Habt ihr auch das Gefühl das Psychische Erkrankungen mittlerweile zum Trend werden?

15 Antworten

Nein.

Leute denken teilweise bloß weil man bei irgendwas ein wenig anders tickt ist es instant eine Zwangsstörung, aber abgesehen davon wird Leuten einfach bewusst dass unsere Gesellschaft im Gesamten ein Problem mit psychischen Krankheiten hat - was wenn man sich anschaut wie menschen- und behindertenfeindlich unser System ist absolut nicht verwunderlich ist.
Dem Ganzen werden auch nicht wenige Therapeut:innen etc. zustimmen.

Durch ein "Das ist doch ein Trend" zeigt man nicht nur der Person gegenüber die sich gerade dahingehend öffnet fehlende Empathie sondern sorgt auch aktiv dafür dass Leute sich selbst dahingehend nicht ernstnehmen.
Das war schon vor 20 Jahren nicht anders, auch da hat man sich anhören dürfen "Ach ne das sind doch keine Depressionen" - mittlerweile ist es durch diese verquere Ansicht gefühlt mehr geworden.

Ich denke das dahinter oft Leute stecken die sich in ihren eigenen Problematiken nicht gehört / gesehen fühlen und das dann auf andere Leute schieben - und dabei ignorieren dass diese zu einer sehr, sehr hohen Wahrscheinlichkeit selbst Probleme haben.

Von daher ist es immer gut sowas grundsätzlich ernst zu nehmen und im besten Fall empathisch, aber auch sachlich an die Sache zu gehen.

Um nochmal mich als Beispiel zu nehmen: MIr war mit 13, 14 Jahren klar dass ich eine PTBS habe und schwere Depressionen. Ernst genommen wurde ich nie und daher so spät diagnostiziert dass sich daraus Folgeerkrankungen ergaben.
Ich weiß dass das sehr, sehr vielen so geht.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Sozialpädagogischer Zug / Berufserfahrung
ItsmeDamon 
Fragesteller
 21.08.2021, 22:30

Ich habe selbst Probleme, bin mittlerweile auch beim Therapeuten und weiss wie es ist nicht ernst genommen zu werden.

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Kabisa  22.08.2021, 09:26
@ItsmeDamon

Okay. MIr ist nicht ganz klar was du damit aussagen willst, das geht ja schon aus deiner Frage hervor.

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Leute die wirklich daran betroffen sind werden nicht ernst genommen.

Das ist in der Tat oft bei psychischen Erkrankungen der Fall. Wer selbst psychisch erkrankt ist oder war, der weiß, dass solche Zustände sehr schlimm sein können. Das kann kaum jemand außerhalb nachenpfinden. Auch nicht, dass man sich nicht nur krank fühlt, sondern krank ist. Wer empathisch ist und selbst (noch) nicht direkt betroffen war, der kann es sich zumindest oft vorstellen.

Allerdings sind solche Erkrankungen oft optisch eher unauffällig. Ein gebrochenes Bein oder eine Chemotherapie ist gut sichtbar. Diese wird daher als Krankheit eher anerkannt. Dazu braucht es dann kein besonderes Einfühlungsvermögen. Man sieht etwas, also ist auch etwas da. Allerdings gehen körperliche und psychische Erkrankungen oft Hand in Hand.

Manche Menschen haben einfach keinen Zugang zu seelischen oder psychischen Dispositionen. Sie meinen, dass man einfach nur den Allerwertesten zusammenkneifen, sich zusammenreißen soll, dann geht es schon weiter. Und tatsächlich schaffen sie ihr Leben dann auch so. Ihnen geht es auch mal schlecht, aber sie lassen sich davon nicht beherrschen. Sie können aus ihrer Kraft (vielleicht durch ihre Haltung zum Leben) schöpfen.

Wahr ist meiner Ansicht nach aber auch, dass sehr schnell die Psycho-Keule geschwungen wird, wenn es vielleicht einfach nur mal ein schlechter Tag oder eine schlechtere Phase ist, die anstrengt und ungewohnt ist. Auch Ärzte sind da heute schneller dabei, zu diagnostizieren, wo es vielleicht noch nichts zu diagnostizieren gibt. Im Grunde sind sie auch immer auf die Erläuterungen der Befindlichkeiten des Patienten angewiesen.

Die Zeiten sind sicher herausfordernd. Allerdings sind die Menschen heute weniger belastbar, so erscheint es mir. Heute wird alles erörtert und filettiert, das noch die Generation meiner Eltern und Großeltern unter weitaus schlimmeren Schwierigkeiten (Kriegs- und Nachkriegszeit) ohne nennenswerte Blessuren geschafft haben.

Allerdings - wer wirklich unter einer Depression leidet, der wünscht sich nicht selten einen gebrochenen Arm. Dieser heilt irgendwann aus und ist meist wieder voll funktionsfähig. Eine schlimme Depression begleitet die Menschen manchmal lebenslang. Das kann sich keiner wünschen.

ItsmeDamon 
Fragesteller
 21.08.2021, 19:24

Ich habe mich selbst lange vorm Therapeuten geweigert. Vor 10 Tagen hatte ich dann mein Erstgespräch. Menschen in meiner Umgebung sagen z.b dir geht's doch garnicht schlecht dies dass. Aber keine von denen weiss wie schwer es mir fällt aufzustehen oder mein Zimmer aufzuräumen. Ich bin selbst nicht diagnostiziert aber ich weiss dass ich irgendwas habe und gehe deswegen jetzt zum Therapeuten.

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isilang  21.08.2021, 19:33
@ItsmeDamon

Ja, das habe ich ja auch geschrieben - wer nicht weiß, wie sich eine Depression anfühlt, der hat ein oft ganz falsches, zu schwaches Bild davon. Niemand kann wissen, wie es DIR geht.

Es ist gut, dass du dir Hilfe gesucht hast. Denn es gibt Ursachen dafür, dass dein Leben dir so sehr entgleitet. Depressionen können geheilt werden.

Ich wünsche dir alles Gute.

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Leider schon...so werden leider z.B. diagnostizierte Depressionen nicht mehr ernstgenommen. Ich als betroffene mit Anorexie habe damals meine Essstörung auch nicht mehr ernstgenommen, da es doch so viele haben, da kann es nicht so schlimm sein. Bei mir entstand so auch noch Leistungsdruck, weil ich dünner als alle anderen mit Anorexie sein wollte.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das ist kein Trend. Leute hatten von immer Probleme. Nur langsam wird es immer salon-fähiger darüber zu reden.

In anderen Ländern wie zum Beispiel USA ist das nicht unüblich offen darüber zu reden, dass man in Therapie ist.

Ein "Trend" werden sie wohl eher nicht. Dass sich mehr Leute betroffen fühlen ist jedoch klar der Fall. Es werden immer mehr Menschen und somit auch immer mehr Probleme. Corona kommt dazu noch erschwerend hinzu. Und deshalb gibt es immer mehr psychische Probleme. Ich sehe es selbst bei mir, obwohl ich noch nie beim Therapeuten, etc. war, würde aber persönlich auch niemanden der wirklich schwere Depressionen hat nicht ernst nehmen.