Atommüll?
Chat gpt hat gesagt es könnte möglich sein mit nanotechnologie die Halbwertszeit von radioaktiven Stoffen zu verringern. Stimmt das?
3 Antworten
Grundsätzlich geht das. Ich bezweifle allerdings, daß irgendetwas davon praxisrelevant ist — Nanostrukturen können kaum mehr erreichen als chemische Bindung, sie verändern nämlich die energetische Lage von Valenzorbitalen, und die hat nur bei extrem leichten Elementen eine meßbare Auswirkung auf die Halbwertszeit. Ich kopiere eine alte Antwort von mir:
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Manche leichte Atome zeigen β⁺-Zerfall: Darunter versteht man, daß sich ein Proton im Kern in ein Neutron verwandelt, und die positive Ladung als Positron abgestrahlt wird (zusätzlich entsteht noch ein Elektron-Neutrino). Das Positron zerstrahlt mit einem Elektron aus der Umgebung:
p⁺ ⟶ n + e⁺ + νₑ
e⁺ + e⁻ ⟶ 2 γ
Wenn man diese beiden Prozesse zu einem zusammenfaßt, dann heißt er Elektroneneinfang:
p⁺ + e⁻ ⟶ n + νₑ
Die Zerfallswahrscheinlichkeit des Protons im Kern (also die Halbwertszeit des β⁺-Prozesses) kann man nicht wirklich beeinflussen, weil sie von der inneren Wechselwirkung aller Kernbestandteile abhängt; aber das eingefangene Elektron in der zweiten Variante kommt ja aus der Elektronenhülle, und da läßt sich chemisch durchaus etwas erreichen. Ein Beispiel ist ⁷Be:
⁷Be ⟶ ⁷Li + νₑ
Dieses Isotop zerfällt durch Elektroneneinfang aus dem 1s- oder 2s-Orbital, die Halbwertszeit beträgt ungefähr 53 Tage. Aber je nachdem, ob das Beryllium als Element oder als Verbindung vorliegt, beobachtet man eine leicht unterschiedliche Halbwertszeit (≈1%), weil die Elektronenhüllen eben von der chemischen Bindung beeinflußt werden.
Das war jetzt relativ wenig spektakulär, aber jetzt kommt der wesentlich weniger bekannte Hammer: Einen vergleichbaren Effekt gibt es auch beim β⁻-Zerfall, nur daß er wesentlich größer ist. Aber auch viel schwerer zu realisieren.
n ⟶ p⁺ + e⁻ + ν̄ₑ
Beim β⁻-Zerfall entstehen ja aus einem Neutron ein Proton, ein Elektron und ein Antineutrino. Das Elektron fliegt gewöhnlich einfach weg, aber was ist, wenn es in der Elektronenhülle des Atoms gebunden bleiben kann? Das würde den ganzen Prozeß erleichtern, weil ihm die Bindungsenergie des Elektrons an den Kern zur Verfügung steht.
Die kinetische Energie, die das Elektron beim β⁻-Zerfall mitbekommt, ist typischerweise mindestens Tausende Male größer als die Bindungsenergie eines Valenzelektrons, also spielt das keine Rolle. Aber das sieht sofort anders aus, wenn man tieferliegende Orbitale betrachtet, denn deren Bindungsenergie wird bei schweren Elementen gewaltig groß und kommt in den Bereich der Gesamtenergie des β⁻-Zerfalls. Stellt man dem β⁻-Prozeß diese Zusatzenergie zur Verfügung, dann kann er sich extrem beschleunigen.
Normalerweise sind diese tiefliegenden Orbitale natürlich besetzt, so daß kein weiteres Elektron dort Platz hat. Aber man kann (durch einfaches Erhitzen) ein Atom seiner Elektronen berauben (Ionisierung). Wenn man genug erhitzt, dann gehen alle Elektronen weg, und man bekommt die nackten Atomkerne. Chemiker sind es ja gewöhnt, die Ionenladung rechts an das Element dranzuschreiben, z.B. Fe²⁺ (ein Eisenatom, dem zwei Elektronen fehlen; es hat also nur noch 24). Experimentell ist es aber kein großes Problem, Fe²⁴⁺ herzustellen (ein Eisenatom mit nur noch zwei Elektronen) oder sogar Fe²⁶⁺ (ein Eisenatom ganz ohne Elektronen, also ein nackter Eisen-Kern). Solche Teilchen kommen auch in der Natur vor, z.B. im Inneren von Sternen (dort ist es ja schön warm).
Sehen wir uns das Isotop ¹⁸⁷Re an. Das hat 75 Protonen und 112 Neutronen. Es zerfällt nach
¹⁸⁷Re ⟶ ¹⁸⁷Os + e⁻ + ν̄ₑ
und zwar mit einer Halbwertszeit von satten 41 Milliarden Jahren — das meiste, das irgendwann im Universum entstanden ist, hatte also bis jetzt gar keine Gelegenheit zum Zerfall. Das ändert sich aber dramatisch, wenn wir das Atom vollständig ionisieren: Dann wird das Elektron nicht abgestrahlt, sondern landet im 1s-Orbital:
¹⁸⁷Re⁷⁵⁺ ⟶ ¹⁸⁷Os⁷⁵⁺ + ν̄ₑ
(Os hat 76 Protonen, daher hat Os⁷⁵⁺ genau ein Elektron in der Hülle), und die Halbwertszeit sinkt auf spektakuläre 33 Jahre. Der Effekt ist also gewaltig.
Noch spektakulärer schlägt derselbe Effekt beim ¹⁶³Dy zu: Dieses Isotop ist stabil gegenüber β⁻-Zerfall zu ¹⁶³Ho, weil der Zerfall Energie verbrauchen und nicht freisetzen würde:
¹⁶³Dy —×⟶ ¹⁶³Ho + e⁻ + ν̄ₑ
aber der Energieverbrauch ist relativ gering. Wenn das gebildete Elektron im 1s- oder 2s-Orbital des Holmiums Platz findet, setzt der Prozeß insgesamt Energie frei. Wenn man das ¹⁶³Dy also vollständig ionisiert, dann wird es also plötzlich radioaktiv und zerfällt mit einigermaßen kurzer Halbwertszeit (47 Tage) zu ¹⁶³Ho.
Zuletzt gibt es auch noch die GSI-Anomalie, von der man nicht genau weiß, ob sie überhaupt existiert und wenn ja, wie man sie erklären kann.
Ja, physikalische Chemie, genauer statistische Thermodynamik.
Wir sind immer noch wesentlich besser beim "K"-Anteil von "KI". ChatGPT und Kollegen können inzwischen auf um viele Größenordnungen mehr Daten zugreifen als ihre Vorgänger, aber ob sie im "wirklichen" Verstehen besser sind als die greise Eliza, wird ziemlich stark angezweifelt.
Außerdem "bemüht" sich ChatGPT, auf die Stichworte der Frage einzugehen - der berüchtigte Beitrag zu eierlegenden Elefanten soll dadurch (gezielt) proviziert worden sein, dass ChatGPT gefragt wurde, welche Säugetiere die größten Eier legen. Würde mich mal interessieren, woher du die Information hast, und was der Wortlaut der Antwort und noch mehr der Wortlaut der zugehörigen Frage war.
Es ist für ein Schul Projekt und mein Freund hat das chat gpt gefragt deshalb kann ich dir das gerade leider nicht sagen
Dann sollte ChatGPT das mal erklären, wie das gehen soll... vielleicht bekommt die KI dann dafür den Nobelpreis :-)))
wer weiß was die zukunft bringt - hat nicht ein KI bereits einen Künstlerwettbewerb gewonnen ? Wer weiß, ob iwann mal der Nobelpreis winkt
Danke für diesen sehr interessanten Beitrag; Thermodynamik im Sinne von physikalischer Chemie oder anders geartet?