In welchen Schriften wurde Deutsch (mal) geschrieben?


17.01.2022, 13:24

Wurde es vielleicht mal in Hebräischer Schrift geschrieben, als sich Jiddisch noch nicht entwickelt hatte?

7 Antworten

Die Frage ist, was Du mit „Deutsch“ meinst, und was Du mit „Schrift“ meinst.

Deutsch und seine Vorläufersprachen werden seit mehr als 1000 Jahren in Latein­schrift geschrieben, die natürlich von den karolingischen Minuskeln bis zur heutigen Antiqua und Schreibschrift verschiedene Formen und Varianten hatte. Die Zeitspan­ne umfaßt Neuhochdeutsch (also das, was wir heute reden), Mittelhochdeutsch und Alt­­hoch­deutsch (und alle Dialekte davon), aber auch Niederdeutsch bis zurück zum Alt­­nieder­­deutschen (sofern Du das überhaupt als Deutsch durchgehen läßt).

Davor, also in der Spätantike, der Völkerwanderungszeit und dem sehr frühen Mittel­alter, wurde Deutsch nur sehr selten geschrieben, aber wenn dann im Runen-Alpha­bet; es sind ca. 100 derartige Inschriften bekannt, alle sehr kurz (ein paar Worte lang). Ein Bei­spiel ist die Runenschnalle von Pforzen. Ob Du das aber noch als „Deutsch“ be­zeich­nen willst, mußt Du selber entscheiden.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik
Hokage2020 
Fragesteller
 17.01.2022, 13:47

Ich würde alles zählen was mal zum deutschen gezählt wurde (und evtl heute noch gezählt wird)

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indiachinacook  17.01.2022, 13:51
@Hokage2020

Entweder ist dieser Satz eine Tautologie, oder ich verstehe ihn nicht. Anyway, ist das, was auf der Runenschnalle steht, für Dich Deutsch?

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Da gab es einige:

https://www.onlineprinters.de/magazin/alte-schriftarten/

... wobei diese Schriften natürlich über ganz Europa und später auch Amerika verbreitet waren und keineswegs nur im Bereich des Deutschen Reichs verwendet wurden.

Nicht in der Liste genannt: die Sütterlin Schreibschrift.

Hebräische Schrift: nur im jüdischen Kulturkreis

Sowohl unsere heutige Lateinschrift als auch die bis 1941 offiziell als 1. Schulausgangsschrift verwendete Sütterlin-Schrift (bzw. ihrer daraus geformten Varianten „Volksschrift“ bzw. „Verkehrsschrift“ der 1930er Jahre) sowie die süddeutsche Offenbacher Schrift und überhaupt die all diesen zugrunde liegenden Kurrentschrift, was alles im Gegensatz zur lateinischen auch deutsche Schrift bezeichnet wurde, gehen die alle nach Lehrmeinung auf die karolingischen Minuskeln zurück. Und diese haben ihre Wurzeln in den unzialen bzw. halbunzialen Formen des Lateinischen. Auch die Fraktur- und Kanzleischriften haben dort ihren Ursprung. Auch diese wurden mal handgeschrieben.

Eine andere Schriftart, welche teils archaisch-lateinisch anmutet, teils an Runen erinnert, ist die sog. Gotische Schrift der Wulfila-Bibel, ein frühes Zeugnis für Althochdeutsch.

Jiddisch (wörtlich „jüdisch“) wurde ausschließlich von aschkenasischen Juden verwendet. Jiddisch wurde wohl vor allem aus religiösen Gründen verwendet und als Ausdruck der „Jiddishkajt“. Es ist anzumerken, dass Jiddisch eine westgermanische Sprache ist, die zu einem großen Teil aus dem Mittelhochdeutschen schöpft, heute auch neuhochdeutsche Einflüsse kennt und aus weiteren Sprachen, natürlich auch Hebräisch. Jiddisch kennt diverse Dialekte. Und da es mit dem Judentum zusammenhängt, st klar, dass dafür die hebräische Schrift verwendet wird und der Sprache angepasst wurde. Das dürfte etwa km 13. Jh. begonnen haben in Gestalt des Altjiddischen. Laut Wikipedia findet dich der älteste altjiddische Vers in einer ansonsten hebräischen Handschrift des Wormser Machsor von 1272.

Die deutsche Schrift basiert auf dem lateinischen Alphabet. Es kamen im Deutschen nur ein paar Buchstaben dazu. Im Laufe der Jahrhunderte gibt es verschiedene Schriftarten. Ich will jetzt aber nicht im Mittelalter beginnen. Ich denke, zwei Beispiele aus der neueren Zeit reichen, um die Unterschiede zur heute gelehrten lateinischen Schreibschrift deutlich zu machen.

Meine Großeltern (Ende des 19.Jh. geboren) lernten noch die alte deutsche Schrift, diese ganz enge, spitze Schrift, bei der man "m, n, c und e" kaum auseinanderhalten kann - als ungeübter Leser dieser Schrift sähe man beim Wort "Himmel" in der Mitte nur kleine Zacken. Als Kind hatte ich schon Schwierigkeiten beim Entziffern dessen, was meine Oma mir auf Urlaubskarten schrieb. Sie schrieb zwar sehr schön und gleichmäßig, aber nur in deutscher Schrift, denn sie hatte nur diese gelernt. Zwar las sie die Zeitung, Bücher und auch handschriftliche Texte problemlos in lateinischer Schrift, aber selbst tat sie sich mit lat. Schreibschrift schwer, und das dauerte ihr einfach zu lange.

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Die Schrift, die meine Eltern lernten, Sütterlin, ist für mich sehr leicht zu lesen, denn sie ist viel runder, und man kann die einzelnen Buchstaben gut erkennen und auch "e" und "n" sehr gut unterscheiden.

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Bei meinem Vater konnte man, als er in lateinischer Schreibschrift seine ureigene ausgeschriebene Handschrift entwickelt hatte, nicht mehr sehen, dass er einmal Sütterlin geschrieben hatte. Bei meiner Mutter blieben aber das "d, g, r, z und der u-Strich" aus dem Sütterlin wie auch die weder nach links noch nach rechts kippende, akkurate staksig-runde Handschrift erhalten.

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