Ist es schlimm, über einen Toten nichts Positives sagen zu können?
Hallo,
vor gut einem Jahr starb ein entfernter Verwandter von mir. Ich hatte keinen Bezug zu ihm, empfand ihn als unsympathisch, herrisch, unbeherrscht und anstrengend. Es gab kaum Kontakt, wir wohnten auch weiter weg. Als Jugendlicher und Kind hatte ich Angst vor ihm, als Erwachsener war er mir zumindest suspekt.
Irgendwie fühle ich mich schlecht, weil ich für den Verstorbenen nichts übrig habe, keine angenehme oder halbwegs nette Erinnerung an ihn habe, im Gegenteil, und doch sehe, wie seine direkten Angehörigen (obwohl er zu denen auch schroff und aggressiv war) um ihn trauern. Ich habe da leichte Gewissensbisse, aber für das negative Bild, das er hinterließ (nicht nur bei mir) war er selbst verantwortlich.
Ist es "okay", wenn ich nichts Positives über ihn sagen kann, obwohl er tot ist, oder muss man sich dafür schämen? Oder bin ich da vielleicht zu "gewissenhaft"?
Danke & Grüße!
8 Antworten
Nein, du musst dich nicht schämen.
Wenn du jetzt was Positives sagen würdest, was nicht wahr ist, wäre das die Unwahrheit, du würdest lügen.
Du musst ja nicht die negativen Seiten nach außen kehren. Du musst sie ja nicht deinen Bekannten und Verwandten wieder in Erinnerung rufen. Behalt vielleicht diesen Gedankengang für dich und halt dich im Gesprächen über den Verstorbenen zurück - oder sprich gegebenenfalls nur (respektvoll) mit Bekannten oder Verwandten über diese Aspekte, von denen du sicher weißt, dass sie ähnlich empfinden wie du.
Es gibt doch diese Redewendung, man solle über Verstorbene nichts Schlechtes sagen. Sag es einfach nicht und denk dir deinen Teil. Du musst dich und deine Gefühle nicht verdrehen, nur weil er verstorben ist. Man kann und muss nicht mit jedem gut Freund sein. Man muss nur fair sein und dazu gehört eben auch – provokativ formuliert – sich nicht das Maul über – in diesem Fall den Toten – zu zerreißen.
Es wäre geheuchelt, wenn ich positives sagen würde - dafür bin ich zu geradlinig in der Hinsicht.
Ich spreche eigentlich nur mit meiner Freundin über ihn oder mit meiner Mutter, die bewerten ihn genauso.
Nee finde ich absolut okay
ging mir mit einem Verwaltenden ähnlich ich würde aber das nicht jemand erzählen wollen jeder hat licht und Schattenseiten. Dann sag lieber gar nichts du sagt da selbst das er weit weg gewohnt hat und du selten dort warst. Dabei würde ich es bewenden lassen.
Ein Lehrer von mir sagte mal (mit Blick auf die Todesanzeigen in der Zeitung) ... "es sterben immer nur die Guten und die Besten" ....
und nicht jeder hat diese Personen als "die Guten und die Besten" erlebt, dass ist eben so und da kann man auch ehrlich sein und muss nicht gezwingen rumtrauern bei jemandem der einem eigentlich nichts bedeutet hat oder einem zutiefst zuwider war
Das stimmt.
Er hatte tatsächlich etliche Anzeigen auch von Vereinen, aber man wusste, dass das alles nur erschien, weil er da Mitglied war - nicht weil ihn alle so klasse fanden.
Ich glaube, dass passiert öfter mal. Man kann es trotzdem probieren; "Neben ihn gestellt, wirkten andere Menschen immer viel positiver als sonst" oder "Er war uns immer ein gutes Vorbild, wie man nicht sein sollte" ;-)