Habt/Hattet ihr mal eine Computerspiel-Sucht?
..und wie seit ihr mit dieser umgegangen?
Ich war jahrelang süchtig, nicht nach irgendwas, das man in einer Bar bestellt oder auf dunklen Straßen kauft. Nein, meine Droge war sauber verpackt in einem Glasfaseranschluss und einem Hochleistungs-PC. Hypixel BedWars. Millionen von Spielern weltweit, doch ich war einer der wenigen, die sich konstant in den Top 10 hielten. Während andere von Erfolgen im echten Leben träumten, jagte ich einem digitalen Thron nach, den außerhalb dieser Szene wenige auch nur kannten, geschweige denn verstand. Das Verrückte daran? Ich war kein typischer Kellerkind-Kandidat. Immer gut gekleidet, die Haare perfekt gestylt, gepflegter Bart, teures Parfum. Wenn ich rausging, was selten genug vorkam, hielten mich die Leute für einen, der alles im Griff hat. Aber hinter der Fassade tobte ein gnadenloser Krieg. Nicht draußen auf den Straßen, sondern in meinem Kopf und auf diesen verfluchten Leaderboards. Jeden Morgen, oder besser gesagt: nach jeder durchzockten Nacht, stand ich im Bad, schaute in den Spiegel und fragte mich: „Noch eine Runde?“ Natürlich wurde es nie bei einer Runde bleiben. Die Leaderboards waren gnadenlos. Jeder Punktverlust war eine kleine Katastrophe, jeder gewonnene Kampf ein kurzer Rausch, der sofort nach mehr schrie. Schlaf war nebensächlich. Mahlzeiten bestanden oft aus kaltem Kaffee und einem halb vergessenen Proteinriegel, irgendwo zwischen Highscore und Game-Lobby runtergewürgt. Ich kann mich an Nächte erinnern, in denen ich den Sonnenaufgang wie einen Gegner hasste, der mir die Dunkelheit stiehlt. Fenster auf, kalte Morgenluft ins Gesicht, einmal tief durchatmen, und dann zurück ins Spiel. Warum? Weil es da draußen niemanden gab, der verstand, wie es ist, unter Millionen ganz oben zu stehen. Nur die Top-Spieler kannten diesen toxischen Kreislauf. „Nur noch eine Runde“, lügt man sich vor, und plötzlich ist eine Woche vorbei. Und ja, ich war gut. Verdammt gut. Mechanically perfekt, strategisch immer einen Schritt voraus. In diesem absurden Mikrokosmos war ich ein Star, ein stiller Held in einer Welt, die von Klicks und Reflexen regiert wird. Aber draußen? Da war ich ein Geist. An mir liefen Jahre vorbei, wie ein Film, in dem ich nur Zuschauer war. Heute, wenn ich zurückblicke, ist da dieser bittere Beigeschmack. Ich war jung, selbstbewusst, charismatisch, ich hätte alles erreichen können. Aber ich habe meine Zeit an digitalen Pixeln „verbrannt.“ Manchmal scrolle ich noch durch alte Screenshots, sehe die Highscores, die Siege, und frage mich, was all das eigentlich wert war. Zum Glück habe ich den Absprung geschafft. Nicht weil es plötzlich leicht wurde, sondern weil ich irgendwann begriffen habe: Die wahren Highscores im Leben messen sich nicht in Platzierungen, sondern in Momenten, die man nicht verpassen sollte. Und wer weiß? Vielleicht bin ich immer noch ein verdammt guter Spieler, nur kämpfe ich heute auf einem anderen Spielfeld. Im echten Leben. Ich bleibe trotzdem lieber Anonym, danke fürs lesen und schreibt gerne eure Erfahrungen rein. Ich habe echt lange an diesem Text hier geschrieben, aber schauen wir mal was ihr denkt..
2 Antworten
In der Zeit meiner jungen Jahre steckte ich auch tief drin im Zeitvernichtungsmechanismus, den die Zockerei darstellt. Am schlimmsten sind Echtzeitstrategiespiele. Diese kosten nicht nur enorme Mengen an Zeit, sondern auch an Nervenkraft und verhärten zudem das Gemüt. Sie begünstigen eine gewisse sittliche Verrohung durch Entseelung wenn man so will. Jedenfalls werden die warmen, heliodischen Seelenkräfte geschwächt und mechanistische Kräfte sowie die gefährliche biophysische Elektrizität gestärkt. Der Mensch verfällt der Disharmonie und der Neigung zu seelischen Krämpfen.
Das Zocken ist vor allem aber ein enormer Zeitdieb und bringt uns Menschen von unserer wahren Bestimmung ab, deren Wesen in der Erkenntnis besteht, dass diese materielle Welt nur Schein ist und unser wahres Wesen hinter dem Schleier der Maya ein unsterbliches. Das Zocken ist ein Abstellgleis des Lebens, das unser Hirn „digitalisiert“, d. h. unsere ganze Denkweise hinbringt auf eine rein logisch-kalte und Qualitatives quantifizierende: Alles wird in Spielen in Hitpoints oder Skillwerten bemessen. In der Realität lässt sich höchstens die Intelligenz grob und anfechtbar quantifizieren mittels IQ-Test, sonst aber nichts.
Ferner ist auch der nationale Ruhm, den eine staatliche Förderung des Zockertums bringen könnte, ein ausgesprochen geringer. Letztlich interessieren sich nur wenige für internationale Meisterschaften im E-Sport. Die relative Schwäche des deutschen Zockertums etwa ist für die nationale Ehre des deutschen Volkes tausendfach weniger drastisch als die derzeitige Schwäche im Rasenballsport.
So sehr ich jeden Jugendlichen verstehen kann, wenn er der Faszination des Zockens erlegen ist, so sehr sollte es doch die Pflicht eines wahrhaft germanisch-christlichen Erziehers sein, die Jugend von heute von Exzessen in dieser Hinsicht zu bewahren. Wenn überhaupt gezockt wird, so sollten zeitextensivere Spiele, z. B. Rennsimulationen, Flugsimulationen, Prügelspiele oder auch kreative Sandkastenspiele wie Minecraft präferiert, Echtzeitstrategiespiele aber ebenso gemieden werden wie allzu grausame oder brutale Prügelspiele (Mortal Kombat!) oder zynismusfördernde Games wie die Grand-Theft-Auto-Spiele. Viel schöner sind da die japanischen Zelda-Spiele.
Auch rundenbasierte Spiele wie die Spiele der „Civilization“-Reihe oder Wirtschaftssimulationen können fürchterliche Zeitdiebe seyn und den Menschen zu einer viel zu abstrakten, unsinnlichen und lebensfernen Sicht auf die Welt verleiten.
Niemand hat etwas gegen ein seriöses und gepflegtes Gaming. Immerhin hat das Zocken die Jugend wenn auch nervöser, so aber doch zugleich auch friedfertiger gemacht. Jedoch sollte die Psychologie der Sucht, die damit gewöhnlich verbunden ist, genauer erforscht werden und man zum Schutze der Jugend dadurch die entsprechenden Schlüsse ziehen. Was ich hier schrieb, soll nur als Skizze dienen, das müsste man viel detaillierter ausführen.
Nein, eine Sucht war das bei mir nie. Ich habe natürlich auch das eine oder andere Game gespielt, aber alles im Rahmen.