Frage zu den beiden pks-Werten einer Dicarbonsäure?
Hallo, ich verstehe eine Sache bei Dicarbonsäuren nicht (ich wette es ist einfach, nur bin ich grad zu dumm, um es zu verstehen)
Ich verstehe das nie mit den zwei pks-Werten bei Dicarbonsäuren oder Diaminen etc.
zb bei Oxalsäure.. der erste gegebene pks Wert lautet 1,32 der zweite pks Wert ist 4,19.
so eine carbonsäure hat ja idR einen pks Wert von 4-5, das weiß ich, und je nachdem welche substituenten da dran sind und was für einen effekt sie haben (induktiven, mesomeren) geht es ins saure oder basische...
irgendwie kann ich das hier aber grade nicht anwenden.... warum ist der erste pks wert so sauer? und wie erklärt sich der zweite pks wert?
Ich hoffe jemand kann mir weiterhelfen! dankeschön :)
2 Antworten
Moin,
im Grunde warst du doch schon selbst auf der richtigen Spur. Die beiden (recht unterschiedlichen) pKs-Werte der Oxalsäure werden durch zwei Aspekte der Molekülstruktur sowie eine elektrostatische Ursache hervorgerufen.
Das Oxalsäure-Molekül ist relativ klein. Die beiden Carboxygruppen sind direkt benachbart.
Darum beeinflussen sich die beiden Carboxygruppen in ihrer Acidität stark. Es wirkt ein gegenseitiger –I-Effekt.
Das führt dazu, dass im ersten Protolyse-Schritt
HOOC–COOH + H2O ---> HOOC–COO^– + H3O^+
das Proton der einen Carboxygruppe relativ leicht abgespalten und auf ein Wassermolekül übertragen werden kann. Darum ist der erste pKs-Wert mit etwa 1,4 ziemlich niedrig für eine Carbonsäure und bewegt sich im Kreise von (mäßig starken) Mineralsäuren. (1. strukturbedingter Aspekt)
Der zweite, deutlich höhere pKs-Wert von etwa 4,2 entspricht schon eher dem Bereich, in dem sich Carbonsäure-Stärken normalerweise "tummeln". Der Grund dafür, warum sich im zweiten Protolyse-Schritt
HOOC–COO^– + H2O ---> –^OOC–COO^– + H3O^+
das zweite Proton so viel "unwilliger" ablösen und übertragen lässt, hängt einerseits damit zusammen, dass durch die erste Protolyse ein negativ geladenes Oxalat-Moleküle entsteht, so dass ein weiteres Ablösen eines positiv geladenen Teilchens (Proton!) erschwert wird. (Elektrostatischer Grund)
Darüber hinaus wird die zweite Protolyse aber im konkreten Fall bei der Oxalsäure zusätzlich erschwert, gerade weil sich die beiden Carboxygruppen in direkter Nachbarschaft befinden. (2. strukturbedingter Aspekt)
Wegen dieser Nachbarschaft bildet sich nämlich eine relativ stabile H-Brücke zwischen der Hydroxy-Konstellation der einen Carboxygruppe und dem Oxid-Anion-Anteil der anderen Carboxygruppe aus (das kann ich mit den Mitteln dieser Textverarbeitung hier nicht darstellen; ich hoffe, du verstehst trotzdem, was ich meine...).
Fazit:
• Der erste pKs ist so niedrig, weil der –I-Effekt der Carboxygruppe die erste Protolyse fördert.
• Der zweite pKs-Wert ist vergleichsweise viel höher, weil
- einerseits das Ablösen eines Protons aus einem bereits negativ geladenen Anion generell schwieriger ist
- und zweitens die benachbarten Carboxy- und Carboxylat-Gruppen das zweite Proton stärker festhalten, weil sich zwischen ihnen eine H-Brücke ausbildet.
Ist das jetzt für dich nachvollziehbarer?
LG von der Waterkant.
Moin,
zu 1) Ja...
zu 2) Die Carboxygruppe hat als Ganzes auch einen –M-Effekt, aber der erstreckt sich auf die pi-Elektronen des Bindungspartners des C-Atoms aus der Carboxygruppe. Wenn die Carboxygruppe zum Beispiel an einem Benzolring hängt, dann zieht sie aus dem Ring Elektronen aus dem pi-Elektronensystem ab... Im Falle der Oxalsäure bildet der Bindungspartner (das C-Atom der zweiten Carboxygruppe) vordergründig aber nur zum Carbonyl-Sauerstoff eine Doppelbindung (mit pi-Elektronen) aus, so dass die elektronensaugende Wirkung höchstens den Carbonyl-Sauerstoff positiviert. Das hat auf die Acidität des zweiten Protons also erst einmal keinen unmittelbaren Einfluss. Der –I-Effekt wirkt sich dagegen auf die Verteilung der bindenden Elektronen zwischen den C-Atomen aus. Deshalb ist hier ein Einfluss spürbar.
zu 3) Schön!
zu 4) Korrekt.
Der induktive Effekt bezieht sich auf die relative Lage von bindenden Elektronenpaaren einer sigma-Bindung. Diese können vom betrachteten Substituenten weggeschoben werden (+I-Effekt wie beispielsweise bei Alkylresten) oder angezogen werden (wie zum Beispiel u.a. von der Carboxygruppe). Die Wirkung auf weiter entfernte Bindungspartner nimmt schnell ab.
Der mesomere Effekt wirkt auf pi-Elektronen von Doppelbndungen am Bindungspartner. Er trägt zur Delokalisierung eines pi-Elektronensystems bei und ist daher in seiner Wirkung oft deutlich spürbarer (wichtiger) als der I-Effekt (Beispiel Halogensubstituenten: sie haben einen –I-Effekt, aber einen wichtigeren +M-Effekt...).
LG (nochmals) von der Waterkant.
Zunächst zum zweiten Wert: wenn schon ein Proton weg ist, muß das zweite gegen die neg. Ladung entfernt werden. Ist bei anorg. Säuren ebenfalls schwerer.
Zum ersten niedrigen Wert: wenn Du die Oxalsäure anschaust, siehst Du, daß nicht nur das zweite O derselben Carboxylgruppe per I- und M-Effekt das Anion stabilisiert, sondern auch die benachbarte (nur 1 Bindung zwischen C und C) mit I und M-Effekt eingreift.
Hallo, erst einmal vielen Dank für deine ausführliche Antwort! :)
Also, wenn ich dir jetzt nochmal zusammenfassen darf, wie ich das verstanden habe:
Ich habe immer ein Problem wie man das mit mesomeren und induktiven Effekten erklärt...
Würde mich freuen, wenn du nochmal darauf antworten könntest! Dankeschön :)