Sollte es nachdenklich machen, wenn Wetterdienste kaum verlässliche Prognosen für die nächsten 2 Tage hinbekommen, aber Klimamodelle valide sein sollen?

9 Antworten

Hallo,

Mal ein Vergleich:

Wenn ich mit dem Auto eine Strecke über Land zu fahren habe, zu einer normalen Tageszeit, nicht im Berufsverkehr und nicht in der Nacht, wenn niemand auf der Straße ist, mit ein paar Ortsdurchfahrten etc., dann kalkuliere ich mit einem Durchschnitt von 60 km/h, und das haut ab einer gewissen Streckenlänge auch ganz gut hin. Ich weiß, welche Faktoren da mit reinspielen, Geschwindigkeitsbeschränkungen, es sind unterwegs vielleicht ein paar Ampeln, die selten alle rot oder alle grün sind, gelegentlich ist ein Schlepper unterwegs, der nicht sofort überholt werden kann, ob und wo das dieses Mal sein wird, weiß ich aber nicht. Vielleicht gibt es eine neue Baustelle, vielleicht ist eine fertig, die letztes Mal noch war.

Das ist die langfristige Prognose. Und die haut auch ganz gut hin. Wenn du mich fragst, wann ich das Ziel in 60 km Entfernung erreiche, dann sage ich: "In einer Stunde!" Es mag dieses Mal gut flutschen und ich bin schon nach 55 Minuten da, oder ich habe ein paarmal Pech mit den Ampeln und es dauert 65, wir werden wahrscheinlich beide sagen, dass meine Prognose ausreichend genau war. Wenn du mich aber fragst, wann genau ich die erste Wegemarke in 500 m Entfernung passieren werde, dann erwarten wir auch eine ganz andere Genauigkeit: im Durchschnitt werde ich für einen Streckenabschnitt dieser Länge nur eine halbe Minute brauchen. Wenn ich aber auf diesem kurzen Abschnitt eine Verzögerung durch ein paar Minuten an der Ampel habe, dann bedeutet das ja schon ein Vielfaches der Gesamtzeit! Auch wenn die Stunde für die Gesamtstrecke immer gut hinhaut, die ersten 500 m werde ich vielleicht manchmal in weniger als einer halben Minute zurücklegen, manchmal werde ich vier oder fünf Minuten dafür brauchen. Das ist der Unterschied zwischen sehr präzisen, kurzfristigen Vorhersagen und langfristigen Prognosen.


Nitram  26.04.2025, 20:46

Der Vergleich ist zwar richtig aber die Antwort wird dem FS kaum gefallen.

In der Regel sind verlässliche Aussagen, die welche täglich (bzw. für die nächsten Stunden) gelten.

Es gibt viele Faktoren die das Wetter beeinflussen und deshalb ist es schwierig verlässliche Aussagen zu tätigen. Beispiel im Flugbereich, wird vorher angefragt um die Route zu berechnen.

Meist reicht die Aussage ja auch aus. Über mehrere Tage ist es nur eine Aussage der Wahrscheinlichkeit.


SpezialAntwort 
Beitragsersteller
 06.05.2025, 12:49

Leicht polemisch: Für das Wetter der nächsten Stunden schaue ich in den Himmel (wenn der nicht zu sehr verbaut ist) bzw. aus dem Fenster. Meteorologische Dienst haben ein anderes Datenmaterial (Satellitenaufnahmen, Wetterstationen usw.). Ich finde die Wetterberichte von der Qualität und Aussage erschreckend schlecht.

Selbst die Extrapolation aus altem statistischen Material führt zu keinem zuverlässigen Ergebnis. Das sollte für "Klimamodelle" ähnlich sein.

Wenn der Wetterdienst zB eine Regenvorhsersage von 50 % angibt, dann hat es in der Vergangenheit bei Ähnlichen Wetterverhältnissen in 50% der Fälle geregnet. Das heißt aber auch, dass es in der Zukunft im Mittel zu 50% regnet wird. Das heißt, wenn es im Jahr 100 Tage mit 50% regen Wahrscheinlichkeit gibt, dann wird es um die 50 mal auch regnen. Klima ist das Mittel von Wetterereignissen über Jahre, sodass sich die Wahrscheinlichkeiten auch gut anpassen. Daher sind Langzeitprognosen sogar sicherer als kurzzeitige Wetterprognosen.

Nein. Da Wetter caotisch ist, Klima aber nicht.

verlässliche Prognosen für die nächsten 2 Tage

Naja langfristig ist es halt einfacher. Ich kann auch nicht sagen, wie das Wetter in 7 Tagen sein wird. Aber in 2 Monaten wird es wärmer sein als jetzt. Und in 8 Monaten wird es wieder kälter sein als jetzt.

Beim Wetter geht ja ja um kurzfristige Effekte, die caotisch sind, sich langfristig aber herausmitteln.

Woher ich das weiß:Recherche

Es mag zunächst widersprüchlich erscheinen, dass kurzfristige Wettervorhersagen Grenzen haben, Klimamodelle aber als valide gelten. Dieser Eindruck beruht jedoch auf einem fundamentalen Unterschied zwischen Wetter und Klima. Wetter beschreibt den aktuellen, sehr variablen Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort und zu einer spezifischen Zeit. Die Vorhersage des genauen Wetters für mehr als wenige Tage ist extrem schwierig. Das liegt an der inhärent chaotischen Natur des Wettersystems. Kleinste Unsicherheiten bei den Anfangsmessungen können sich exponentiell verstärken und die Vorhersage schnell ungenau machen.

Klima hingegen ist die statistische Beschreibung des Wetters über lange Zeiträume, typischerweise 30 Jahre oder mehr. Klimamodelle versuchen nicht, das Wetter an einem bestimmten zukünftigen Datum vorherzusagen. Stattdessen projizieren sie langfristige Trends und Veränderungen in den Durchschnittswerten und Extremen des Klimas. Diese langfristigen Entwicklungen werden von stabilen physikalischen Antrieben bestimmt, wie zum Beispiel der Konzentration von Treibhausgasen oder Änderungen der Sonneneinstrahlung.

Die kurzfristigen, chaotischen Wetterschwankungen mitteln sich über die langen Zeiträume, die Klimamodelle betrachten, heraus. Klimamodelle basieren auf grundlegenden physikalischen Gesetzen und werden durch den Vergleich mit historischen Klimadaten validiert. Die Tatsache, dass verschiedene Modelle bei den projizierten langfristigen Trends oft übereinstimmen, erhöht die Zuverlässigkeit. Die begrenzte Vorhersagbarkeit des chaotischen Wetters für die nächsten Tage widerlegt daher nicht die Fähigkeit, die statistischen Eigenschaften des Klimasystems und dessen Reaktion auf langfristige Antriebe zu modellieren.

Woher ich das weiß:Hobby – Betrieb einer privaten Wetterstation