Ist Finnisch eine schwere Sprache?

5 Antworten

Die schnelle Antwort ist: Für einen Deutschsprecher ist Finnisch fast mit Sicherheit die schwierigere Sprache. Die längere Antwort ist länger, und ich kopiere einfach eine alte Antwort von mir:

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Für einen Deutschsprecher ist mit nahezu Sicherheit Schwedisch die einfachere Spra­che. Die meisten Vokabeln (z.B. expresståg ‘Eilzug’) und vieles in der Grammatik wer­den Dir bekannt vor­kom­men, und wenig (v.a. die Deklination nach Definitheit) wird völ­lig fremd sein.

  • Die Aussprache folgt weitgehend aber nicht ganz der Schreibung, ähnlich wie im Deutschen. Schwedisch hat auch keine besonders unaussprechlichen Laute.
  • Substantive sind relativ einfach, weil sie nur Nominativ und Genitiv haben. An­de­rer­seits haben sie bestimmte und unbestimmte Formen, und die Plural­formen sind, genauso wie im Deutschen, nicht genau voraussagbar (manche Wörter ha­ben auch Umlaut im Plural). Es gibt nur zwei Geschlechter (Utrum und Neutum).
  • Das Verbsystem ist recht einfach, weil die Verben nur nach Tempus und Modus konjugiert werden, aber nicht nach Person und meist nicht nach Numerus; da kommen also nur wenige verschiedene Formen zusammen. Außer Präsens und Präteritum gibt es noch zusammengesetzte Zeiten, die ähnlich wie im Deutschen funktionieren. Schwedische Verben haben allerdings echte Passivformen, die dem Deut­schen fehlen.
  • Es gibt genauso wie im Deutschen den Unterschied zwischen starken und schwa­chen Ver­ben, und bei ersteren muß man Stammformen lernen, weil man sie nicht mechanisch aus dem Infinitiv herleiten kann.
  • Adjektive werden mit ihren Bezugswörtern in Genus, Numerus und Definitheit über­­ein­gestimmt, und es gibt den Unterschied zwischen starker und schwacher Adjektivdeklination wie im Deutschen.

Alles in allem ist das vertrautes Terrain, und im Schnitt einen Zacken einfacher als Deutsch.

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Finnisch ist dagegen eine andere Liga. Das einzige Wort, das Du mit freiem Auge er­kennen kannst, ist sauna, alles andere erinnert Dich an nichts, was Du schon einmal gehört hast. Die Grammatik in von der Deutschen vollständig verschieden; alles we­sent­liche wird mit Suffixen ausgedrückt (die können kombiniert werden und lassen das Wort wachsen wie einen Lindwurm), und es gibt 15 Fälle. Und Vokalharmonie gibt es auch, d.h., Suffixe wählen ihren Vokal je nachdem welcher Vokal im Wortstamm vorangeht, ganz zu schweigen von der phonemischen Vokal- und Konsonantenlänge.

Allerdings hat Finnisch einen Pluspunkt: Regelhaftigkeit. Bei den allermeisten Wörtern funktioniert nämlich alles ziemlich genau gleich, und Schreibung und Lautung passen perfekt zusammen. Wenn Du Türkisch kannst, dann wird Dir das bekannt vorkommen, weil die Sprachen zwar nicht verwandt, aber typologisch ähnlich sind.

Die vielen Fälle sind sowieso eine Mogelpartie: Sie sehen bei den verschiede­nen Sub­stantiven weitgehend gleich aus, und sie ersetzen das, was wir im Deutschen mit Prä­positionen machen (sie geben also einen Ort an, oder eine Richtung, oder daß je­mand mit jemand anderem zusammen ist); Plural wird einfach durch ein zusätzliches Suffix ausgedrückt und erfordert keine neuen Kasusendungen. Das ist nicht zu vergleichen mit den Schwie­rig­keiten des lateinischen Kasussystems, mit seinen zahllosen Dekli­na­tions­klassen, mehr­deutigen Formen und unvorhersagbarer Verwendung.

Wenn Du Dich auf etwas Neues und Fremdartiges einlassen kannst, wenn Du beim Vokabellernen Großmeister bist und wenn Du Spaß an systematischen abstrakten Strukturen hast (z.B. Student der Mathematik, der theoretischen Physik oder der In­formatik), dann könnte es sein, daß Dir Finnisch sogar leichter fällt als das un­syste­ma­tischere Schwedisch. Eine Liebesbeziehung zu einem finnischen Partner könnte auch helfen (aber bitte keine Fernbeziehung). In allen anderen Fällen empfehle ich aber doch Schwedisch.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik
Verelat777  09.01.2024, 12:10

Noch als kleine Ergänzung: Das Schwedische, Norwegische und Dänische gehören wie das Deutsche zum germanischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie und sind sich in Grammatik und Vokabular sehr ähnlich. Das Finnische gehört hingegen zu den uralischen Sprachen gehört und ist damit grundlegend anders.

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Finnisch ist sauschwer. Deutsch hat 4 Casi (Fälle), Latein 5. Finnisch hat 16.

Für einen Deutschen auf jeden Fall. Schwedisch lernt man recht schnell (das kann ich schon prima anwenden), Finnisch dauert sehr lange (da kann ich höchstens danach fragen, wo etwas im Supermarkt liegt).

Finnisch kommt aus einem komplett anderen Wortstamm. Das Herleiten von Begriffen ist daher nicht so einfach, wie bei anderen nordischen Sprachen. Dänisch, norwegisch und schwedisch gleichen sich.

Von den nordischen Sprachen ist sie m.E. die schwerste. Vor allem gehört sie nicht zu den germanischen Sprachen, sondern zum Uralischen.