Als Christ Kopftuch tragen?

8 Antworten

Von Experte BillyShears bestätigt

 Paulus schränkt auf das Gebet (bzw Gottesdienst) und die prophetische Rede ein:

5 Jede Frau aber, die betet oder prophetisch redet mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt; denn es ist gerade so, als wäre sie geschoren.

https://www.bibleserver.com/LUT/1.Korinther11%2C5

Wobei nur ein Bedecken des Hauptes erwähnt wird.

Das Kopftuch wird auch heute noch von manchen Christinnen getragen:

der Brüderbewegung und in einigen mennonitischen bzw. täuferischen Gemeinschaften, wie etwa den Hutterern, getragen.
...
Auch in vereinzelten Brüdergemeinden, in der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche, in Pfingstgemeinden, Norweger-Gemeinden, calvinistischen Gemeinden in den Niederlanden und Schottland und in den Gemeinden der baptistischen Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion

https://de.wikipedia.org/wiki/Kopftuch#Christentum

Ich nehme an, Du beziehst Dich hier auf den 1. Korinther-Brief. Bedenke, dass diese Briefe in einer konkreten Zeit an eine konkrete Gemeinde geschrieben wurde, Natürlich können wir viel aus ihnen lernen, aber sie sind keine allgemeingültige detaillierte Anweisung.

Die Passage, dass Frauen ihr Haar bedecken sollen, kann man auch mit "Haar aufstecken" übersetzen. Es geht also darum, dass die Frauen ihr langes Haar nicht offen tragen sollten. Von irgendeiner bestimmten Kopfbedeckung ist nicht die Rede.

Warum nun sollen sie das Haar nicht offen tragen? Ganz einfach: weil das damals in der griechischen Gesellschaft in Korinth nicht üblich war. Der allgemeine gesellschaftliche Konsens war, dass Frauen ihr Haar lang, aber gebunden trugen. Männer hingegen trugen ihr Haar kurz. Das war also kein Alleinstellungsmerkmal der christlichen Gemeinden, die Paulus hier empfahl, sondern im Gegenteil: die junge christliche Gemeinde sollte sich an die allgemein üblichen Gepflogenheiten halten und weder "sittenwidrig" noch "verlottert" aussehen.

Wenn wir uns heute also an Paulus Empfehlungen halten wollen, dann indem wir uns im Gottesdienst (und auch sonst) gesellschaftlich angemessen kleiden. Und mit einem auffälligen und strengen Kopftuch würden wir genau das gerade nicht tun.

In früheren Zeiten trugen die Frauen oft Kopftuch, und das auch im Gottesdienst. Gerade die Frauen auf dem Land hatten weder Zeit noch Möglichkeit für schicke Frisuren. Kopftücher wärmten oder schützen auf dem Feld vor der Sonne, und verbargen gerade bei den älteren Frauen die oftmals nicht so kleidsamen Haare. Ein mit Bändern oder Stickereien verziertes Kopftuch war der Schmuck, den sie sich leisten konnten, und das Kopftuch war üblich. Also war es auch im Gottesdienst zuträglich.

Haupt bedecken heisst nicht zwangsläufig Kopftuch, kann auch Hut sein.

Irgendwann kam es aus der Mode und nur auch als Tradition übriggeblieben, etwa bei der Nonnen-Tracht aber auch wenn es zur regionalen Tracht gehört.

Außerdem gibt es auch andere Bibelstellen, wo gesagt wird, dass Gott nicht auf Äußerlichkeiten achtet.

In der MacArthur-Studienbibel findet sich zu 1. Korinther 11,5-6:

"Frau ... betet oder weissagt. Paulus erteilt klare Anweisungen, dass Frauen bei den Zusammenkünften der Gemeinde nicht leiten oder reden dürfen (vgl. 14,34; 1Tim 2,12), aber sie dürfen vor Ungläubigen beten oder ihnen das Evangelium erklären oder auch Kinder und andere Frauen belehren (vgl. 1Tim 5,16; Tit 2,3.4). Wenn Frauen öffentlich beten oder das Wort Gottes verkünden, müssen sie sich dabei in angemessener Weise vom Mann unterscheiden. unbedecktem Haupt.

In der Kultur Korinths symbolisierte die Kopfbedeckung einer Frau, die öffentlich diente oder anbetete, ihre Unterordnung gegenüber ihrem Ehemann. Der Apostel legt hier kein absolutes Gesetz für Frauen fest, dass sie in allen Gemeinden zu allen Zeiten Kopftücher oder Schleier tragen sollten, sondern erklärt, dass die Symbole der von Gott verordneten Geschlechterrollen erkennbar respektiert werden sollen. Wie beim Götzenopferfleisch (Kap. 8; 9) birgt es an sich nichts Geistliches in sich, ob man eine Kopfbedeckung trägt oder nicht. Aber es war falsch, Rebellion gegen Gottes Ordnung auszudrücken.

schändet ihr Haupt. »Haupt« kann sich auf die Frau selbst beziehen, da es eine Schande für sie ist, wenn sie die anerkannten Symbole der Unterordnung ablehnt, oder es bezieht sich auf ihren Ehemann, auf den sie durch ihr Verhalten Schande bringt.

11,6 schändlich ... das Haar abschneiden ... zu lassen. Damals schnitten sich höchstens Prostituierte oder Feministinnen die Haare ab. Wenn eine Christin die Kopfbedeckung verweigerte, die in jener Kultur ihre Unterordnung ausdrückte, könnte sie sich genauso gut den Kopf kahlscheren lassen - die Schande wäre dieselbe."

Im Walvoord-Bibelkommentar steht zu 1. Korinther 11,5-6:

"Wenn es auch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, deuten doch viele Belege darauf hin, dass sowohl in der jüdischen (Mishnah, Ketuboth 7. 6; babylonischer Talmud, Ketuboth 72 a - b) als auch in der gräco-romanischen Kultur des 1. Jahrhunderts (Plutarch, Moralia 3.232 c; 4. 267 b; Apuleius, Der goldene Esel 11. 10) die Frau in der Öffentlichkeit ihr Haupt bedeckt tragen mußte. Die Art und Weise, wie diese Forderung erfüllt wurde (Ovid, Liebeskunst 3:135-65), war zwar sehr unterschiedlich, doch gewöhnlich scheint ein Teil des Übergewands wie eine Kapuze über den Kopf gezogen worden zu sein.

Es hat den Anschein, dass die korinthische Parole "alles ist erlaubt" auch in den Gemeinde Versammlungen dominierte. Offensichtlich hatten sich auch die Korintherinnen dieses Prinzip zu eigen gemacht und die sie als Frauen kennzeichnenden Kopfbedeckungen abgelegt. Wichtiger ist jedoch, daß sie offenbar auch gegen ihre untergeordnete Stellung innerhalb der Gemeinde (und vielleicht auch in der Gesellschaft) und damit gegen jedes kulturelle Symbol (z. B. die Kopfbedeckung), in dem sich diese Unterordnung äußerte, aufbegehrten. Nach Paulus ist die Ablegung der Kopfbedeckung jedoch nicht etwa ein Ausdruck der Befreiung, sondern eine Herabwürdigung ihrer selbst. Ebensogut könnten sie sich die Haare scheren - damals ein Zeichen der Schande (Aristophanes, Thesmophoriazysae 837) -, denn mit ihrem unbedeckten Kopf entehren sie sich selbst und ihr geistliches Oberhaupt, den Mann."

Aber ab welchem Alter sollte eine Frau dann ein Kopftuch tragen und warum tragen deutsche Christen heutzutage kein Kopftuch mehr?

Paulus schreibt auch, dass der Frau ihr langes Haar anstelle eines Schleiers gegeben ist:

Dagegen ist es für eine Frau eine Ehre, wenn sie langes Haar trägt; denn das lange Haar ist ihr anstelle eines Schleiers gegeben. 1. Korinther 11:15

Und im Folgevers heißt es:

Wenn aber jemand rechthaberisch sein will — wir haben eine solche Gewohnheit nicht, die Gemeinden Gottes auch nicht. 1. Korinther 11:16

Den Vers verstehe ich so, dass man nicht rechthaberisch darüber urteilen soll, ob das Haar einer Frau jetzt lang oder kurz ist und die Gemeinden Gottes (also Paulus schreibt ja hier direkt an die Korinther) nicht die Gewohnheit haben, dass Frauen Kopftücher beim Beten und Weissagen tragen. (Diese Trage"pflicht" würde sich ja nur aufs Beten und Weissagen beziehen:

Jede Frau aber, die mit unbedecktem Haupt betet oder weissagt, schändet ihr Haupt; es ist ein und dasselbe, wie wenn sie geschoren wäre! 1. Korinther 11:5 )

Ich hoffe, das hilft dir weiter.

Liebe Grüße und Gottes Segen!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bibelstudium, pers. Beziehung mit Gott, freievang. Gemeinde