Hat Kaiser Nero Rom abgebrannt?

8 Antworten

Von Experte Neugier4711 bestätigt

Persönlich hat Kaiser Nero Rom nicht abgebrannt. Er hat sich zur Zeit des Brandausbruches nicht in Rom aufgehalten, sondern in der rund 60 km entfernten, am Tyrrhenischen Meer gelegenen Stadt Antium (Tacitus, Annales 15, 39, 1). Auch eine Brandstiftung im Auftrag Neros ist sehr unwahrscheinlich.

Bei dem in der Nacht vom 18. zum 19. Juli 64 n. Chr. ausgebrochenen großen Brand Roms könnte das Feuer durchaus ohne eine absichtliche Brandstiftung als Ursache entstanden sein. Das Feuer konnte erst nach 6 Tagen beendet werden, dann brach ein Brand an anderer Stelle (im Garten des Praetorianerpräfekten Gaius Ofonius Tigellinus) aus und wütete 3 Tage. Unglücklicher Zufall bzw. Fahrlässigkeit sind möglich. Die Stadt Rom war für Brände damals anfällig. In Rom hatte es schon früher mehrfach Großbrände gegeben, auch später ist so etwas vorgekommen (vgl. z. B.

https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6mische_Stadtbr%C3%A4nde). Bei den damaligen Verhältnissen mit vielen Holzbauten, Mietskasernen dicht nebeneinander (in oberen Stockwerken war oft viel aus Holz gebaut), Stroh und engen, verwinkelten Gassen konnte ein beginnendes Feuer weit um sich greifen und nicht so einfach gestoppt werden. Der Band geschah, als ein heißer und trockener Sommer war. Er brach bei den Buden, Läden und Wirtshäusern am Circus Maximus aus. Starker Wind verbreitete die Flammen. Ein unglücklicher Funkenflug, eine Unachtsamkeit oder Fahrlässigkeit beim Umgang mit Feuer (z. B. offene Feuerstellen zum Kochen, Öllampen, Fackeln, die nicht ordentlich gelöscht wurden) könnte der Anfang gewesen sein.

Es war eine helle Vollmondnacht, die sich ein Täter mit einem Plan eher nicht als Zeitpunkt ausgesucht hätte.

Eine von Kaiser Nero in Auftrag gegebene Brandstiftung ist zwar von manchen antiken Autoren unterstellt worden, aber sie haben keine guten Informationen und Begründungen. Die ihm unterstellten Motive für eine Brandstiftung sind unterschiedlich. Teils bieten sie keine zu dem genauen Ablauf passenden schlüssigen Erklärungen, teils fehlen Beweise und das, worauf Bezug genommen wird, kann auch anders gedeutet werden.

Einige haben hinterher etwas von Männern berichtet, die Löscharbeiten behindert hätten oder sogar Fackeln geworfen. Wie zuverlässig diese Aussagen sind und ob Fehldeutungen zugrundliegen, kann nicht mehr überprüft werden. Vielleicht haben manche die Lage für Plünderungen genutzt, vielleicht sind Gegenmaßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung falsch gedeutet worden. Über Gerüchte zur Verursachung kommt dies nicht hinaus. Verursachung Zeugenbefragung und eine noch durchführbare Untersuchung eventueller Tatorte ist jetzt nicht mehr möglich. Damals ist anscheinend nichts wirklich Ergiebiges herausgekommen.

Es traten Gerüchte auf, Nero sei der Schuldige. Dieser nannte, als diese Gerüchte nicht verschwanden, schließlich eine Gruppe als Schuldige, die das Volk Chrestiani nannte, um den Zorn der Bevölkerung auf andere zu lenken (Tacitus, Annales 15, 44, 2 - 5).

Gegen eine Anstiftung Neros spricht ein Beginn des Feuers in der Nähe seines auf dem Palatin errichteten und eine kostbare Kunstsammlung enthaltenden Palastes, des Domus Transitoria. Der Palast und die Kunstwerke sind zerstört worden.

Die antiken Hauptquellen über das Ereignis sind:

Tacitus, Annales 38 – 44

Sueton, Nero 38

Cassius Dio 62, 16 – 18

Die Beschuldigungen beruhen auf Gegnerschaft zu Nero, einer Überzeugung, Nero sei so etwas zuzutrauen (immerhin hat er tatsächlich schlimme Taten begangen wie den Befehl zur Tötung seiner Mutter), und Gerüchten.

Plinius, Naturalis historia 17, 5 [1] behauptet im Zusammenhang mit Bäumen Feuersbrünste/Brandstiftungen Kaiser Neros (Neronis principis incendia), der den Tod von Bäumen beschleunigt hätte, begründet den Vorwurf aber nicht.

[Seneca], Octavia 825 – 833 dichtet Nero Äußerungen zu, das unfromme Verbrechen des Pöbels bestrafen zu wollen und die Absicht zu haben, die Häuser Roms durch seine Flammen zum Einsturz zu bringen und das schuldige Volk mit Feuern des Einsturzes, Armut, Trauer und Hunger zu bedrängen. Dies ist wenig passend zu den tatsächlichen Hilfsmaßnahmen nach der Brandkatastrophe und einem Bemühen Neros, beim einfachen Volk durch großzügige Gaben und Unterhaltungsangebote beliebt zu sein.

Statius, Silvae 2, 7, 60 – 61 enthält eine Anspielung mit einer Ausage über unsagbare Feuer des schuldigen Herrschers (infandos domini nocentis ignes).

Tacitus gibt zwei Auffassungen an, die von Schriftstellern überliefert sind (Annales 15, 18, 1): Sequitur clades, forte an dolo principis incertum (nam utrumque auctores prodidere), sed omnibus, quae huic urbi per violentiam ignium acciderunt, gravior atque atrocior.

„Es folgt ein Unglück/eine Katastrophe, ob durch Zufall oder aufgrund einer Hinterlist/Tücke des Princeps ist ungewiss (denn die Autoren/Schriftsteller/Geschichtsschreiber/Gewährsleute haben beides berichtet/überliefert).“

Tacitus lässt die Frage offen.

Tacitus, Annales 15, 39, 3 erwähnt als unbestätigtes Gerücht, Kaiser Nero sei zur Zeit der brennenden Stadt auf seine Hausbühne gegangen und habe den Untergang Troias besungen, gegenwärtige Übel alten Katastrophen gleichstellend.

Tacitus, Annales 15, 67, 1 überliefert eine Äußerung des 65 n. Chr. als Verschwörer festgenommenen Praerorianertribunen Subrius Flavus zu Nero, ich habe dich zu hassen begonnen, als du als Mörder deiner Mutter und deiner Ehefrau, Wagenlenker, Schauspieler und Brandstifter hervorgetreten bist.

Juvenal (Iuvenalis) 8, 220 – 223 deutet Lied über Troias Untergang und Brandstiftung an.

Sueton und Cassius Dio, die nicht zu der Zeit des Brandes lebten, stellen einen Auftritt mit einem Lied über Troais Untergang als tatsächlich geschehen dar und Kaiser Nero als Brandstifter.

Sueton, Nero 38 behauptet, Kaiser Nero habe an der Hässlichkeit der alten Gebäude und den engen und gekrümmten Gassen Anstoß genommen und deshalb die Stadt so in aller Öffentlichkeit angezündet, dass die meisten ehemaligen Konsuln seine mit Werg und Fackeln ergriffenen Kammerdiener nicht anzufassen gewagt hätten und einige Getreidespeicher in der Gegend um das Goldene Haus (Domus Aurea) mit Kriegsmaschinen abgerissen und angezündet worden seien. Nero habe den Brand vom Maecenas-Turm aus angeschaut und sich, wie er sagte, an der Schönheit des Feuers erfreut. Er habe in seinem Theaterkostüm die Eroberung Troias vorgetragen.

So offenkundig kann es aber nicht Brandstiftung gewesen sein, sonst hätte der keineswegs nerofreundliche Tacitus die Verursachung nicht offengelassen.

Cassius Dio 62, 16 – 18 behauptet, Nero habe heimlich Männer ausgeschickt, die vorgaben, betrunken zu sein oder auf andere Art Übeltäter, und sie zuerst ein, zwei oder eher Gebäude in verschiedenen Teilen der Stadt anzünden lassen. Nero habe von Dach seines Palastes den Brand angeschaut und Troias Untergang besungen.

Dies stimmt nicht mit der Entstehung des Feuers nach der Darstellung bei Tacitus überein und eine Erklärung mit einer Absicht, die Luete zu verwirren, die weder einen Anfang fanden noch ein Ende herbeiführen konnten, aber ständig Seltsames sahen und hörten, ist sachlich für den Beginn wenig passend. Verdächtig sind auch die Abweichungen über den Schauplatz bei den Erzählungen über ein Lied Neros. Diese angeblichen Schauplatz brannten damals schon oder waren vom Feuer bedroht.

Sextus Aurelis Victor, De caesaribus 5, 13 – 14 behauptet, Nero habe beschlossen, die Stadt mit Feuer zu beseitigen und einen neuen Regierungssitz zu suchen.

Dies ist nicht überzeugend, weil Nero in Rom neu baute und den Regierungssitz nicht verlegte.

Eutropius 7, 14 behauptet, Nero habe Rom angezündet, um ein Bild des Schauspiels zu sehen, wie einst das eroberte Troia gebrannt hatte.

Orosius 7, 7, 4 – 10 behauptet, Nero habe den Brand der Stadt Rom zum Schauspiel seines Vergnügens gemacht. Getreidespeicher seinen mit Kriegsmaschinen angerissen und angezündet worrden. Nero habe vom Maecenasturm aus den Barnd angeschaut und sich, wie er sagte, an der Schönheit des Feuers erfreut. Er habe in seinem tragischen Theaterkostüm die Ilias vorgetragen. Als erster habe er in Rom Christen hingerichtet.

Jürgen Malitz, Nero. Originalausgabe. 2., durchgesehene Auflage. München : Beck, 2013 (Beck'sche Reihe : C. H. Beck Wissen ; 2105), S. 71:

„Er hielt sich beim Ausbruch des Brandes in Antium auf, 60 Kilometer von Rom entfernt, und kam jedenfalls nicht sofort, sondern erst dann, als sein Palast, die Domus Transitoria von den Flammen, bedroht wurde – vieleicht haben spätere Berichterstatter die Verspätung seiner Ankunft bewußt übertrieben.“

S. 71 – 73: „Durch sein verspätetes Eintreffen hatte sich Nero den Zorn der öffentlichen Meinung ausgesetzt, manche, die gerade noch von des Kaisers Auftritt auf den Bühnenbrettern Neapels gehört haben, müssen Nero auch die willentliche Brandstiftung zugunsten eigener Baupläne zugetraut haben. Ein Gerücht ergab das andere, man war sich schließlich ganz sicher, dunkle Gestalten beim Brandstiften gesehen zu haben, und so setzte sich bei den Opfern der Brandkatastrophe die Vorstellung fest, daß der Kaiser selbst und seine Helfershelfer, allen voran der widrige Tigellinus, die Katastrophe ausgelöst hätten. War es denn nicht im Stil des bühnenreifen Kaisers, daß er, wie man flüsterte, auf einem Turm oder auf dem Dach seines Palastes, vom Brand Troias gesungen hätte, mit den Flammen der Hauptstadt als realistischer Kulisse?

Tacitus hat sich für die Richtigkeit dieses Gerüchtes nicht verbürgt. Die „pisonische Verschwörung“ des Jahres 65 war damals schon im Entstehen begriffen; der mutige Prätorianeroffizier, der vor seiner Hinrichtung Nero als Brandstifter beschuldigte, wird Nero auch die Arien über den Untergang Troias zugetraut haben.

Der Zorn der öffentlichen Meinung war kaum noch zu bändigen, als bekannt wurde, daß der Brandherd für das erneute Aufflackern des Brandes ausgerechnet in einem Garten des Tigellinus lokalisiert werden konnte. Dem Prätorianerpräfekten traute man jede Schandtat zu, eine Brandstiftung zur Beförderung der kaiserlichen Baupläne eingeschlossen. Alle Schenkungen, Bestechungen und Gelübde fruchteten nichts: Das Gerücht, Nero und seine Paladine seien für die Zerstörung verantwortlich, wollte nicht weichen.

Kundige Berater, vielleicht Tigellinus selbst, benannten eine religiöse Gruppe aus dem Umfeld der Juden, auf die der Volkszorn gelenkt werden könne. Tacitus ist der erste heidnische Autor, der in diesem Zusammenhang Christus und die Christen erwähnt. „Aber das entsetzliche Gerücht, Nero selber habe den Brand anlegen lassen, wollte sich durch keine teilnahmsvolle Unterstützung, durch keine Schenkungen und Sühnezeremonien aus der Welt schaffen. Um ihm ein Ende zu machen, schob er die Schuld daher auf andere und strafte mit ausgesuchten Martern die wegen ihrer Verbrechen verhaßten Leute, die das Volk Christen nennt. Der Stifter dieser Sekte, Christus, ist unter der Regierung des Tiberius durch den Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden. Der unheilvolle Aberglaube wurde dadurch für den Augenblick unterdrückt, trat aber später wieder hervor und verbreitete sich nicht nur in Iudaea, wo er entstanden war, sondern auch in Rom, wo alle furchtbaren und verabscheungswürdigen religiösen Gebräuche, die es in der Welt gibt, sich zusammenfinden und ausgeübt werden. Man verhaftete also zuerst Leute, die sich offen als Christen bekannten, und auf ihre Anzeige hin dann eine riesige Menge Menschen. Sie wurden nicht gerade der Brandstiftung, aber doch des Hasses gegen das Menschengeschlecht überführt. Bei ihrer Hinrichtung wurden sie zusätzlich noch zu Zirkusattraktionen gemacht. In Tierhäuten steckend, wurden sie entweder von von Hunden zerfleischt oder ans Kreuz geschlagen oder angezündet, um nach Eintritt der Dunkelheit als Fackeln zu dienen. Nero hatte seine eigenen Parkanlagen für dieses Schauspiel hergegeben und verband es mit einer Zirkusaufführung; in der Tracht der Wagenlenker trieb er sich unter dem Volk herum oder fuhr auf dem Rennwagen. So regte sich das Mitleid mit mit jenen Menschen. Obwohl sie schuldig waren und die härtesten Strafen verdient hatten, fielen sie ja doch nicht dem Allgemeinwohl, sondern der Grausamkeit eines einzigen zum Opfer.“ (Tac. Ann. 15, 44)“

einige Informationen:

https://ssl2.cms.fu-berlin.de/fu-berlin/sites/weiterbildung/PM_gasthoerercard/mediathek/Raetsel-der-Geschichte/video3/index.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Brand_Roms

Neugier4711  28.08.2022, 09:13

Danke für deine mit vielen Quelltexten untermauerte, faktenbasierte Darstellung dieses historischen Ereignisses, welches ich mit Interesse gelesen habe.

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Das ist historisch nicht bewiesen.

Nero hatte eine Menge Neider und Feinde, die ihm alles mögliche Üble nachredeten und er ist wohl im Lauf seiner Regentschaft auch ziemlich abgedreht. Das hatte er aber auch mit anderen Kaisern gemeinsam.

Fest steht jedenfalls, dass aus dem angebrannten Rom der Ziegelbauten danach das Rom des Marmors aufgebaut wurde.

Vermutlich nein...in diese Niederungen menschlichen Seins hat sich Nero nicht begeben.

Als Rom brannte weilte Nero nicht dort.

Mit 100% Sichherheit kann man das natürlich nicht Sagen. Nero befand sich zur Zeit wahrscheinlich nicht in Rom, reiste aber direkt zurück als er vom Brand erfuhr. Als Reaktion auf den Brand öffnete er zb. seine Privaten Gebäude und senkte Preise. Nach der Katastrophe lies er die Stadt Feuersicherer wieder aufbauen, daher kommt auch die These er habe Rom abgebrannt um es nach seinen Vorstellungen wieder aufbauen zu können, was aber vielleicht doch sehr weit hergeholt ist. Am Ende waren die Römer sehr gut darin die Vergangenheit zu manipulieren. Nach Neros tot brach ein Bürgerkrieg aus niemand hat sich da mehr großartig damit befasst ob Nero das jetzt getan hat oder nicht. Da Nero allgemein als Verrückt gallt und die Leute damals, wie Heute, nicht gerne an den Zufall hinter schlimmen Ereignissen glauben schien das wohl für viele eine gute Möglichkeit gewesen zu sein die Schuld auf ihn zu schieben. Das ist meine Sicht dazu
Liebe Grüße!

Er selbst sicher nicht. Je nach Quelle war er zur fraglichen Zeit nicht einmal in der Stadt.

Ob er irgendwelche Agenten mit der Brandstiftung beauftragt hat, wissen wir allerdings nicht. Die Autoren der Antike waren in ihrem Urteil jedenfalls sehr gespalten.