An die über Fünfzigjährigen: welche Zeit wünscht ihr euch zurück?
Was, würdet ihr sagen, war das beste Jahrzehnt, das ihr selbst bewußt miterlebt hat? Nicht nur für euch persönlich, sondern wirtschaftlich, politisch, kulturell? Und was war das beste daran?
42 Stimmen
15 Antworten
Bei mir geht die Zeitrechnung ab meiner Behinderung in 9.65 im Alter von 9 Jahren.
Politisch im kleinen ab 67 mit der Adenauer-Fahrt über den Rhein 67.
Wirtschaftlich war es in 8.72, als ich mein erstes Geld verdiente.
Kulturell 1966 mit dem schön- schaurigen Endspiel gegen England. Dies war die erste von mir bewusst wahrgenommene WM.
Politisch im Grossen war wohl Ende der 80er, als ich in die SPD eintrat und bald wieder austrat
Schröder war nicht mein Fall, nach dem Fall von Scharping.
Die 60er Jahre habe ich so nicht mehr miterlebt, soll aber von der Gesellschaft her von der Atmosphäre positiver gewesen sein, wegen Wirtschaftsaufschwung (außer den Höhepunkt des Kalten Krieges 1961/2), auch wenn es ab 1967/68 immer kritischer wurde, vor allem von der Ansicht der Jugend wegen Vietnam, Klima, Umwelt und Konsumwahn, was ja auch Sinn machte. War also eine interessante Zeit.
In den 70er Jahren war noch alles sozialer (aber dort wurde es schon weniger als zuvor, allerdings noch sozialer als heutzutage, vor allem diese asozialen Schmierereien auf Häusern, Zügen, etc), aber auch mehr Wirtschafts- und Finanzkrisen (zwei Ölkrisen) mit permanent hoher Arbeitslosigkeit.
In den 80er Jahren wurde es asozialer, sowohl von den Wirtschaft- und Finanzeliten als auch von der Jugend, es wurde schon ab Ende der 70er verrohter da die Gesellschaft sozial mehr gespalten wurde. Immer mehr permanente Arbeitslosigkeit, was auch schon in den 70er Jahren anfing. Auch wurde Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre der Kalte Krieg nochmal richtig heiß. Danach war nur Tschernobyl nicht gut.
Anfang der 90er mit der Wiedervereinigung war es zusammen mit dem Sommermärchen 2006 von der Atmosphäre her in Deutschland am besten, und ich denke auch sonst wurden wir als Gesellschaft offener anderen Lebensweisen gegenüber, aber auch leider unsozialer seit dem Smartphone, obwohl es mit dem Walkman Anfang der 80er Jahre schon angefangen hat. Aber so schlimm wie jetzt war es längst noch nicht. Mitte/Ende der 90er hatten wir neben dem Jugoslawien-Krieg auch noch den Ruanda- und Kongo-Genozid. den Reformstau und danach Rot-Grün, was kurzfristig für eine positive Stimmung der Erneuerung brachte.
Ich finde, ab den frühen 2000er Jahren mit diesen islamistisch-dschihadistischen Anschlägen und dem Irak- und Afghanistan-Krieg und danach in den 2010er Jahren mit der Griechenland- & Flüchtlingskrise und jetzt vor allem Corona-Krise und der hohen Inflation und dem Ukraine-Krieg hat sich die Situation eher wieder und weiter verschlimmert.
Also ich schätze mal die Zeit zwischen 1955 und 1965 mit der Hochzeit des Wirtschaftswunders (außer den Höhepunkt des Kalten Krieges 1961/2) und die Zeit der Entspannung und Ende des Kalten Krieges zwischen 1985 und 1991/1992 (Anfang des Jugoslawien-Krieges und letzte Jahre vor deutscher Wirtschaftskrise ab 1993/4) war die beste Zeit. Aber auch dieser Zeit war natürlich nicht perfekt. Diese Zeit ist mit die schlechteste Zeit, wahrscheinlich zusammen mit 1973 und 1979-83 sowie 2000-03.
Für mich persönlich waren die 80er und 90er Jahre besser, weil da noch viele Leute lebten, die ich geliebt habe (Familienmitglieder, Freunde). Heutzutage (bzw. spätestens seit den 2010er Jahren) ist es immer schwieriger, Leute kennen zu lernen, da immer weniger in Vereine, Parteien und Kirchen sowie Gemeindeveranstaltungen gehen. Außerdem spielen mir viel zu viele Menschen im jungen und mittlerem Alter zu sehr mit dem Smartphone, und deswegen ist es schwieriger, mit ihnen zu kommunizieren. Sie leben in ihrer Blase. Und Corona und die Lockdowns haben diese Probleme noch verschärft, auch wenn es zuletzt etwas besser wurde, Ich möchte nicht wissen, wie es in 20-40 Jahren aussieht.
Vielen Dank für die ausführliche Antwort, ich freu mich sehr!
Ein weiser Mann mit Motorrad hatte einmal gesagt, wer immer seinen Kopf in die Vergangenheit steckt, der muss sich nicht wundern wenn er ständig in den Hintern gefi..t wird.
Ich halte nichts von diesen "in welcher Zeit war es am Besten". Die Frage wäre doch mehr, wenn man nicht die Fehler bisher gemacht hätte oder das ganze Glück was man bisher hatte nicht wäre oder die richtigen und falschen Entscheidungen, wäre man da wo man jetzt ist?
Das was man gerade noch für das größte Pech hält, kann sich in ein paar Monaten oder Jahren als der absolute Glücksfall herausstellen.
Ich fühle mich im jetzt sehr wohl und bin neugierig was noch alles kommen wird, daher denke ich das jeder Zeitabschnitt bisher ganz gut war oder lehrreich.
Es ist wie mit einer schönen Frau, es gibt immer irgendwo einen Mann der sehr froh ist das er sie wieder losgeworden ist.
Ich denk das beste war Disko, Musik, Pille und Autos. Wer Mädels ansprach konnte reiche Beute machen. Was hätte man auch sonst tun sollen ausser in die Disko gehen? Viele Diskos hier in der Gegend machten da auf. Finde ich einfach geil wenn Freitag ist und 2 Tage frei und dann ab in die Disko.
Ich weiß nicht wie es Deutschland weit ist aber hier in Bayern gingen 2006 schon weniger weg. Viele Veranstaltungen waren nur zur Hälfte voll wo früher volle Hütte war. Dann kam das Smartphone. Hier im Ort hat ne Disko zugemacht die immer voll war.
Das ist nicht meine Welt ein Mädel im Internet 200 km entfernt kennen zu lernen und 3 Monate mit ihr zu schreiben um dann zu hören dass sie mit dem Nachbar zusammen ist
Ja, wir waren beim feiern viel aktiver als die spätere Generation, schon vor Corona. Ich persönlich vermisse es aber auch nicht so.
Ich kann es nur aus persönlicher Sicht beurteilen, weil ich mit Politik, Wirtschaft und gesellschaftlichen Problemen damals noch nicht wirklich was am Hut hatte. Und da stehen die 70er ganz vorne bei mir. Ich war ein Kind und hatte keine Sorgen. Meine Eltern haben sich um alles gekümmert und ich konnte einfach nur die Zeit genießen, unbeschwert mit meinen Freuden spielen und die Welt um mich herum entdecken. Ich hab diese Zeit eigentlich durchweg positiv in Erinnerung, auch wenn ich weiß, dass es nicht immer so war. Auch finanziell stand man meist recht gut da, ein Durchschnittsverdiener pro Haushalt hat gereicht, um der Familie ein relativ gutes Leben zu ermöglichen.
In den 80ern wurde ich zum Teenager und dementsprechend viele Hochs und Tiefs gab es auch. Vor allem in der Mitte des Jahrzehnts, einer eher schwierigen Phase (von 14 bis etwa 16/17). Das kennen wahrscheinlich die meisten Jugendlichen, muss man also nicht näher ausführen. ;-) Zudem sind zwischen 1982 und 1988 alle meine 4 Großeltern gestorben, was natürlich auch ein Einschnitt war. Die frühen und späten 80er waren aber wiederum schön und relativ unbeschwert.
Auch die 90er hab ich überwiegend positiv in Erinnerung. Endlich erwachsen, eigenes Geld verdient, eigenes Auto, eigene Wohnung, aber doch noch jugendlich im Kopf und im Herzen. Viel mit Freunden unterwegs gewesen und die Nacht zum Tag gemacht. Viel ausprobiert. Aber auch viel fürs Leben gelernt (Positives wie Negatives).
Ab der Jahrtausendwende ging es dann langsam aber sicher bergab und entwickelte sich immer mehr in die Richtung, wo wir uns heute befinden. Und der Phase kann ich nun wirklich gar nichts mehr abgewinnen.
Was ich jedoch gerne noch miterlebt hätte, wären die 60er gewesen. Einfach mal hingehen und reinspicken, wie es so war. :-) Aber die hab ich leider knapp verpasst.
Mein Musikgeschmack ist eigentlich so breit gefächert, da ist Platz für viele Jahrzehnte und Genres. Grob würde ich jetzt mal sagen, die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts bis in die 2000er hinein. Nicht alles, aber viel. Mit den aktuellen Sachen kann ich dagegen nicht mehr allzu viel anfangen.
Vielen Dank für die Antwort, in der ich einiges wiedererkennen kann. Nicht alles, aber viel!
Gelebte Geschichte!