In welche Sprache denkt ihr?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Als Schweizer denke ich fast nie in einer Sprache. Ich denke vieles in Bildern oder Filmen, in Mustern, vieles halb bewusst, manches in Formeln. Töne, Melodien, Gefühle und die Körperhaltung spielen oft eine grosse Rolle. Wenn ich dann jemandem meine Schlussfolgerungen erklären muss, ist es ein Kraftakt, diese in Sprache zu formulieren. Oft gelingt dies nur unzureichend.

Ich weiss, dass es anderen auch so geht. Ich muss nur zuhören, wenn andere ihre Gedanken formulieren, wenn sie ein Problem offensichtlich schon gelöst haben. Ich muss nur eine Gebrauchs- oder Bauanleitung lesen, um völlig klar zu sehen, dass wir nicht in Sprache denken. Trotzdem wollte mir mein Professor für Lerntheorien beibringen, Denken basiere immer auf Sprache. Es wundert mich, dass die Leute nicht merken, wie falsch das ist.

goldenannanas  10.01.2023, 13:30

Ich denke auch viel in Bildern, Tönen, Gefühlen etc, allerdings kann man trotzdem in einer Sprache denken. Ich kann sehr wohl meine Gedanken analysieren und feststellen, ob und wenn ja, in welcher Sprache ich denke.

1
Limi123456  10.01.2023, 23:33

Ist wirklich nicht beleidigend gemeint, du klingst wie ne tolle Person, aber wusstest du dass eine Studie gezeigt hat dass Leute die nicht klar in Sprache denken weniger intelligent ist.

Ist aber keine sehr ernstzunehmende Quelle. Bin halt im Internet mal drüber gestolpert.

0
diderot2019  11.01.2023, 08:41
@Limi123456

Nein, das ist keine ernstzunehmende Quelle. Das ist falsch. Es ist umgekehrt: Intelligente Leute schaffen es besser, ihre Gedanken in Sprache zu übersetzen. Aber auch bei ihnen findet das Denken hauptsächlich nonverbal statt. Das kann gar nicht anders sein: Sprache ist linear. Denken Vernetzt. Es ist meist nur mit Einbussen möglich, vernetzte Gedanken in eine lineare Form zu bringen. Intelligente Leute schaffen das besser. Aber auch intelligente Leute schaffen mehr, wenn sie bildlich denken.

Vier Beispiele:

  • Alexander Kekulé, der die Struktur des Benzoringes erkannte, fand diese in einem Traum im Halbschlaf. Er träumte, wie sich die Kohlenstoffatome zu einer Kette verbanden und dann in eine Schlange verwandelten, die sich in den Schwanz biss.
  • Albert Einstein war leidenschaftlicher Segler. Wenn du mal gesegelt bist, weisst du, wie wichtig da die Relativität der Bewegung ist. Du sitzt im Boot, bist also relativ zum Boot in Ruhe. Du bewegst dich relativ zum Wasser und wirst angetrieben vom Wind, der sich relativ zum Wasser bewegt. Wenn du dann liest, mit welchen Gedankenexperimenten Einstein zu seiner Relativitätstheorie kam, dann erkennst du da genau solche Bilder von relativ sich bewegenden Dingen (Zug und Fahrstuhl). Es ist absurd anzunehmen, er habe diese Bilder nicht gesehen, sondern nur in Sprache beschrieben.
  • Richard Feynman, der zu den genialsten Physikern zählt wurde mehrmals von der Polizei angehalten, wenn er spät Abends heim ging, weil er dann so mit den Armen umher fuchtelte. Er stellte seine Elektronen und Protonen mit den Händen dar, die dann gegeneinander prallten und neue Teilchen generierten. Feynman dachte mit seinem ganzen Körper, keineswegs vorwiegend in der Sprache.
  • Von einem Schachspieler habe ich gelesen, er sei während eines Schachspiels in Gedanken abgeschweift und habe darüber nachgedacht, wie man ein Flusspferd aus einem Sumpf befreien könnte. Irgendwann merkte er, dass ihm die Zeit ausging und er machte irgendeinen Zug. Am Tag danach hiess es in der Zeitung, er habe in einer verzweifelten Lage lange nachgedacht, sich dann mit einem brillanten Zug befreit und die Partie noch gewonnen. Dabei hatte er bewusst nur an das Flusspferd gedacht. Die Gedanken zum Schachspiel liefen völlig unbewusst und sprachlos ab.
0
Limi123456  11.01.2023, 22:33
@diderot2019

Hab mir zwar nicht alles durchgelesen aber Respekt dass du all diese Infos gesammelt hast.

Und sry ich habs halt so gelesen ich wollte dich nd beleidigen

0

Hey!

Ich bin zwar mit deiner Frage nicht angesprochen, da Deutsch auch meine Muttersprache ist, allerdings kann ich gerne meine Erfahrungen hier teilen.

Ich bin mit Eltern aus zwei unterschiedlichen Ländern aufgewachsen. Mit meinem Vater habe ich von Anfang an ausschließlich Deutsch gesprochen, mit meiner Mutter ausschließlich Russisch. Ich kann beide Sprachen fließend sprechen.

Denken tue ich sowohl auf Deutsch, als auch auf Russisch, manchmal sogar auf Englisch. Es ist stark Situationsabhängig. Wenn wir gerade mit der Familie versammelt sind und mein Vater auch dabei ist (er kann nicht so gut Russisch, meine Mutter kann aber sehr gut Deutsch), sprechen wir auf Deutsch, dabei denke ich auch auf Deutsch. Wenn ich also gerade mit jemandem auf Deutsch spreche oder gerade gesprochen hab, denke ich auf Deutsch. Auf Russisch denke ich, wenn ich mit meiner Mutter oder meinen Geschwister rede, wenn ich in der Schule bin (bin aktuell nicht in Deutschland in der Schule). Ich denke also immer in der Sprache, in der ich rede.

Was ziemlich paradox ist: als ich aufm Gymnasium in Deutschland war, habe ich im Matheunterricht häufig auf Russisch gerechnet, da ich das ein-mal-eins mit meiner Mutter auf Russisch gelernt hatte. Das heißt ich hab sonst immer auf Deutsch gedacht, aber dann auf Russisch gerechnet.

Ich kann eigentlich super schnell die Sprache meiner Gedanken switchen, allerdings kann ich ganz deshalb schlecht übersetzten. Mein Gehirn denkt entweder auf Deutsch oder auf Russisch, ohne die Sprachen dabei zu vergleichen und gegenüberzustellen.

Was ich auch sehr interessant finde, man muss nicht unbedingt in einer Sprache denken. Man kann auch in Bildern, Emotionen oder Geräuschen/Melodien denken.

Ich hoffe, ich konnte deine Frage beantworten, auch wenn ich nicht ganz in die Kategorie der angesprochenen Personen passe.

Liebe Grüße

Ich spreche Deutsch als Nicht-Muttersprachler. Trotzdem habe ich nie im Außland gelebt, deshalb falle ich außerhalb des Angesprochenkreises. Ich finde jedoch, wenn ich mich auf einer Fremdsprache ausdrücke, fällt es mir nicht schwierig, zwischen sprachlichen Mustern hin und her zu wechseln. Das hängt wohl darauf ab, dass ich eine Neigung zum Sprachenlernen habe. Ich kann in beiden Sprachen denken und manchmal stützen sich meine Gedanken auf der Musikalität von Wörtern oder auf Bildern. Da ich aber Fremdsprachler bin, kann es passieren, dass ich an manchen Stellen Fehler mache, oder meine Ausdrucksweise weicht ab und zu ein bisschen von der von Muttersprachlern ab.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Interesse wach halten

Meine Muttersprache ist Deutsch, aber ich denke in keiner Sprache. Wenn ich mich im Ausland in einer Fremdsprache unterhalte, muss ich nichts übersetzen, sondern kann sofort antworten.