Obdachlosigkeit als Zeichen des Versagens der Gesellschaft - und wer setzt an den Gründen an und hilft da?
Das Thema Obdachlosigkeit tritt in diesen Tagen wieder vermehrt in den Medien auf, und es wird einem suggeriert, dass sich um diese Menschen gekümmert wird.
Doch ist das wirklich so?
Warum setzen sich dieselben Menschen, die sich kümmern, nicht dafür ein, dass Menschen gar nicht erst so tief sinken?
8 Antworten
Nein, da versagt die Gesellschaft an keiner Stelle.
Dauerhaft helfen kann man nur Menschen, die diese Hilfe auch annehmen.
Menschen ja, diese nicht. Gibt unzählige Angebote...wenn ich als Obdachloser jetzt zum Amt gehe, schlafe ich schon heute Abend nicht mehr auf der Strasse...
Eben, Sie stecken da nicht drin: Diese Menschen haben schlechte Erfahrungen mit Ämtern und anderen Institutionen gemacht, deswegen sind sie ja nun dort, wo sie jetzt sind. Mein Fokus liegt auch nicht auf Ämter und Institutionen!
Nein, diese Menschen sind durch ihre (meist) Drogensucht nicht in der Lage normal mit anderen zusammen zu leben.
Warum wird denn jemand nikotinsüchtig oder trinkt? Ihre Denkweise ist die eines Sozialarbeiters!
Weil er sich nicht unter Kontrolle hat.
Wir alle haben die Gleichen Dinge die uns Verführen wollen...
Wenn die Gesellschaft 1% durchs Raster fallen lässt, ist sie immer noch Top.
Also doch noch ein Konsens, da Sie sagen, dass die Gesellschaft tatsächlich ein Prozent durchrutschen lässt?
Die Betroffenheitsorgel kann man besonders gut in der Vorweihnachtszeit spielen, wenn es um Spenden geht.
Wie gut kennst du dich im Milieu aus? Glaubst du, es gibt nur 1 Ursache für Obdachlosigkeit? Es klingt, als hättest du bereits die Frage geklärt und ein Urteil gesprochen und willst hier nur mal Bestätigung.
Die Gesellschaft hat keine Pflicht, sich wie Mutti um alle ihre Kinder zu kümmern - auch die unehelichen. (Vielleicht spricht man deshalb vom "Vaterland" ;-)
Alle Sozialleistungen, die der Staat bietet, sind irgendwann erkämpft worden und müssen Jahr für Jahr finanziert werden. Es stimmt, dass ein reicher Staat sich einiges leisten muss und kann, um den sozialen Frieden zu wahren. Es ist eine Schande für eine Land wie Deutschland, wenn es Grundbedürfnisse überhaupt nicht erkennen und befriedigen kann. Aber die Messlatte wird von "Opfern" und Gönnern und Politikern im Wahlkampf ziemlich hoch angesetzt. Eine gewisse Mitwirkung der Nutznieser von Spenden und Sozialleistungen darf man erwarten, z.B. dass sie ihren Dreck wegräumen.
Und manchen ist nicht zu helfen, nicht mal, wenn man sie wegen niedriger Intelligenz ganztags betreuen müsste. Manche empfinden die Straße (oder die WG in der Abrissbude) als Freiheit oder haben sich ein Leben im Wald gewählt. Sie bilden wahrscheinlich eine Minderheit. Ich will nur zeigen, dass man nicht alle über einen Kamm scheren darf.
Warum setzen sich dieselben Menschen, die sich kümmern, nicht dafür ein, dass Menschen gar nicht erst so tief sinken?
Der Hauptgrund für Obdachlosigkeit ist mangelnde Bildung. Hier muss angesetzt werden und sehr viel mehr in Bildung investiert werden. Sie ist unser einziger Rohstoff - und wird sträflich vernachlässigt.
Ein weiterer Punkt ist das Einführen einer Krankenversicherungspflicht, einer Sozialversicherungspflicht und einer Pflegepflichtversicherung für Selbständige. Sinnvoll wäre auch ein Pflichtbeitrag in so etwas wie eine "Pleiteversicherung", analog einer Arbitslosenversicherung.
Denn viele Selbständige sind einfach nicht in der Lage zu überblicken, dass ein Monatsgewinn von 4.000 Euro eben nicht bedeutet, dass man 4.000 Euro zum Verjubeln hat. Da Ergebnis ist, dass viele Selbständige kein soziales Netz haben, dass sie auffängt und dann auf der Straße landen (aber auch dieses Problem könnte über Bildung gelöst werden).
Dann sind da noch Alkohol- und Drogenabhängige. Was soll man dagegen machen? Drogenkonsumenten wehren sich mit Händen und Füßen, wenn man ihnen den Drogenkonsum verbieten will mit dem Argument, es sei ihre Sache ob sie Drogen nehmen oder nicht.
Und dann gibt es noch diejenigen, die einfach nicht bereit sind, etwas gegen ihre Obdachlosigkeit zu unternehmen. Ich habe schon drei Obdachlosen angeboten, meinen Hof zu fegen (Dauer ca. 30 Minuten), wofür sie 20 Euro bekämen. Bereit dazu war nie einer.
Was schlägst du vor zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit?
Alex
Das Schöne ist, dass sich immer andere NOCH mehr einsetzen und kümmern sollen. Der Fragesteller denkt nicht daran, der will vermutlich weiterhin zocken.
Warum setzen sich dieselben Menschen, die sich kümmern, nicht dafür ein, ...
Eben nicht, eher weniger, denn wenn man rechtzeitig eingreift oder hilft und nicht nur daneben steht, wie ein Sozialarbeiter, entseht Obdachlosigkeit gar nicht erst. Folge: Am Ende nichts mehr zu tun, da die Menschen sich wieder selbst helfen können.
Kann es sein, dass du mit den Leuten noch nie etwas zu tun hattest? (Außer ihnen ein Stück Kuchen kaufen)
Ich weiß eins: Diese Menschen lassen sich deswegen nicht mehr helfen, da sie schlechte Erfahrungen insbesondere mit solchen Stellen gemacht haben, die zumindest dem Papier nach für soziale Belange zuständig sind. Man hilft eben nicht mit einem Nozizzettel, wenn man Geld oder eine Wohnung braucht. Der Grund für den Mangel muss abgestellt werden, und dafür braucht es normale Menschen, die für andere auch handeln. Alles muss aber rechtzeitig passieren, und Wasserköpfe oder Philosophen sind dafür nicht geeignet (->Versagen).
Der Grund für den Mangel muss abgestellt werden
Obdachlose sind nicht deswegen obdachlos weil ein Mangel an Wohnraum besteht. Sie sind obdachlos, weil sie im Leben gescheitert sind. Diesen Grund abzustellen bedarf es mehr Bildung. Das hilft den aktuellen Obdachlosen nicht, bewahrt aber andere davor, überhaupt erst obdachlos zu werden.
Und warum sind sie gescheitert? Weil die Menschen in diesem Land sie haben scheitern lassen; die Ignoranz gegenüber Problemen anderer ist groß. Und die Ignoranz geht sogar so weit, dass mit Menschen in prekären Lebenssituationen Geld verdient wird. Welche Leute das berufsmäßig machen, ist bekannt.
Treffe ich hier den Falschen? Ich weiß es nicht genau.
Und warum sind sie gescheitert? Weil die Menschen in diesem Land sie haben scheitern lassen
Natürlich. Stets sind die anderen schuld.
die Ignoranz gegenüber Problemen anderer ist groß
Ich habe schon drei Obdachlosen angeboten, meinen Hof zu fegen (Dauer ca. 30 Minuten), wofür sie 20 Euro bekämen. Bereit dazu war nie einer.
Wer ignoriert hier wohl Probleme?
Vielleicht sollte man sich - auch in der Weihnachtszeit, in der sich auf mysteriöse Weise plötzlich jeder ein paar Tage lang für Obdachlose, einsame Menschen und hungernde Kinder interessiert - eine ganz einfache Frage stellen: wollen die Obdachlosen überhaupt aus der Obdachlosigkeit raus?
Zufälligerweise hatte ich berufsbedingt eine Zeit lang Kontakt zu Mitarbeitern der Obdachlosenhilfe. Dabei wurden mir die skurrilsten Geschichten erzählt.
Viele Obdachlose lehnten direkt jedes Hilfsangebot ab, mit Begründungen wie "Hab' kein Bock, Miete und Steuern zu zahlen". Andere sagten zu, sich mit den Sozialarbeitern beim Amt zu treffen, tauchten dann aber nie auf. Einige wenige lehnten sogar warme Mahlzeiten ab und meinten ausdrücklich, sie wollten nur Geld haben.
Besonders spannend fand ich die Erzählung über einen bestimmten Mann, der klar sagte: "Warum sollte ich von der Straße weg? Hier kenne ich mich aus, ich weiß, welche Regeln hier gelten, ich habe Kontakte und sammle genug Geld, um nicht zu verhungern oder zu verdursten. Mit der Bürokratie, den Behörden, den Vermietern und dem Staat will ich nichts zu tun haben, das ist mir alles zu kompliziert."...
Der Mythos, dass nahezu alle Obdachlosen verzweifelt danach streben, wieder ins normale Leben zurückzukehren, ist eben genau das: ein Mythos. Viele haben sich im Laufe der Zeit an dieses Leben gewöhnt und haben gar nicht den Wunsch, etwas daran zu ändern.
Das ist die Realität, die dir jeder in diesem Milieu tätige Sozialarbeiter bestätigen kann und die häufig nicht gesehen wird.
in der Weihnachtszeit, in der sich auf mysteriöse Weise plötzlich jeder ein paar Tage lang für Obdachlose, einsame Menschen und hungernde Kinder interessiert ...
Interessiert, aber nichts tut!
Wenn ich das schon lese "in diesen Tagen" - bei Dir vielleicht.
Aus meiner Arbeit mit Obdachlosen weiß ich, dass hier nicht "die" Gesellschaft oder "die" Politik versagt hat, sondern das familiäre Umfeld des Obdachlosen und er selbst.
Da kommen immer mehrere Faktoren zusammen, einer davon ist eine Abhängigkeit oder eine psychische Erkrankung des Betroffenen, der von Anfang an seine Krankheit versteckt und sich gegenüber Hilfe abschirmt. Das macht es dem Umfeld und der Gesellschaft so schwer ihm zu helfen. Letztlich bleibt nur das Alleinsein.
Jedem Obdachlosen stehen immer alle Türen offen, doch weder Wohnung, noch Arbeit passen in die Lebensgestaltung. Oberstes Prinzip ist nämlich die Freiheit - und eine Wohnung muss man putzen/versorgen und Arbeit muss man machen und zwar pünktlich. Da tun sie sich schwer damit. Das funktioniert mal ein paar Tage, mit Glück ein paar Wochen, aber wem auch immer wir schon eine Wohnung besorgt und Arbeit vermittelt haben - nach einiger Zeit war er/sie wieder verschwunden.
Doch, Menschen nehmen Hilfe an, allerdings nicht mehr, wenn sie schon so tief gesunken sind. Sie stecken im Thema offensichtlich nicht drin!