Bin ich kaltherzig weil ich nicht trauern möchte?

12 Antworten

Nein, du bist nicht kaltherzig! Ich finde es sogar toll, dass du diese Trauer rational verarbeiten kannst. Das hat nichts mit Kaltherzigkeit zu tun, sondern einfach, dass du es anders verarbeitest. Jeder Mensch verarbeitet solche Sachen anders.

Ausserdem ist keine "Pflicht" für jemand anders zu leiden und sich hängen zu lassen. Das würde dein Cousin auch bestimmt nicht wollen. 

Erklär deiner Familie, dass ihr in dieser Situation ganz stark sein müsst (für euch selbst aber auch für deinen Cousi ) und du genau das auch versuchst, um ihnen in dieser schweren Zeit halt zu geben. 

Ich finde nicht, dass du kaltherzig bist. Jeder hat eine eigene Weise, mit so einer Situation umzugehen und zu trauern. Kaltherzig würde für mich bedeuten, dass sich gar keine Gefühlsregung in dir tut, dass diese Situation dir völlig gleichgültig ist, aber das ist ja nicht der Fall. Du für Arbeit ist das einfach anders, als der Rest deiner Familie und das ist okay!

Kann ich anhand deiner Aussagen nicht bestätigen oder entkräften, aber jeder geht anders mit dem Tod um, wenn es dein Weg der Trauerbewältigung ist, dann ist es nicht Kaltherzig, und mal ganz ehrlich, die meisten Trauernden sind selber Egoisten, die nicht loslassen wollen/können.

Vielleicht hast du Probleme, Emotionen offen zu zeigen oder sie dir selbst einzugestehen. Du verarbeitest so ein Ereignis auch, aber eher indem du es rational durchdenkst und versuchst, Konsequenzen daraus zu ziehen. Nicht so sehr emotional. Wenn das bei dir immer so ist, kann man dir das nicht vorwerfen. Wenn du allerdings bei eigenen Trauerfällen schnell hochemotional wirst, aber wenn eine andere Person betroffen ist überhaupt nicht, wäre das schon ungewöhnlich und würde auf mangelnde Empathiefähigkeit hinweisen.

Du solltest wenigstens deiner Familie zuliebe so tun, als wärst du ebenso betroffen und dich eine Weile zurückhalten bzw. nicht allzu sehr anfangen, das Ganze offen zu analysieren und durchdenken, sondern erst, wenn die anderen Familienmitglieder auch emotional darüber hinweggekommen sind. Du unterschätzst nämlich die funktionale Bedeutung von emotionaler Trauer, sie als "Gefühlsduselei" abzutun verfehlt den Kern. Trauer schafft eine Art von Bindung und führt dazu, dass man sich nach einem unerwarteten Verlust gegenseitig aufbaut und hilft, außerdem hilft es individuell sowie kollektiv, aus der Erfahrung zu lernen (z.B. sich wieder mehr auf die Bedeutung familiärer Bindung als auf Oberflächlichkeiten zu fokussieren). Das ist letztenendes evolutionär bedingt, denn je kleiner und damit schwächer eine Gruppe beziehungsweise Familie ist, desto wichtiger ist für ihr Überleben gegenseitiges Vertrauen und emotionale Bindung.

Von daher: Halte dich etwas zurück und nimm Rücksicht auf die Gefühle deiner Familie. Wenn du das nicht tust, missinterpretieren sie das sonst als Ichbezogenheit und wie du schon sagst Kaltherzigkeit.

Ich finde es nicht kaltherzig, sondern vernünftig. Man kann auch nur innerlich trauern.