Ist die deutsche Sprache heute weitgehend degeneriert?
Vergleicht man die heutige Sprache zum Beispiel mit derjenigen in Goethes Faust, also ca. 250 Jahre zurückliegend, so zeigt sich ein erschreckender Verfall der Sprachkompetenz in Wortwahl, Grammatik und Ausdruckskraft.
Auch neuere Texte aus dem Deutschen Reich vor 1914 sind sprachlich viel ausgereifter und vielschichtiger.
Selbst altgermanische Texte, wie die Merseburger Zaubersprüche von vor fast 2000 Jahren zeugen von einem viel eindrucksvolleren und klareren Sprachgebrauch als wie er heuzutage gang und gäbe ist.
7 Antworten
Ja, ich empfinde das auch so. In letzter Zeit fällt mir vor allem ein Verlust an Verben und Präpositionen auf. Beispiele:
Mannschaft A hat ... Vorsprung/Rückstand auf Mannschaft B, statt ... vor/hinter
Ich hole eine Zeitung/Auto/Kredit, statt abonniere/kaufe/beantrage
Weiterhin die Angleichung der Schriftsprache an gesprochenes Unterschichtendeutsch: Ich habe ein Freund, statt ...einen...
Es ist mir immer eine Wohltat, alte Bücher zu lesen. Wenn Du mal wirklich kräftige und farbige Sprache hören möchtest, dann empfehle ich Dir das Hörspiel "Schyschyphusch oder der Kellner meines Onkels"... fantastisch!
Dass sich Sprache verändert, ist normal. Niemand spricht mehr wie Goethe geschrieben hat und das hat man sicher damals auch nicht.
Von den althochdeutschen Texten, die du erwähnst, würdest du heute so gut wie nichts mehr verstehen. Außerdem kommen die aus dem 9./10. Jahrhundert. Mit deinen 2000 Jahren hast du also etwas übertrieben.
Du vergleichst hier sprachliche Kunstwerke mit der heutigen Alltagssprache. Da ist doch klar, dass die Kunstwerke besser abschneiden. Die Autoren haben sich da viel mehr Mühe geben, als man es bei einem alltäglichen text tun würde. Und es waren die besten und ausrucksstärksten Sprachkünstler ihrer Zeit. Wenn du die heutige Alltagssprache mit Goethe vergleichst ist doch klar, dass Goethe "gewinnt". Das hat aber nichts mit Verfall zu tun.
- Sprache ist immer im Wandel. Nur weil unsere Sprache anders ist, ist sie nicht schlechter.
- Primitive Sprache gab es mit Sicherheit zu jeder Zeit. Man hat sich nur nicht die Mühe gemacht sie zu archivieren und in unseren Bibliotheken findet man eher die Perlen. Das wird in Zukunft vermutlich ähnlich sein, auch wenn es leichter ist den ganzen digitalen Müll zu archivieren.
Hier wird auch Althochdeutsch erwähnt, und man muss da bedenken, dass viele Menschen früher gar nicht schreiben konnten. Deshalb können wir nicht genau wissen, wie sie gesprochen haben, da sie keine Möglichkeit hatten, Texte zu verfassen, die heute archiviert werden könnten. Viele althochdeutsche Texte stammen von Mönchen und nicht von einfachen Bauern.
Die Texte stammen meistens von den Gebildeten, die neben Althochdeutsch auch noch Latein konnten, was ja die Sprache der Kirche ist.
Ich bin mir eigentlich sicher, dass auch Texte von einfachern Bauern für die Sprachwissenschaft interessant gewesen wären, es die aber einfach nicht gibt.
Man kann sich auch mit moderner Sprache gepflegt ausdrücken. Das heißt aber nicht, irgendwelches sinnloses Brimborium mit einzubauen. Die goldene Mitte - wie immer...