Du löst das Paraben (ein 4-Hydroxybenzoesäureester) zuerst in Alkali und köchelst es, wobei es vermutlich zu freien 4-Hydroxybenzoesäure hydrolysiert wird. Dann setzt Du eine Unmenge Bromid und eine genau bekannte Menge Bromat zu und säuerst an. Im Sauren komproportionieren Bromid und Bromat zu Brom:
BrO₃¯ + 5 Br¯ + 6 H₃O⁺ ⟶ 3 Br₂ + 9 H₂O
Um zu wissen, wieviel Brom in Deiner Suppe entsteht, müssen wir nur wissen, wieviel KBrO₃ zugegeben wurde. Deine Angabe „0.1 N mit Titer 0.98“ interpretiere ich als c=0.0163 mol/l, dann haben wir n=cV=817 µmol Bromat, aus dem dreimal soviel also 2.45 mmol Br₂ entstehen. Die dazu nötige Menge KI ist weniger als 0.5 g, also sind Deine 3 g bestimmt ausreichend, das sieht also vernünftig aus.
Das Brom greift jetzt die 4-Hydroxybenzoesäure an und regiert damit, also verschwindet ein Teil des Broms, und das was noch übrig ist wird durch Iodidzugabe zu Iod I₂ (unter diesen Bedingungen gelöst als I₃¯) umgesetzt und dann mit Thiosulfat titriert:
Br₂ + 3 I¯ ⟶ I₃¯ + 2 Br¯
2 S₂O₃²¯ + I₃¯ ⟶ S₄O₆²¯ + 3 I¯
Du verbrauchst V=20.9 ml einer 0.098 mol/l Na₂S₂O₃-Lösung, das entspricht n=cV=2.05 mmol Na₂S₂O₃, das zeigt halb so viel Br₂ an, (weil Thiosulfat mit der halben Menge Iod reagiert, das Iod aber 1:1 aus dem Brom entstanden war). Folglich sind nach der Bromierung der 4-Hydroxybenzoësäure noch 1.02 mmol Br₂ übriggeblieben, die 4-Hydroxybenzoesäure hat also 1.43 mmol Brom verschluckt. Ich vermute, daß die Reaktion zu 2,4,6-Tribromphenol führt (so wie bei 2-Hydroxybenzoesäure), also reagieren die 4-Hyroxybenzoesäure und das Brom im Verhältnis 1:3, demnach waren n=0.475 mmol 4-Hydroxybenzoesäure bzw. ebensoviel Paraben in der Probe.
Um zum gewünschten Massenanteil zu kommen, brauchen wir zuerst die Masse, die man aus der Stoffmenge mit m=nM bekommt. Ich verwende dazu die molare Masse von Ethylparaben M=166.18 g/mol, weil das so in der Aufgabenstellung steht, und ignoriere, daß Du in Deiner Beschreibung von Methylparaben sprichst; dann bekommen wir m=79 mg, die Einwaage war m₀=97 mg, also ist der Massenanteil w=m/m₀=81.4%
Die ganze Berechnung kompakt:
(1/60*.98 * 50 *3 - 20.9*0.1*.98/2) /3 * 166.18 / 97
0.81428
Du hast insgesamt vier Meßserien gemacht, die bei dieser Auswertung 81.4%, 82.4%, 82.7% und nochmals 82.7% ergeben. Der Mittelwert daraus ist 82.3%, aber da Du Einwaagen und Titer aber nur auf 2 Stellen genau kennst, kannst Du nur 2 signifikante Stellen im Gehalt angeben: 82%.
Da stecken einige Unwägbarkeiten drin, die vielleicht einer Korrektur bedürfen:
- Konzentrationsangaben. Beim Geradebiegen Deiner historischen N-Angaben habe ich mir keine allzu große Mühe gegeben.
- Reaktionsgleichung. Ich bin mir ziemlich sicher, daß die 4-Hydroxybenzoesäure mit Brom im Verhältnis 1:3 zu 2,4,6-Tribromphenol (unter Abspaltung der COOH-Gruppe) reagiert, aber ich weiß es nicht wirklich genau.
- Für die molare Masse habe ich Ethylparaben (4-Hydroxybenzoesäureethylester, M=166.18 g/mol) genommen, obwohl Du in Deinem Text von Methylparaben (M=152.15 g/mol) sprichst. Theoretisch könnten auch die Natriumsalze gemeint sein, für Ethylparaben wäre das dann M=174.13 g/mol. Gegebenenfalls die Rechnung mit der anderen molaren Masse wiederholen; für Ethylparaben Na-Salz wären es dann z.B. 86.2%
- Ich habe so etwas seit vielen, vielen Jahrzehnten nicht mehr gerechnet, also caveat emptor.
Nebenbei gesagt: Einen Titer auf nur 2 Stellen genau anzugeben, ist Schwachsinn. Aber das wird noch quadratisch überboten von der Schnapsidee, einen Titer für die Kaliumbromat-Lösung in die Angaben zu schreiben, das ist nämlich eine Urtitersubstanz und läßt sich daher genau einwiegen (wenn der Laborant nicht vorher bis zum Umschlag mit Ethanol titriert wurde).