Adrenalin i.m. Gabe durch RS beim Anaphylaktischen Schock durch Paragraph 34 rechtfertigbar?

2 Antworten

Ich bin jetzt kein Jurist sondern (ebenfalls) Rettungssanitäter und befasse mich privat gerne mit juristischen Themen. Zudem, habe ich Juristen in meinem unmittelbaren, familiären Umfeld.

In der Praxis würde es schon damit beginnen, dass man als Rettungssanitäter lediglich auf dem Krankentransportwagen die verantwortliche Person ist und in den allermeisten KTW schlichtweg überhaupt gar keine Notfallmedikamente mitgeführt werden. Es würde also in 99% der Fälle schon an der Verfügbarkeit scheitern, denn was man nicht hat, das kann man logischerweise auch nicht verabreichen.

Was die juristische Situation betrifft, so ist der "rechtfertigende Notstand" nach §34 Strafgesetzbuch (StGB) immer eine Einzelfallentscheidung!. Es handelt sich hierbei ausdrücklich NICHT um eine juristische "Dürfens- Erlaubnis", so wie es jetzt für Notfallsanitäter der §2a Notfallsanitätergesetz (NotSanG) ist, sondern um eine strafrechtliche Rechtfertigung eines primär rechtswidrigen Handels!. Die Verabreichung, ist demnach primär immer eine rechtswidrige Handlung, welche bei nachträglicher Betrachtung der Situation und aller konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles ggf. aufgrund von §34 StGB gerechtfertigt und damit letztendlich straffrei sein kann. Es ist also immer mit einer nachträglichen, juristischen Überprüfung zu rechnen und ob es dann im konkreten Einzelfall gerechtfertigt und somit straffrei ist, darüber, entscheidet dann der Staatsanwalt und ggf. das Gericht. Grundsätzlich, ist der "rechtfertigende Notstand" ein Jedermannparagraph was bedeutet, dass sich Jedermann, unabhängig von einer bestimmten fachlichen Qualifikation, prinzipiell auf diesen berufen kann. Man muss jedoch das Beherrschen was man tut und das könnte bei der Qualifikation als Rettungssanitäter ggf. schwierig werden. Beherrschen bedeutet aus juristischer Hinsicht nämlich nicht nur, dass die jeweilige Maßnahme an sich beherrscht werden muss sondern bedeutet auch, dass die jeweiligen Kontraindikationen sowie zumindest die möglichen wesentlichen Nebenwirkungen bekannt sein müssen UND man auch dazu in der Lage sein muss, diese wenn sie auftreten sollten, zu behandeln!. Abschließend bleibt deshalb nur zu sagen, dass damit ein äußerst zurückhaltender Umgang anzuraten ist, man sich des juristischen Risikos bewusst sein muss und man letztendlich in der Situation für sich selber die Entscheidung treffen muss, ob man dieses Risiko eingehen möchte oder nicht. Man selber ist es schließlich auch, der ggf. die juristischen Komsequenzen zu tragen hat und dementsprechend, kann einem auch niemand die Entscheidung abnehmen.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

Rollerfreake  23.05.2024, 16:10

Prinzipiell, ist eine Rechtfertigung demnach theoretisch möglich, jedoch niemals sicher!. Es ist immer der jeweilige, der konkrete Einzelfall entscheidend!. Mfg

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Bayernretter112 
Fragesteller
 23.05.2024, 17:17

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort, das wollte ich hören!

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Wenn der Patient das als Notfallmedikament zu Hause hat, darfst Du ihm bei der Verabreichung helfen. Ansonsten darfst Du als RS kein Adrenalin im persönlichen Privatbesitz haben.


Bayernretter112 
Fragesteller
 23.05.2024, 09:29

Frage gelesen? Es geht nicht um den Besitz als solches sondern um die Anwendung…

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Aegroti  23.05.2024, 09:45
@Bayernretter112

Um etwas anzuwenden, muss es erst einmal verfügbar sein. Entweder der Patient hat es oder Du auf dem RTW. Auf dem RTW ist allerdings auch ein NS, der dann die Verantwortung hat.

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