Wie reagiert die Gesellschaft auf ein universelles Einkommen?

4 Antworten

Ich finde auch dass Roboter unsere Arbeit vollständig abnehmen sollten. Stellt dir vor alles wäre von Robotern gesteuert. Wirklich alles. Das bedeutet wenn wir Menschen nicht mehr arbeiten müssen, dann wird es auch kein Geld mehr geben. Dann ist alles frei und kostenlos. Das heißt, dass wir Zeit haben unser Leben zu leben. Wir sind dann nicht mehr an Arbeitszeit und Arbeitsort gebunden. Wir können so leben wie wir möchten.

Beste Grüße


vedian 
Beitragsersteller
 13.09.2025, 02:36

Ja, absolut, nur die Prognose wirft nicht das beste Licht darauf, wie der Durchschnitt der Menschen mit dieser Freiheit umgehen wird.

Ich denke, ein bedingungsloses Grundeinkommen würde nicht funktionieren. Das Hauptproblem ist nicht das Fehlen eines BGE, sondern unser Geldsystem: Fiat-Geld verliert ständig an Wert, Rücklagen werden entwertet und die Menschen werden gezwungen, immer mehr zu arbeiten, nur um mithalten zu können. Deshalb wirkt Arbeitsplatzverlust so bedrohlich.

Eigentlich müsste es genau umgekehrt sein: Fortschritt sollte dazu führen, dass Dinge günstiger werden und wir uns mehr leisten können. Viele sehen in Deflation jedoch ein Schreckgespenst, dabei ist sie nur in einer durch Inflation künstlich aufgeblähten Wirtschaft gefährlich. Ein hartes, kalkulierbar deflationäres Geld wäre dagegen gesünder, auch im Hinblick auf Umwelt und Klima, weil es Fehlallokationen reduziert und den technischen Fortschritt in Form sinkender Preise an die Menschen weitergibt. Mit einem solchen Rahmen bräuchte es gar kein BGE: Menschen könnten sparen, Pausen einlegen und freier auf Veränderungen reagieren.

Hinzu kommt der Faktor Mensch: Man kann menschliches Verhalten nicht in eine Formel pressen. Der Staat kann noch so viel planen aber am Ende suchen Menschen nach Auswegen, wenn Anreize falsch gesetzt sind. Mit einem BGE wäre es daher naheliegend, dass viele versuchen würden, nebenbei schwarz zu arbeiten oder gar nicht mehr, weil es sich schlicht nicht lohnt, sich durch Bürokratie und Vorschriften zu kämpfen. Genau das torpediert das System von innen heraus und führt unweigerlich zum Scheitern.

Das eigentliche Risiko am BGE sehe ich deshalb in der wachsenden Abhängigkeit vom Staat. Wer seine gesamte Existenzsicherung vom Staat bezieht, gibt ihm auch die Macht, Bedingungen zu diktieren. Damit gehen wir in Richtung zentraler Steuerung, Planwirtschaft und Bevormundung, ein Weg, der in meinen Augen nicht funktionieren kann.

Mein Fazit: Nicht das Fehlen eines BGE ist das Problem, sondern ein instabiles Geldsystem und ein überregulierter Staat. Die bessere Zukunft liegt in freien Märkten, weniger Steuern und Bürokratie und einem stabilen Geld, das den Fortschritt in Form sinkender Preise abbildet. Nur so entsteht echte Freiheit, nicht durch ein staatliches Grundeinkommen, das Abhängigkeit und Stillstand fördert.

Vieles von dem, was Sadhguru in diesem Interview sagt, halte ich für richtig. Aber seine "Prognose" über das Verhalten der Menschen mit Grundeinkommen (GE) scheint mir eher auf einem extrem pessimistischen Menschenbild zu beruhen, das eigentlich zu einem von vielen seiner Zeitgenossen als 'weise' bezeichneten Menschen nicht gut zu passen scheint. Und es widerspricht den Ergebnissen zahlreicher Umfragen & Experimente zum Grundeinkommen, die seit den 1970er Jahren immer wieder & in vielen Ländern der Welt durchgeführt wurden & werden. Ich selbst habe während meines 10-jährigen Engagements für das GE in vielen Straßenaktionen Passanten per Bodenzeitung anonym über die Frage "Was würden Sie tun, wenn Sie ein Grundeinkommen bekämen?" abstimmen lassen. Die Antworten mit nennenswert vielen Zustimmungen waren:

  • Weiter arbeiten wie bisher
  • Weiter arbeiten, aber in einer anderen Firma/Branche
  • Mich weiterbilden, studieren, umschulen
  • An der Verwirklichung meiner Träume und Ideen arbeiten
  • Mich stärker sozial, politisch oder kulturell engagieren
  • Mehr Zeit mit Freunden und Familie verbringen
  • Erst mal ausspannen, die Seele baumeln lassen, Urlaub machen
  • Die Welt, andere Menschen und Kulturen kennenlernen
  • Nie wieder arbeiten (Erwerbsarbeit)

Von der Möglichkeit, weitere Antworten frei zu formulieren, wurde selten Gebrauch gemacht.

Obwohl die Zustimmung zum Grundeinkommen in Deutschland & andern Ländern seit Jahren hoch ist, spielt sie derzeit politisch kaum eine Rolle & in D leistet man sich sogar wieder eine Hetzkampagne gegen Bürgergeld-Bezieher. Einer der Vorteile des Grundeinkommens im Vergleich zum bedürftigkeitsgeprüften Bürgergeld besteht zwar gerade darin, keinen Anlass für Neiddebatten & falsche Schamgefühle zu geben. Aber die Ablehnung des GE in Teilen der Bevölkerung & fast der gesamten wirtschaftlichen & politischen Führungsschicht beruht anscheinend noch auf anderen psychologischen Reflexen & hat auch damit zu tun, dass es beim GE eigentlich nicht um Geld sondern um Freiheit geht:

  • Bevor Typen wie dieser X ein GE bekommen, verzichte ich lieber darauf, es selbst zu bekommen (siehe Ultimatumspiel)
  • Mehr persönliche Freiheit durch ein GE bedeutet auch: Jemand, den ich nicht mag, könnte die Freiheit auf eine Weise nutzen, die ich ebenfalls nicht mag. (Das ist aber gerade der Witz von Freiheit)
  • Ich musste hart arbeiten, also warum solls denen heute besser gehen?
  • Wenn man die Leute nicht per Arbeitszwang unter Kontrolle behält, ist das Land nicht mehr regierbar.
  • Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.

Eine vollautomatische Volkswirtschaft ohne GE könnte auf folgende Gesellschaftsschichten hinauslaufen:

  • Superreiche, denen die Produktionsmittel gehören
  • Reiche "Höflinge", Günstlinge & noch für unverzichtbar Gehaltene
  • Kleinbürgerliches Dienstleistungs-Proletariat für Dienste, die Superreiche & Reiche aus Status- oder persönlichen Gründen lieber Menschen verrichten lassen, obwohl sie auch durch Maschinen erbracht werden könnten (Sex, Körperpflege, Butler, Empfangsdame, ...)
  • Unterschicht von Verpflichteten an Arbeiten, die aus politischen Gründen von Menschen statt von Maschinen verrichtet werden müssen (Arbeitssimulation).

Diese Entwicklung könnte verhindert oder zumindest abgemildert werden, wenn rechtzeitig ein GE eingeführt würde, so dass die Menschen sich mit mehr Zeit & ohne Angst vor Einkommensverlusten politisch engagieren könnten.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Autodidaktisches Studium, Bundestagskandidatur, NGO

vedian 
Beitragsersteller
 09.09.2025, 11:46

Danke für die ausführliche Antwort und das Engagement in dieser Richtung!

Zu Sadhguru: Als Mystiker kann man bei ihm ansetzen, dass er nicht in erster Linie aus dem Intellekt urteilt, sondern aus der Bewusstheit, ein großes und tiefes Auge. Ich denke, er ist jemand, der ziemlich genau sehen kann, wie unser "mind" tickt und veranlagt ist. Die Frage, ob optimistisch oder pessimistisch würde sich dann so nicht stellen, sondern er sagt, was er sieht. So mein Eindruck (bin da viele Jahre im Übersetzerteam schon dabei).

Es ist aber ein Gesamtbild, und er ist auch viel mehr in Amerika unterwegs, ich würde daher die Einschätzung bei Europa etwas relativieren, zB gerade bei Deutschland den Trägheitsanteil senken. Grundsätzlich anzweifeln kann ich es aber nicht, weil ich einfach viel zu viel auf seine Wahrnehmung halte...

Wegen den Umfragen: ist es nicht so, dass diese nur im heutigen Setting gemacht werden können und dadurch vage sein können? Wenn eine solche vollautomatisierte Gesellschaft da ist, man sich an diese Entwicklung gewöhnt hat, sagen wir noch in der zweiten Generation, dann könnte das Meinungsbild doch schon anders ein, meine ich.

Also ich wäre für ein Grund Einkommen das würde vieles einfacher machen


vedian 
Beitragsersteller
 06.09.2025, 10:55

Die obige Zukunftsprognose ist da sehr ernüchternd. Nur ein Drittel würde besser dastehen mit...