Gehören die Polyester zu den Thermoplasten, Elastomeren oder Duroplasten?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Moin,

Polyester können alles drei sein.

Der Begriff "Polyester" bezieht sich doch nur auf die vorhandene Verknüpfung zwischen den Monomeren, sagt aber nichts über die Struktur aus.

In Polyestern sind die Monomere über Esterbrücken (R–C(=O)–O–R'') miteinander verbunden. Und wenn es viele (= "poly") von solchen Esterbrücken (= "Ester") innerhalb eines Makromoleküls gibt, hast du eben einen "Polyester" vor dir.

Die Esterbrücke entsteht, wenn eine (alkoholische) Hydroxygruppe (–OH) mit einer (sauren) Carboxygruppe (–COOH) reagiert. Dies geschieht unter Abspaltung eines kleineren Moleküls (in diesem Fall Wasser). Darum entstehen Polyester in einer Polykondensation.

Dazu müssen die Monomere (also die Moleküle, die dem Polyester zugrunde liegen) mindestens bifunktionell sein. Das heißt, die Monomeren müssen zwei funktionelle Gruppen besitzen.

Entweder hat ein Monomer (mindestens) zwei Hydroxygruppen (dann sind das mindestens Diole) während das andere Monomer (mindestens) zwei Carboxygruppen aufweist (das wären dann mindestens Dicarbonsäuren). In diesem Fall würdest du also zwei verschiedene Monomere einsetzen (Copolymerisation). Dann kann zwischen jeder Hydroxygruppe des einen Monomers und jeder Carboxygruppe des anderen Monomers besagte Veresterungskondensationsreaktion erfolgen. Das führt am Ende zu einem Polyester des Typs ...AA-SS-AA-SS... (wobei das "A" für eine ehemalige Alkoholgruppe und das "S" für eine ehemalige Säuregruppe steht).

Oder die beiden mindestens nötigen funktionellen Gruppen befinden sich beide am selben Monomer. Dann würdest du nur eine Art Monomer einsetzen, die zu den sogenannten Hydroxycarbonsäuren zählen würden.
Auch hier käme es zwischen der alkoholischen Hydroxygruppe des Monomers und der Carboxygruppe eines anderen Monomers zur Veresterung. Aber dieses Polyestermakromolekül würde zum Typ ...AS-AS-AS-As... gehören.

Doch egal, ob du den einen oder anderen Polyestertyp synthetisierst, bei bifunktionellen Monomeren kommen bei einer Polykondensation nur lange unverzweigte und vor allem unvernetzte Polymerketten heraus. Solche Kunststoffe gehören dann zu den Thermoplasten, weil die langen Makromolekülketten nur mittels van-der-Waals-Kräften zusammenhängen. Diese Ketten lassen sich daher beim Erwärmen voneinander trennen; sie werden dabei beweglich und können aneinander vorbeigleiten. Der Kunststoff schmilzt und kann in eine neue Form gebracht werden.

Aber jetzt kommt's:

Wenn du nämlich bei der Polyreaktion Monomere mit drei (oder mehr) Hydroxy- oder Carboxygruppen einsetzt, wachsen die Polyesterketten nicht nur an zwei Enden, sondern an drei (oder mehr). Das führt am Ende dazu, dass solche Makromolekülketten miteinander mehr oder weniger stark vernetzt sind. Darum können sie nicht wie Thermoplaste geschmolzen werden. Bei einem starken engmaschigen Vernetzungsgrad entsteht ein Duroplast, ein weitmaschig vernetzter Kunststoff gehört zu den Elastomeren.

Das kann man steuern. Stell dir vor, dass du zunächst bifunktionelle Monomere einsetzt, um zunächst einmal längere Ketten erhältst. Dann gibst du ein paar trifunktionelle Monomere zur laufenden Polyreaktion hinzu und noch einmal von den bifunktionellen Monomeren. Dann entstehen weitmaschig miteinander vernetzte Makromoleküle, also Elastomere.

Wenn du dagegen von Anfang an mit trifunktionellen Monomeren arbeitest oder viele trifunktionelle Monomere einsetzt, kommt es zu einer engeren Vernetzung und zur Bildung von Duroplasten.

Ich hoffe, dass du nun besser verstehst, dass die Bezeichnung "Polyester" nur die Art der Monomerenverknüpfung meint und nichts darüber aussagt, ob dabei Thermoplaste, Duroplaste oder Elastomere entstehen.

LG von der Waterkant

PaulSchram  22.06.2022, 20:01

Bombastische Antwort, vielen Dank, sehr hilfreich. Gibt es auch eine Möglichkeit von Anfang an nur Elastomere herzustellen, wie bei Duro- oder Thermoplasten?

0

Das hängt vonder Struktur ab.

Besteht er nur aus Kettenmolekülen, ist er ein Thermoplast.

Besteht er aus wenig vernetzten Molekülsträngen, ist er ein Elastomer.

Besteth er aus stark vernetzten Molekülsträngen, ist er ein Duroplast.

Das gilt nicht nur für Polyester.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Gelernt ist gelernt

Es gibt sowohl thermoplastische Polyester, PBT und PET, als auch duroplastische Polyester, UP. Diese wiederum sind eine ganze Familie von Polyestern Darunter die Vinylester anger auch verschiedene Polyester auf Basis Orthophtslsäureamhydrid, Isophtalsäure..., Maleineäure..., etc.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Seit 1984 befasse ich mich mit Kunststoffen

Hallo Alfrage,

es kann alles sein. Polyester bedeutet das es ein Polymer ist das sich durch die:

–[–CO–O–]–

Gruppe auszeichnet. Und diese Gruppe kann in allen Arten von Kunststoffen vorhanden sein. Deshalb geht es hier immer um den speziellen Kunststoff.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Viele Jahre beruflich damit beschäftigt.

PET beispielsweise ist auf jeden Fall ein Thermoplast, aber ich meine es gibt auch Polyesterharze, die Duroplasten sind.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemie- & Verfahrensingenieurin