Die Zeit im Film Interstellar, wie kann man sie sich vorstellen?

4 Antworten

Der Film greift hier auf die Theorie der Zeitdilatation zurück, also der Zeitdehnung. Dabei geht man davon aus, dass innerhalb eines Gravitationsfeldes die Zeit langsamer vergeht als die außerhalb.

https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitdilatation

SlowPhil  15.09.2018, 18:57

Besser: Auf tieferem Gravitationspotential geht jede Uhr langsamer als auf höherem.

Man kann ein Gravitationsfeld nicht wirklich veranlassen, und muss das auch nicht, damit die eigene Uhr schneller geht als die auf dem tieferen Potential.

0

Hallo Escobar365,

um das klar zu machen, muss ich Deine Vorstellungskraft strapazieren:

Du siehst mich in großer Entfernung einen Kaffee trinken und empfängst vom mir zugleich ein Maser-Signal aus einem Gerät, auf dem 'f₀=1GHz' steht.

Nach meiner Uhr brauche ich für den Kaffee die Zeit T₁ (z.B. 5min). Man kann die Zeit auch in Schwingungen angeben, was natürlich n=T₁·f₁.

Frequenz und scheinbare Dauer

Diese Zahl n muss gleich bleiben, auch wenn Du das Sjgnal mit einer anderen Frequenz f₂ empfängst - alles andere wäre inkonsistent. Deshalb geht eine Frequenzverschiebung immer auch mit einer Veränderung der Dauer einher:

(1) T₁f₁ = T₂f₂ ⇔ T₂ = T₁f₁/f₂

Sinkt die Frequenz, geht das mit Zeitlupe, steigt sie, mit Zeitraffer einher.

Bewegungsbedingte „Zeitdilatation“

Eine solche Frequenzverschiebung kann natürlich durch Wegbewegung hervorgerufen werden (DOPPLER-Effekt). Dabei haben wir es aber mit einer wachsenden Verzögerung zu tun. Deshalb kannst Du nicht mit Fug und Recht sagen, meine Uhr gehe um K=f₁/f₂ langsamer als Deine. Vielmehr geht meine Uhr dann - entlang Deiner Zeitrichtung - um den Faktor

(2) γ = ½·(K + (1/K)) = ½·(f₁/f₂ + f₂/f₁)

langsamer als Deine - und umgekehrt.

Die Raumzeit

Das klingt paradox, ist es aber nicht. Stell Dir als Bild vor, wir würden mit gleichem Tempo u auf einer ebenen Piste schräg (im Winkel θ) auseinander fahren. Jeder von uns hätte seine eigene Vorwärtsrichtung, bezüglich derer der jeweils Andere mit (u·cos(θ)|±u·sin(θ)) fahren und deshalb zurückfallen würde.

Das gern gebrauchte Wort „Zeitdilatation“ ist daher irreführend. Tatsächlich haben relativ zueinander bewegte Beobachter O und O' unterschiedliche Zeitrichtungen, die erwähnten Vorwärtsrichtungen in der Raumzeit.

Zwei dicht benachbarte Ereignisse haben für O bzw. O' den Zeitabstand dt bzw. dt' und den räumlichen Abstand

(3) ds = √{dx² + dy² + dz²} bzw. ds' = √{dx'² + dy'² + dz'²}.

Nach NEWTON ist dt'≡dt, und die Zeit lässt sich vom Raum trennen. Das ist aber Illusion. EINSTEINs ehemaliger Matheprofessor MINKOWSKI beschrieb als Erster den absoluten raumzeitlichen Abstand

(4.1) dτ = √{dt² – (ds/c)²} ≡ √{dt'² – (ds'/c)²}
(4.2) dς = √{ds² – (cdt)²} ≡ √{ds'² – (cdt')}.

Bild zum Beitrag

Gravitation und Beschleunigung

In einem in eine Richtung beschleunigten Labor würde es freilich auch ohne Änderung der Entfernung zwischen zwei Orten zu einer Frequenzverschiebung kommen, denn während sich ein Lichtsignal von hinten nach vorn bewegt, wird das Labor schneller, und so erreicht das Signal das vordere Ende mit kleinerer Frequenz. Bei einer Bewegung von vorn nach hinten passiert das Gegenteil.

Nun kann man in einem geschlossenen Labor nicht rein physikalisch unterscheiden, ob es schneller wird oder ob es sozusagen stationär beschleunigt wir, gegen ein Gravitationsfeld, ähnlich wie wir auf der Erde.

Dass Frequenz beim Aufstieg eines Signals in einem Gravitationsfeld geringer und beim Abstieg größer wird, lässt sich aber auch mit Hilfe der Quantentheorie des Lichts motivieren: Licht der Frequenz f besteht aus Quanten der (kinetischen) Energie h·f, wobei h das PLANCK'sche Wirkungsquantum ist, eine universelle Konstante.

Nun „wiegt Energie was“. EINSTEIN stellte schon 1905 die berühmte Formel E=mc² auf. Anders gesagt, Masse ist sozusagen kondensierte Energie, die Ruheenergie eines Körpers mal c². Ein Lichtquant (Photon) hat keine Masse, aber die „Effektivmasse“ hf/c² und damit auch auf einem Gravitationspotential Φ die potentielle Energie hfΦ/c².

Der Energieerhaltungssatz besagt nun, dass

(5) hf(1 + Φ/c²) = const.

ist. Übrigens bedeutet das, dass Licht ein Gravitationspotential Φ=–c² gar nicht verlassen kann; dies ist das Potential eines Ereignishorizontes.

Die SCHWARZSCHILD-Metrik

Wir hatten die Raumzeit erwähnt und den absoluten Abstand (4.1-2) erwähnt, dessen Quadrat man in kartesischen Koordinaten als

(6.1) dτ² = dt² – (dx² + dy² + dz)²/c²

oder in Sphärischen Koordinaten als

(6.2) dτ² = dt² – (dr² + r²dθ² + r²sin²(θ)·dφ²)/c².

Letztere sind nützlicher, wenn es um eine kugelsymmetrische Situation geht. Dabei ist r der räumliche Abstand vom Ursprung, aber bezeichnet auch die r-Kugelschale mit dem Flächeninhalt 4πr². Nur Letzteres bleibt auch mit Gravitationsfeld so.

EINSTEIN stellte 1915 Feldgleichungen ähnlich der MAXWELL-Gleichungen für die Raumzeit-Metrik auf. Die allererste Lösung lieferte SCHWARZSCHILD 1916 in Gestalt der nach ihm benannten Metrik

(7) dτ² = dt²(1 – 2μ/r) – (dr²/(1 – 2μ/r) + r²dθ² + r²sin²(θ)·dφ²)/c²,

wobei

(8) μ = GM/c²

mit der Masse (Punktmasse im Ursprung) M und der Gravitationskonstanten G, der Gravitationsradius und 2μ der SCHWARZSCHILD-Radius heißt.

Kreisbahnen

Auf einer Kreisbahn in der θ≡½π - Ebene vereinfacht sich (7) zu

(9.1) dτ² = dt²(1 – 2μ/r) – r²dφ²/c².

Dies lässt sich wie folgt umformen:

(9.2) (dτ/dt)² = 1 – 2μ – r²dφ²/(cdt)² = 1 – 2μ – (v/c)²
(9.3) γ := dt/dτ = 1/√{1 – 2μ – v²/c²}

Dabei ist v der Betrag der Bahngeschwindigkeit von fern betrachtet, von wo auf tieferem Gravitationspotential sogar Licht langsamer ist als c. Dass die Lichtgeschwindigkeit konstant ist, gilt für die Messung eines lokalen Beobachters.

Es gibt eine Stabilitätsbedingung für einen kreisförmigen Orbit bei r,

(10) r·v² = μ·c² ⇔ v²/c² = μ/r,

und wenn man diese Beziehung in (9.3) einsetzt, bekommt man

(11) γ = 1/√{1 – 3μ/r}.

Licht-Bewegung sind dadurch gekennzeichnet, dass γ nicht mehr definiert ist, weil der Nenner verschwindet. Das ist natürlich bei r=3μ der Fall, dem 1½-fachen SCHWARZSCHILD-Radius. Dies ist der Photonen-Orbit; er ist instabil.

Ist die Zeitdilatation in 'Interstellar' realistisch?

Jetzt kommt etwas, das ich noch nicht selbst erklären kann: Der engste stabile Kreisorbit (für Materie also, auch für einen Planeten) soll bei r=6μ liegen, dem 3fachen SCHWARZSCHILD-Radius. Dort ist γ=√{2}, wie man leicht ausrechnen kann.

Das ist weit entfernt von den 7 Jahren pro Stunde, von denen im Film die Rede ist.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
 - (Film, Filme und Serien, Physik)

Coole Frage.

Die Zeit ist vom Befinden her immer gleich.
Sie steht bloß in Relation.
Du kannst quasi 1000 Jahre alt sein, weil du gereist bist, aber nur eine Woche älter sein.

Du bist nämlich eine Woche lang mit dem Shuttle gereist, aber kommst an im Jahre 3018. Wie geht das?

Jedes Mal wenn du dich bewegst bleibst du theoretisch jünger als deine Umgebung, darum machen wir Sport. Das ist ein Scherz.

Nehme ein anderes Beispiel. Es gibt Atom Uhren ok! Atome sind in standiger Bewegung, haben deshalb eine Frequenz und erzeugen diese messbaren Pulse, die zur Zeitberechnung verwendet werde. Wenn du jetzt zwei Atom Uhren hast die exakt gleich laufen, du stellst eine auf den Boden, eine packst du in ein Flugzeug.

Du musst jetzt bedenken, dass die Elektronen für jede Runde um den Atomkern eine bestimmte Zeit benötigen. Anders istbes mit der Entfernung. Man könnte jetzt meinen die Runde um den Kern sei immer gleich lang. Aber dadurch dass sich ja die gesamte Uhr auch bewegt und nicht nur die Elektronen auf dem Kern, kannst du schlussfolgern, dass die Elektronen einen Teil mehr zurücklegen, als den eigentliche Laufbahn um den Kern. Das ist der entscheidende Effekt.

Nochmal, die Zeit bleibt immer gleich, die ein Elektron benötigt, die Entfernung ist relativ.
Dennoch muss der Elektron, in Relation zu der in der Uhr am Boden, langsamer werden, da es mehr Weg zurück legt. Die Zeit wird jedoch von dem Elektron selbst bestimmt.
Das heißt also der Elektron, der Atom und wohlmöglich das gesamte Flugzeug ist später älter, als die in der Uhr am Boden.
Und wenn du jetzt etwa einmal um die Welt fliegst vor der Uhr landest und vergleichst hast du vielleicht 9-55 Sekunden Unterschied, was schon wirklich extrem wäre.

Wenn du jetzt aber schaust wie schnell sich Licht bewegt und wieviel Weg so ein Elektron zurücklegen müsste um auch nir eine Runde zu schaffen, kannst du vielleicht jetzt verstehen, wie der Elektron jung bleibt, während bei uns schon viele Jahre vergangen sind. Du musst das immer in der Relation betrachten.

Im Grunde bewegt sich das Sonnensystem relativ schnell. Und die Zeit vergeht auch in jedem anderen Sonnensystem gleich.
Wenn du aber den Weg kalkulierst, den du zurücklegst um in der Gegenwart anzukommen...

Angenommen das Licht eines Sterns braucht 1000Jahre bis du es sehen kannst, es hier ankommt. Wenn du ihn dir anscjaust und dann direkt ruberteleportierst sind ebenfalls 1000 Jahre unterschied, was du vorfinden wirst.
Wir werden dich erst in 1000 Jahren mit einem Teleskop sehen können;)
Wenn du jetzt nicht teleportierst sondern reist, mit maximaler Geschwindigkeit (Licht), dann wirst du zurückkommen und tausend Jahre gealtert sein, du könntest rechtzeitig zurück schaffen um dich selbst auf den Stern zu sehen :) aber nur ganz kurz;) Die Zeit verlief identisch.

KingKaro  06.08.2018, 01:29

Ok ich konnte den Irrtum ausdenken... Du bist nicht 1000Jahre gealtert. Für uns waren es tausend Jahre. Für dich müsste es schneller vergangen sein, du bist weniger gealtert als 1000. Was ist passiert? Deine Eletronen um die Atome sind langsamer geworden, haben aber die selbe Strecke pro Umrundung zurückgelegt. Eben nur langsamer und sind deshalb weniger gealter, als der umliegende relativ stillstehende Raum. Anders kann ichs mir aber auch nicht mehr erklären :9

1
Escobar365 
Fragesteller
 06.08.2018, 11:16
@KingKaro

danke für die lange und mit Humor bepackte Antwort :)

0
Flightcaptain  22.08.2018, 06:27
@Escobar365

es gibt einen weiteren Effekt der für einen Zeitunterschied sorgt. Was vorher beschrieben wurde war die Zeitdilatation aus der speziellen Relativitätstheorie.

In der allgemeinen Relativitätstheorie gibt es noch den die gravitative Zeitdilatation, welche auch im Film die tragende Rolle spielt.

Kurz gesagt die Zeit (eig. jeder Prozess) vergeht für dich umso langsamer desto größer das Gravitationsfeld ist in dem du dich befindest.

Ein Mensch altert langsamer auf der Erde und schneller auf dem Mond.(einfach gesagt -> umso schwerer umso langsamer vergeht die Zeit)

Die Zeit im "gravitationsfreien" Weltraum vergeht um den Faktor 1,0000000007 schneller als auf der Erde. (Pro Sekunde um 0,7 Nanosekunden) Deswegen müssen Satellitenuhren von weiter entfernten Satelliten auch anders geeicht werden als Uhren auf der Erde, da es sonst zu Abweichungen kommen würde und man nichts mehr genau bestimmen könnte. Nach 24 Stunden würde ohne Korrektur deine Position im GPS um 11km verfälscht sein. [Ein Satellit kann durch Atomuhren seine Zeit bis zu 15 Stellen nach dem Komma angeben]

Auf den Film bezogen vergeht die Zeit auf der Erde um den Faktor 61344 schneller als auf dem Planeten nahe des Schwarzenloches. D.h. eine Minute auf dem Planeten entspricht 42,6 Tage auf der Erde oder eben 1 Stunde auf dem Planeten 7 Jahre auf der Erde.

0

Die Idee dass Zeit relativ sei, ist sehr fragwürdig. Am einfachsten lässt sich das Problem am Beispiel des Doppler-Effekts mit einem akustischen Signal zeigen:

Wenn man eine stationäre akustische Signalquelle hat, die einen Ton von 500 Hz abstrahlt - dann werden stationäre Messquellen in unterschiedlicher Entfernung auch jeweils einen Messwert von 500 Hz messen.

Wird das Messgerät während der Messung aber rasch in Sichtlinie auf die stationäre Schallquelle hinbewegt oder davon wegbewegt - dann werden vom Messgerät höhere Frequenzen bzw. niedrigere Frequenzen gemessen! Da die Signalquelle aber immer nur einen Ton von gleichbleibend 500 Hz abstrahlt bedeutet dies, dass der höhere/niedrigere Messwert durch die Eigenbewegung des Messgerätes bewirkt wird. Das Messgerät misst zwar korrekt - aber der Messwert entspricht aber nicht dem ausgestrahlten Signal von 500 Hz!

Das gleiche Problem hat man bei einer Zeit-Messung: Wenn man ein Messgerät (Uhr) sehr schnell bewegt, dann wird der Messwert durch die Eigenbewegung des Messgerätes deutlich verändert. Die Zeit an einem stationären Ort vergeht immer gleich schnell - aber durch die Eigenbewegung des Messgerätes wird ein anderer Messwert erzeugt. Man sagt ´die Zeit ist relativ´ - aber in Wirklichkeit hat man nur den Messwert durch die Eigenbewegung des Messgerätes manipuliert.