Aus Pflichtgefühl beten(Christentum)?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Die Pflicht bzw. das Pflichtgefühl, wie du es nennst, ist im Bild gesprochen wie die Begrenzungspfähle auf den Straßen. Jeder fährt freiwillig korrekt auf der Straße. Die "Pflicht" (bzw. das Gebot) erinnert uns daran, auf der Straße zu bleiben. Wenn ich mich aber nur an die Begrenzungspfähle halte, heißt das nicht, dass ich ein guter und umsichtiger Autofahrer bin. Aber ein guter Autofahrer wird die Begrenzungspfähle beachten und nicht die Überzeugung haben, sie seien überflüssig.

So ist es auch mit dem Beten. Die Pflicht hilft, den Rahmen und die Ordnung einzuhalten, aber sie kann und soll nicht die (einzige) Motivation sein.

Nur dann zu beten, wenn ich das Bedürfnis dazu verspüre, um wen geht es dabei wirklich?

Ich bin seit etlichen Jahren verheiratet. Wenn ich meine Frau nur dann liebe, wenn ich das Bedürfnis und das Gefühl dafür habe, wie nennst du so ein Verhalten? Würdest du auf dieser Basis mit so einem Partner verheiratet sein wollen? Ich glaube kaum....

Diese Form der bedürfnisorientierten Beliebigkeit ist eigentlich nur eine Art Egopflege, eben "wenn es mir dabei gut geht" oder "wenn ich mich dabei gut fühle". Die Pflicht ist eine Hilfe gegen den in uns wohnenden Egoismus.

Je mehr du aber dich von dieser Art des Egoismus löst, desto seltener brauchst du die Hilfe der "Begrenzungspfähle".

Ich könnte mir vorstellen, dass das daran liegt, dass du meinst Gott wolle, dass man der Welt abschwöre und nur bete, in der Schrift lese und andere Dinge mache, die als Heilig gelten und dass man sonst kein guter Christ ist. Jedoch ist das ganz falsch.

Gott will, dass wir in der Welt leben, denn dafür sind wir ja auf der Erde, dass wir das tun und dabei Gott näher kommen. Wenn du im Alltag lebst und nach dem Guten und Wahren strebst, dann lebst du in Gott, wenn du es auch nicht immer spürst. Natürlich soll man dabei dann nicht das Beten vergessen usw, aber es ist gut, wenn man morgens sein Morgen- und abends sein Abendgebet macht und bei letzteren vielleicht noch ein bisschen in der Bibel liest, dann musst du auch nicht meinen, dass man während des Tages dauernd beten müsse, das ist nicht notwendig und unnötige Gebete werden auch nicht erhört. Ich verstehe auch, dass man die größte Lust daran hat fromm zu werden, aber nur das In-der-Welt-leben während man, wie gesagt dem Guten und Wahren nachstrebt (daher Gott) macht fromm.

DerEineDa859 
Fragesteller
 22.12.2023, 15:25

dankeschön für die Antwort und frohe Weihnachten!

1

Anlass für Gebete gibt's verschiedene, hier mal paar Beispiele:

* das regelmäßige Gebet (siehe Daniel 6,11)

* aus einer Notsituation (2Mose14,10)

* Anbetung Gottes (2Chronik7,3)

* Stoßgebet, weil keine Zeit (Nehemia2,4)

Du siehst es ist ziemlich gemischt: es ist sicher gut, gewohnte Zeiten zu haben wie Daniel, also z.B. vorm Essen oder vorm Schlafen. Aber oft kommt es aus der Situation heraus dazu. Beten ist vor allem eine Herzenssache, keine Pflichtveranstaltung.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Hallo DerEineDa859,

zunächst einmal: Es ist nicht verkehrt, wenn man als Christ seinen Hobbys und anderen Freizeitbeschäftigungen nachgeht, sofern diese nicht im Widerspruch zur Bibel stehen und sie nicht den ersten Platz im Leben einnehmen.

Du schreibst, dass Du Gott mehr als alles andere liebst. Sollte es dann aber nicht völlig natürlich sein, dass Du mit Gott im Gebet sprichst, ohne sich dazu zwingen zu müssen? Schließlich sprichst Du ja auch nicht aus einem Pflichtgefühl heraus mit einem Freund von Dir!

Die Bibel enthält einige Hinweise zum Thema Gebet, doch feste Regeln gibt es dafür nicht. Wenn unsere Gebete Gott gefallen sollen, dann wären auswendig aufgesagte Gebete eindeutig nicht das Richtige. Jesus sagte in der Bergpredigt einmal folgendes dazu: "Wenn ihr aber betet, sagt nicht immer und immer wieder dasselbe wie die Leute von den Nationen, denn sie meinen, dass sie erhört werden, weil sie viele Worte machen" (Matthäus 6:7).

Gebete sollten also immer etwas ganz Persönliches sein und aus dem Herzen kommen. Der berühmte König David schrieb einmal in einem seiner zahlreichen Psalmen: "Vertraut auf ihn zu allen Zeiten.Vor ihm schüttet euer Herz aus" (Psalm 62:8). Wenn man jemandem sein Herz ausschüttet, dann muss man nicht nach Worten ringen oder macht sich Gedanken um exakte Formulierungen. Deswegen kommt es auch beim Beten nicht darauf an, in welche Worte wir die Gedanken, die wir an Gott richten, verpacken.

In der Bibel sind viele Gebet aufgezeichnet worden, die jedoch nicht dazu dienen sollten sie auswendig zu lernen. Auch das "Vaterunser" ist nicht dazu gedacht, immer wieder aufgesagt zu werden. Es ist lediglich als eine Art Muster gedacht, das zeigt, auf was es in unseren Gebeten ankommen sollte. Das "Vaterunser" lässt z.B. deutlich werden, dass nicht persönliche Bitten im Vordergrund stehen sollten. Die ersten drei Bitten betreffen nämlich nicht unsere, sondern Gottes Interessen. Daran sollten wir denken, wenn wir unsere Bitten an Gott richten.

Die Bibel zeigt auch, dass unsere Gebete, außer aus Bitten an Gott, auch Lobpreis und Dank mit einschließen sollten. So steht in den Psalmen: "Kommt in seine Tore mit Danksagung, in seine Vorhöfe mit Lobpreis. Dankt ihm, segnet seinen Namen" (Psalm 100:4) oder: "Auch legte er ein neues Lied in meinen Mund, Lobpreis für unseren Gott (Psalm 40:3).

Es gibt also viele Möglichkeiten unsere Gebete so zu gestalten, dass sie für Gott annehmbar sind. Auch fand ich den Tipp sehr hilfreich, dass man sich vor einem Gebet Gedanken machen soll. Sonst kann es leicht passieren, dass man recht inhaltslose Gebete spricht oder oft das Gleiche sagt.

Über das Beten gibt es sicher noch vieles zu sagen, doch wenn Du diese grundsätzlichen Dinge beachtest, wird es Dir künftig sicher leichter fallen, Dich im Gebet an Gott zu wenden.

LG Philipp

Wenn du aus reinem Pflichtgefühl betest, bist du eben nicht mit vollem Herzen dabei, wie du schon selber festgestellt hast. Deswegen macht so etwas keinen Sinn. Und ich mache so etwas auch nicht. Wenn in der Kirche gebetet wird, bete ich mit. Jeder hat seinen eigenen Stil, und du darfst zu deinem Stil stehen. Es gibt andere, die prahlen damit, wie oft und wie intensiv sie beten. Das finde ich eher abstoßend.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich habe Religionspädagogik studiert.