Lehrer ist Vorbild: Der Lehrer ist nicht nur ein "Vorturner", sondern er repräsentiert die Werte und das Wissen, dass der Schüler lernen will.

Traditionelle Kampfkünste sind zugleich ein philosophischer "Lebensweg" und dieser Bedarf der Anleitung durch einen Lehrer, der weiß, "wo es lang geht".

Ein Lehrer prüft charakterliche Eignung: Sollte der Schüler charakterliche Mängel, wie Probleme mit Aggressionen haben, kann er helfen oder ihn ausschließen

Wechselnde Trainingspartner: Nur wer mit unterschiedlichem Körperbau, Persönlichkeit und Taktiken vertraut geworden ist, kann sich verteidigen.

Wer nur vor dem Spiegel trainiert, erstarrt womöglich, wenn ein Zwei-Meter-Muskelmann oder ein wendiger, hinterlistiger Wirbelwind ihn angreift.

Fazit: Keine Kampfkunst kann durch Bücher und Videos erlernt werden - auch wenn manche kostenpflichtige Online-Anbiter dies versprechen.

Woher ich das weiß:Hobby – Seit etwa 40 Jahren Training des Aikido
Enzylexikon  24.01.2021, 16:26

Weitere Punkte:

Körperliche Erfahrung; Tritte, Schläge, Hebel, oder Würfe sind nichts, worauf man sich ausschließlich in der Phantasie vorbereiten kann.

Die Erfahrung eines harten Treffers an verschiedenen Körperstellen, oder die Wucht eines schweren Sturzes, sind nichts, was Spiegel oder Monitor bieten.

Scheinsicherheit: Wer alleine trainiert, begibt sich in eine gefährliche Scheinsicherheit, weil er sich Fähigkeiten einbildet, über die er nicht verfügt.

Man überschätzt im Ernstfall die eigene mentale Stabilität und technisches Können - das Ergebnis kann lebensgefährlich sein.

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Der Unterschied ist massiv. Ich bin selbst Sensei im Shotokan Karate und habe oft, gerade bei den Teenies, Anfänger, die denken, sie haben 2 Filme gesehen und einen Anime und können Karate.

Spoiler: Können sie nicht.

Niemand kontrolliert dich, wenn du dir Fehler bei bringst, niemand erklärt dir, wie und warum oder woher eine Technik kommt, wie man sie im Karate und im Bunkai anwenden kann...

Kannst du mir verraten, wie du mit dem Lesen die Bewegungsabläufe so einstudieren möchtest, dass sie aus Reflex passieren und du nicht mehr darüber nachdenken musst?

Lesinia 
Fragesteller
 24.01.2021, 15:46

Im buch werden Übungen vorgegeben, die man dann umsetzen kann

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RedPanther  24.01.2021, 15:47
@Lesinia

Gewöhnen dich diese Übungen daran, was der Gegner macht?

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Shiranam  24.01.2021, 20:03
@Lesinia

Nein. Die Überraschung fehlt. Die Störung deiner Abwehr oder deines Angriffes fehlt. (Video-)Sehen ist nicht spüren oder erfahren. Du kannst erahnen, was z.B. kommen könnte, aber Du weißt nicht, wie es sich tatsächlich anfühlt.

Man braucht Partner, am besten sogar verschiedene Partner, denn jeder reagiert etwas anders, ist verschieden groß oder schwer...

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