Ist unsere Vielfalt wirklich gelebter Respekt oder nur eine Illusion, die wir uns selbst einreden?
Ist unsere Vielfalt wirklich gelebter Respekt oder nur eine Illusion, die wir uns selbst einreden?
In Deutschland wird viel über Respekt und Akzeptanz gesprochen – jeder sollte so sein dürfen, wie er ist. Vielfalt und Respekt sind wichtige Themen, doch ich bin überzeugt, dass wir uns das oft nur einreden. Wie stark seid ihr wirklich, wenn es darum geht, einen Menschen mit einer anderen Religion, einer anderen Hautfarbe oder mit einer Behinderung zu akzeptieren? Oder ist eure Akzeptanz und Vielfalt nur von kurzer Dauer? Reden kann jeder, aber die Umsetzung ist eine andere Frage! Akzeptiert ihr wirklich jemanden, der sich entscheidet, einer bestimmten Religion oder Gruppe beizutreten? Oder endet eure Akzeptanz, wenn jemand etwas anderes ist als ihr?
Ich denke, die Vielfalt, die wir so oft betonen, ist bei vielen Menschen nur von kurzer Dauer, und in Wirklichkeit kommen dann unsere Vorurteile zum Vorschein. Hat das in eurem Verständnis noch etwas mit echter Akzeptanz und Vielfalt zu tun? Was sind eure Gegenargumente? Würde mich interessieren, was eure Meinung dazu ist?
Lg, Gianpiero545
7 Antworten
ich bin ein sehr toleranter Mensch und komme somit gut damit zurecht, dass andere ganz anders sind als ich und auch ganz anders leben als ich - präferieren werde ich dieses anders jedoch nie
solange dieses "anders" sein und "anders" leben nicht plötzlich auch von mir verlangt wird, dass ich anders sein muss und anders leben muss, ist alles OK
mit Respekt hat das nichts tun
ach ja und noch etwas: es gibt unter uns Zeitgenossen, die tagtäglich die Toleranz und den Respekt von ihren Mitmenschen einfordern jedoch selber nicht bereit sind, ihnen genauso viel Toleranz und Respekt zu erweisen - und die habe ich "gefressen"
Das hängt von der Definition ab...
Respekt muss man sich grundsätzlich verdienen und Akzeptanz und Toleranz schließen sich oftmals gegenseitig aus. Wenn ich jemanden und/oder eine Meinung toleriere, aber Akzeptanz gefordert wird, wird gleichzeitig meine Meinung nicht respektiert und/oder toleriert.
Bedingungslose Akzeptanz schließt also oft, wenngleich nicht immer, die Akzeptanz anderer Meinungen aus.
Ich denke, das sind alles kraftvolle Schlagworte, mit denen man richtig umzugehen vermag. Respekt kann man sich nicht aussuchen und er beginnt dort, wo man anderen den Respekt entgegenbringt, den man sich selbst wünscht.
"Honorem honorantibus tribue" - „Ehre denen, die Ehre erweisen.“
Es gibt eine Reihe von Unterschieden, die man (und ich) problemlos akzeptieren kann und auch sehr gern mit uneingeschränktem Respekt begegnet. Allerdings hat das Verständnis eines jeden Menschen (auch von mir) Grenzen. Diese sind beispielsweise Prinzipien und Moral.
Daher stimme ich dir zu. Eine uneingeschränkte Gesellschaft der Vielfalt kann es nicht geben, da sich eine Gesellschaft immer an bestimmten Normen entlangbewegt. Und manches ist einfach unvereinbar miteinander.
Allerdings kann man natürlich versuchen diese Normen auszuweiten und ein breites Spektrum abbilden. Wichtig ist auch zu betonen, dass Akzeptanz überhaupt nicht notwendig ist. Toleranz ist bedeutender und zeigt den wahren Charakter eines Menschen.
Danke, das weiß ich zu schätzen! Es war in der Tat eine komplexe Frage, aber umso spannender, sich damit auseinanderzusetzen.
Zunächst muss man ja zwischen Akzeptanz und Toleranz unterscheiden :
Toleranz = aushalten, ertragen
Akzeptanz = gutheißen, annehmen
Tollerant bin ich sehr, ich halte eine ganze Menge aus. Gutheißen ist wieder etwas anderes, da bin ich dann schon wesentlich kritischer.
Was Hautfarbe oder Religion betrifft so könnte mir das egaler nicht sein, ich selbst bin Agnostiker, intressiere mich aber sehr für Religionen, daher freut es mich sogar mit jemandem reden zu können der seine Religion ausübt, egal welcher er angehört.
Im großen und ganzen kommts ja doch drauf an wie sich die Menschen im einzelnen Verhalten, auf ne ganze Gruppe kann man es eh nicht hochskalieren.
Toleranz hört bei mir halt spätestens da auf wo andere damit eingeengt werden, es gibt nämlich heute viele Menschen die zwar uneingeschränkte Akzeptanz fordern, sich selbst aber davon ausnehmen.
Ist unsere Vielfalt wirklich gelebter Respekt oder nur eine Illusion, die wir uns selbst einreden?
Gelebter Respekt ist es sicher nicht, Respekt muss man sich verdienen.
Meiner Meinung nach ist es etwas das mehr oder weniger erzwungen ist. Wir leben in einer sehr großen Gemeinschaft (80 Millionen), da brauchts einfach Regeln wie man miteinander umgeht sonst klappt es nicht.
Wenn man die Leute machen lassen würde wie sie es für richtig empfinden dann würde das nicht gut ausgehen.
Ich glaube es ist natürlich das der Mensch Dinge die er nicht kennt eher ablehnt und je fremdartiger etwas ist, desdo mehr Wiederstand gibt es normalerweise.
Das war schon immer so, das ändert sich nicht auf ein paar Jahrzehnte.
Diese Heuchelei die du hier ansprichst kann ich verstehen und möchte dazu folgendes sagen:
Wenn es um Werte geht sind sie alle die Besten aber sobald es an die praktische Umsetzung geht scheinen sehr viele (ca. 90%) eine Art extreme Vergesslichkeit zu haben oder ein anderes Wertesystem - ich habe es durchaus schon erlebt das Menschen XYZ sagen und direkt - keine Sekunde später - etwas anderes machen - und das aus voller Überzeugung das es richtig ist (frag bitte nicht nach Beispielen, ist lange her)
Zum anderen merke ich das aber auch bei mir - ich hatte und habe eine Zockergemeinde wo sich mal ein Rollstuhlfahrer gemeldet hat der gerne mitspielen wollte - wir sind grundlegend offen gegenüber allen aber ich weiß nicht mehr wieso aber es wurde klar als er beitreten wollte das es schwer werden wird und wenn ich tolerant sein will dies auch die Gruppe zerbrechen kann (z. B. weil ihn Leute die Treppe hochtragen müssten, es gab keinen Fahrstuhl) - ich will darauf hinaus das ich das erste mal richtig extrem bewusst gemerkt habe das auch meine Toleranz grenzen hat (das Thema hatte sich wegen eine Umzug dann eh komplett anders geregelt)
Worauf ich hinaus will ist das wir alle keine Superhelden sind die tolerant gegenüber allen und jeden sind und auch nicht sein müssen - allerdings bemesse ich persönlich einen Menschen daran wie sehr er bereit ist sich aufzuopfern - und da sind wir wieder bei den 90% wo man dann auch irgendwo Abstriche an seine eigenen Erwartungen machen muss weil man sonst total vereinsamt
Um das ganze zu einem Ende zu bringen: ich denke und finde nicht das man allen gegenüber tolerant sein muss und man kann auch gerne intolerant gegen irgendwas oder auch alles sein - jeder Mensch hat ein Recht dazu - es hatte lange gedauert bis ich diese Einsicht hatte das man ein Recht dazu hat nicht alles tolerieren zu müssen
Aber trotzdem sollte man es zumindest versuchen so weit es die eigene Schmerzgrenze zulässt - und vor allem keine Erwartungen haben als an sich selbst
Wir leben in einer ganz komischen Gesellschaft wo Worte oft etwas anderes sind als Taten - deswegen sagen auch viele man soll Menschen an Taten bemessen - aber (!) jeder Mensch hat gute Gründe warum er handelt wie er handelt
Danke, deine Argumente klingen sehr durchdacht und fundiert.