Hat das deutsche Beamtentum Ähnlichkeiten mit einer Mafia?

4 Antworten

Ich sage es mal so: Ganz abwegig ist dieser Gedanke nicht, wenn auch die meisten Beamten und Behörden in Deutschland schon recht seriös sind und sich an die Spielräume und die Regeln halten. Gerade auf dem Land und in der sonstigen Provinz läuft immer noch einiges schief.

Es gibt durchaus Parteifilz und Gefälligkeiten sowie Mauscheleien, in meiner Heimatstadt etwa wurden Bauplätze an Stammtischen den Leuten versprochen. Es gab zwar eine Scheinausschreibung nach außen hin, aber ohne Chance für jeden Bewerber, weil im Vorfeld alles schon "geregelt" gewesen ist. Ähnliche Probleme kenne ich aus meiner Heimatregion auch von der Arbeitsagentur, dem Landratsamt (Stichwort Ausschreibungen), aus mancher Kommune und diversen Behörden. Ich weiß aus meiner Heimat auch von korrupten Finanzbeamten, wobei die inzwischen altershalber längst nicht mehr im Dienst sind und hochbetagt sein müssten, wenn sie noch leben. Das war alles diese Nachkriegsgeneration, nicht selten sudetendeutscher Herkunft. Was da lief, war unmöglich, aber es hat sich auch keiner getraut, was zu machen; man hat diese Leute im Prinzip ausgehalten, bis sie in Rente gingen - und ab der 2005-2010 rum wurde das auch (etwas) besser.

Ich brauche weiters wohl nicht zu erwähnen, dass in meiner Heimat auch die Polizei bis etwa zur Jahrtausendwende geschmiert war und auch hier einiges schief gelaufen ist. Die Peripherie war mehr oder weniger rechtsfreier Raum für gewisse Leute aus dem Dunstkreis von CDU und katholischer Kirche, während andere vorsätzlich gedemütigt wurden, weil sie aus einer "nicht so guten" Familie stammten oder sonst wie "nicht so wertvoll" waren oder "nicht so auf die Festle gegangen sind", da genügten hanebüchene Argumente - ich habe etliche dieser Unterredungen miterlebt, die ich nicht hätte miterleben dürfen. Und da gingen auch mal Akten "einfach so verloren" und Vorfälle wurden nachsichtig oder gar nicht verfolgt, mangelhaft oder gar nicht überprüft und nachhaltig, ich sage mal, "falsch eingeschätzt", damit nichts "gemacht" werden musste. So etwas ist in meinen Augen durchaus als mafiös zu bezeichnen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nur bestechliche Beamte! Das sind aber die Wenigsten.

Na du hast ja Vorstellungen.

Hier mal mein heutiger Tag in einer Behörde:

Bürojob: 7 - 17:25 Uhr (über 10 Stunden, falls dir das nicht auffällt), über 10.000 Schritte, weil immer etwas anderes zu machen ist, viele in Rente, wo die Stellen nicht nach besetzt werden, viele Krankheitsfälle, aktuell muss ich meinen eigenen Bereich schaffen + 2 andere Kollegen vertreten, dazu kommt, dann ich in einem Projekt bin, für das ich eigentlich 50% Freistellung in der Woche habe. EIGENTLICH, denn die Zeit dafür ist nicht da. Also arbeite ich seit Wochen/Monaten jede Woche ca. 45 Stunden (5 Überstunden pro Woche) und setze mich am Wochenende hin und mache etwas für das Projekt. Da können dann nochmal 3-4 Überstunden dazu. Und jetzt sag du mir nochmal, als einer, der absolut keine Ahnung hat, das Beamte alle faul sind...

TropicalNights 
Fragesteller
 10.04.2024, 18:46

Habe ich ja nicht gesagt. Aber ja, viele sind faul. Da ändert auch nicht deine anscheinend schlechte Jobwahl was dran.

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Lennox19901607  10.04.2024, 18:50
@TropicalNights

Meine Jobwahl ist gut. Wir leiden einfach, wie gefühlt jede andere Branche auch, an massivem Personalmangel.

Stell doch deine Frage um. Du kannst jede andere Branche nehmen. In jedem Beruf gibt es faule und nicht faule.

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Das deutsche Berufsbeamtentum und mafiöse Vereinigungen kann man überhaupt nicht miteinander Vergleichen.

Beamte stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat. Sie dienen aber nicht nur der Regierung, sondern dem gesamten Volk gleichermaßen.

Die wenigsten Beamte, die ich kennengelernt habe, sind faul. Im Gegenteil: Die Meisten sind sogar froh um jede Minute, die man arbeiten kann.

Ich arbeite eigentlich seit Beendigung meines Vorbereitungsdienstes vor mehr als 5,5 Jahren regelmäßig 43 - 46 Stunden pro Woche statt vorgegebenen 41 Stunden, und das obwohl ich, finanziell gesehen, eigentlich gar nicht mehr arbeiten gehen müsste. Und ich bin immer die erste, die sich freiwillig für die Silvester-Nachtschicht meldet.

Nicht Bürokratie sichert den Beamten die Beschäftigung, sondern das Grundgesetz in Art. 33 Abs. 4 & 5. Bei in Kraft treten des GG 1949 mussten in der damals noch jungen Bundesrepublik der Parlamentarische Rat und die Alliierten zustimmen.

Dass die Bearbeitung der Anträge lange dauert, liegt nicht daran, dass Beamte faul wären, sondern

  • an der Bürokratie, da sehr viele Rechtsvorschriften beachtet werden müssen,
  • an dem massiven Personalmangel, unter dem der gesamte öffentliche Dienst, wie eigentlich jede Branche, leidet,
  • an den Bürgern selbst, die ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen und die Arbeit zusätzlich erschweren, in dem nicht alle Unterlagen zur Antragstellung eingereicht werden.

Auf kommunaler Ebene, auf der Bauanträge oder viele andere Anträge bearbeitet werden, werden übrigens nicht nur Beamte, sondern viel mehr Angestellte beschäftigt.

Das deutsche Berufsbeamtentum dient dazu, damit der Staat zu jeder Zeit handlungs- und arbeitsfähig ist.

Darüberhinaus gibt es besonders für Beamte gravierende Grundrechtseinbußen und Nachteile:

  • Streikverbot
  • Einschränkung der Religionsfreiheit
  • Einschränkung der Meinungsfreiheit in Bezug auf öffentliche politische Meinungsäußerungen
  • uneingeschränkte Versetzungsbereitschaft innerhalb der Zuständigkeit des Dienstherrn
  • Fehlverhalten (auch privat) kann negative disziplinarische Folgen haben
  • für mache die hierarchischen Strukturen

Beamte müssen sich an Recht und Gesetz halten, und sind bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz zum Schadenersatz dem Dienstherrn gegenüber verpflichtet.

Mafiöse Vereinigungen hingegen sind kriminelle Organisationen, die sich durch illegale Aktivitäten, wie Erpressung, Geldwäsche und andere Formen von organisiertem Verbrechen, finanzieren und auszeichnen. Sie operieren außerhalb des gesetzlichen Rahmens und ihre Strukturen sind darauf ausgerichtet, ihre kriminellen Aktivitäten zu verbergen und zu schützen.

Das Berufsbeamtentum ist auf Rechtmäßigkeit und dem Wohl der Allgemeinheit ausgerichtet. Mafiöse Vereinigungen hingegen zielen auf persönlichen Gewinn durch illegale Mittel ab.

Das Beamtentum steht im direkten Gegensatz zu den kriminellen Zielen und Methoden mafiöser Organisationen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Zollbeamtin / Beamtin im gehobenen Zolldienst