Gibt es menschliche Rassen?


30.04.2025, 15:51

14 Antworten

Nein. Es gibt keine Menschenrassen, das ist wissenschaftlich eindeutig belegt. Und es gibt auch keine biologische Rechtfertigung für eine Unterscheidung verschiedener Rassen beim Menschen. Siehe hierzu die Jenaer Erklärung. Ausnahmslos alle Menschen gehören derselben phylogenetischen Linie an, dem anatomisch modernen Menschen Homo sapiens sapiens.

Im Grundgesetz wird auch von Rassen gesprochen.

In jüngster Zeit gab und gibt es Bestrebungen, den Rassebegriff aus dem Grundgesetz zu streichen, gerade weil Rassen nicht existieren. Leider fand sich dazu aber noch keine politische Mehrheit, insbesondere die Union sträubt sich dagegen. Daher ist auch nicht zu erwarten, dass sich in der aktuellen Legislaturperiode daran etwas ändern wird. Das Saarland hat seine Landesverfassung beispielsweise 2024 schon geändert, hier heißt es jetzt statt "seiner Rasse" "aufgrund rassistischer Zuschreibungen."

Man darf nicht vergessen, dass das Grundgesetz und dieser Passus Ende der 1940er Jahre ausgearbeitet wurden; zu einer Zeit also, als selbst die meisten Nichtrassisten noch von der Existenz verschiedener Menschenrassen überzeugt waren. Dass es keine biologische Rechtfertigung für die Unterscheidung von Menschenrassen gibt, ist eine Erkenntnis, die sich erst in den vergangenen Jahrzehnten auch dank populationsgenetischer Studien durchgesetzt hat. Man kann beispielsweise noch in Grzimeks Enzyklopädie Säugetiere, von 1987-1989 erschienen, lesen, dass die Menschen darin in verschiedene "Rassekreise" eingeteilt werden.

Zudem wurde der entsprechende Absatz im Grundgesetz geschaffen, um genau das, was im Dritten Reich passierte, für die Zukunft zu verhindern. Die explizite Aufnahme des Begriffs "Rasse" entzog der kruden Rassenideologie die politische Grundlage. Das ist auch der Grund dafür, weshalb einige heute dafür plädieren, den Rassebegriff nicht aus dem Grundgesetz zu streichen. Sie erkennen zwar an, dass es keine Rassen gibt, sehen aber die Gefahr, dass Rassisten das ganz anders sehen und eine mögliche Streichung des Passus für ihre Zwecke missbrauchen könnten, wenn sie an die Macht kämen. Sieht man sich den enormen Zuspruch zu rechtspopulistischen Parteien an, ist das leider kein allzu unwahrscheinliches Szenario. Eine Änderung des Grundgesetzes bedarf also einer Umformulierung, die alle Menschen trotzdem vor Rassismus schützt.

Selbst zwischen einer Bulldogge und einem Wolf – beides Vertreter derselben Art (Canis lupus) -
liegt die genetische Differenz bei nur etwa 0,2 %, und doch unterscheiden sie sich deutlich im Erscheinungsbild und Verhalten.

Die verschiedenen Hunderassen sind aber phylogenetisch eindeutig unterscheidbare Linien. Die phänotypischen Unterschiede zwischen z. B. Dackel und Bulldogge sind konsistent, da die verschiedenen Linien über viele Generationen hinweg rein gezüchtet wurden.

Das ist beim Homo sapiens anders. Der Mensch zwar ist in der Tat eine phänotypisch hochvariable Spezies, die Merkmale sind aber zwischen den Populationen stets fließend und erlauben daher keine eindeutige Grenzziehung. Es gibt bei der Hautfarbe z. B. unendlich viele Schattierungen und Übergänge zwischen den Populationen, sodass sie eine eindeutige Abgrenzung verschiedener Rassen nicht rechtfertigt. Dasselbe gilt für alle anderen Merkmale, die in vergangener Zeit Rassenhygieniker heranzogen, um damit angeblich ihre rassistische Einteilung rechtfertigen zu können, z. B. Körpergröße, Nasen- oder Kopfbreite usw. Kein einziges phänotypisches Merkmal rechtfertigt die Differenzierung verschiedener Menschenrassen.

Ebenso lassen sich beim Menschen genetische Unterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen feststellen, die sich über lange Zeiträume unter unterschiedlichen Umweltbedingungen entwickelten.

Das ist falsch. Erstens ist der Mensch eine genetisch sowieso extrem homogene Art. Zwei beliebige Menschen haben, selbst wenn sie von verschiedenen Kontinenten kommen, 99.9 % ihres Genoms gemeinsam. Zum Vergleich: bei Schimpansen, unseren engsten lebenden Verwandten, ist der genetische Unterschied schon bei Angehörigen derselben Familiemgruppen größer.

Zweitens gibt es keine "rassespezifischen" grnetischen Merkmale. Tatsächlich haben populationsgenetische Studien (siehe z. B. Cavalli-Sforza 1999) in den 1990ern gezeigt, dass die genotypische Variabilität innerhalb der Populationen größer ist als zwischen den Populationen. Ein anschauliches Beispiel: in einem Dorf gibt es große Menschen, kleine Menschen, es gibt Blonde, Dunkelhaarige usw. Die Variabilität innerhalb des Dorfes ist also sehr groß. Zwischen zwei verschiedenen Dörfern ist die Variabilität hingegen klein, weil in einem anderen Dorf natürlich auch Große, Kleine, Blonde, Dunkelhaarige usw. leben. Unterschiedlich mag nur die Frequenz der verschiedenen Allele sein, die sich von Dorf zu Dorf unterscheiden kann. In einem Dorf leben z. B. mehr Blonde als im anderen. Die verschiedenen Allele sind aber trotzdem in beiden Dörfern vorhanden und keineswegs "dorfspezifisch".

Als Beispiel sei nur mal das Allel für Sicheltellanämie genannt. Es ist insbesondere in Afrika sehr häufig, weil die heterozygote Form der Sichelzellanämie einen gewissen Schutz vor schweren Malariainfektionen bietet. Das Sichelzellallel ist auch in der schwarzen Bevölkerung in den USA besonders häufig, weil deren Vorfahren ja als Sklaven aus genau diesen afrikanischen Malariaendemiegebieten entführt wurden. Das Sichelzellallel ist aber kein ausschließlich bei Schwarzen verbreitetes Allel und rechtfertigt somit nicht die Abtrennung einer Rasse der Weißen und einer Rasse der Schwarzen, da das Sichelzellallel auch im Genpool der weißen Bevölkerung verbreitet ist, nur halt eben mit niedrigerer Frequenz; in Deutschland gibt es nach Schätzungen z. B. etwa 2000 homozygote Träger.

Ein anderes Beispiel: das Allel für Rutilismus (rote Haare) kommt mit seiner größten Frequenz in Großbritannien und Irland vor. Mit etwas geringerer Frequenz kommt es aber auch in Deutschland und sehr selten sogar unter der schwarzen Bevölkerung in Afrika vor. Das Allel ist also kein typisches "Gen der Weißen."

Fazit: es gibt keinen genetischen Rechtfertigungsdrund für die Unterscheidung von Menschenrassen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Inkognito-Nutzer   30.04.2025, 13:53
Die verschiedenen Hunderassen sind aber phylogenetisch eindeutig unterscheidbare Linien. Die phänotypischen Unterschiede zwischen z. B. Dackel und Bulldogge sind konsistent, da die verschiedenen Linien über viele Generationen hinweg rein gezüchtet wurden

Ist beim Menschen genau so.

Zweitens gibt es keine "rassespezifischen" grnetischen Merkmale.

Ich erkenne z.B. einen schwarzen auch auf einem Schwarz-Weiß-Foto.

Wie geht das, wenn es keine rassenspezifischen genetischen Merkmale gibt?

Schon widerlegt oder nicht?

Hier ein Video dazu:

https://youtu.be/m0Spgq47xHg?si=QnroiN9bUmdSRfBE

Darwinist  30.04.2025, 18:26
@Inkognito-Beitragsersteller
Ist beim Menschen genau so.

Nein, eben nicht. Wie ich oben am Beispiel der Hautfarbe ausführlich erklärt habe. Die Merkmale sind graduell und nicht diskret.

Ich erkenne z.B. einen schwarzen auch auf einem Schwarz-Weiß-Foto.

Die Hautfarbe hat trotzdem keine Aussagekraft, weil es eben wie gesagt nicht nur Schwarze und Weiße gibt, sondern alle möglichen Zwischentöne.

Inkognito-Nutzer   30.04.2025, 13:58
Ein anderes Beispiel: das Allel für Rutilismus (rote Haare) kommt mit seiner größten Frequenz in Großbritannien und Irland vor. Mit etwas geringerer Frequenz kommt es aber auch in Deutschland und sehr selten sogar unter der schwarzen Bevölkerung in Afrika vor. Das Allel ist also kein typisches "Gen der Weißen.

Die Ausnahme ist nicht die Norm.

Zwei beliebige Menschen haben, selbst wenn sie von verschiedenen Kontinenten kommen, 99.9 % ihres Genoms gemeinsam.

Der Mensch teilt etwa 60 % seiner Gene mit der Banane und rund 98–99 % mit Schimpansen. Selbst zwischen einer Bulldogge und einem Wolf – beides Vertreter derselben Art (Canis lupus) - liegt die genetische Differenz bei nur etwa 0,2 %, und doch unterscheiden sie sich deutlich im Erscheinungsbild und Verhalten.

In jüngster Zeit gab und gibt es Bestrebungen, den Rassebegriff aus dem Grundgesetz zu streichen, gerade weil Rassen nicht existieren. Leider fand sich dazu aber noch keine politische Mehrheit, insbesondere die Union sträubt sich dagegen. Daher ist auch nicht zu erwarten, dass sich in der aktuellen Legislaturperiode daran etwas ändern wird. Das Saarland hat seine Landesverfassung beispielsweise 2024 schon geändert, hier heißt es jetzt statt "seiner Rasse" "aufgrund rassistischer Zuschreibungen

Weil es eine politische Agenda ist.

Darwinist  30.04.2025, 15:24
@Inkognito-Beitragsersteller
Die Ausnahme ist nicht die Norm.

Es ist keine Ausnahme. Rassen müssen sich durch apomorphe Merkmale von anderen unterscheiden. Also durch ein Allel, das exklusiv und nur in dieserganz konkreten Menschengruppe vorkäme. Ein solches Allel gibt es nicht. Damit erübrigt sich jede Diskussion.

beides Vertreter derselben Art (Canis lupus) - liegt die genetische Differenz bei nur etwa 0,2 %, und doch unterscheiden sie sich deutlich im Erscheinungsbild und Verhalten.

Das Argument wird auch nicht richtiger, wenn du es noch einmal wiederholst. Ich habe es bereits entkräftet (s. o.). Phänotypische Unterschiede sind nur dann zur Abgrenzung von Unterarten oder Rassen geeignet, wenn sie diskret sind. Das sind sie beim Menschen jedoch nicht, sie sind graduell. Ergo: wir können phänotypisch den Mensvhen nicht in Rassen einteilen. Jeder Versuch wäre absolut willkürlich, ohne jede wissenschaftliche Begründung.

Weil es eine politische Agenda ist.

Nein. Weil es keine Rassen gibt. Das ist ein wissenschaftlicher Fakt. Die Jenaer Erklärung wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verfasst, nicht von Politikern.

Es gibt keine Menschenrassen. Punkt. Das ist eine Tatsache, die wissenschaftlich belegt ist und über die es nichts zu diskutieren gibt.

Inkognito-Nutzer   30.04.2025, 15:50
@Darwinist
Phänotypische Unterschiede sind nur dann zur Abgrenzung von Unterarten oder Rassen geeignet, wenn sie diskret sind. Das sind sie beim Menschen jedoch nicht, sie sind graduell. Ergo: wir können phänotypisch den Mensvhen nicht in Rassen einteilen. Jeder Versuch wäre absolut willkürlich, ohne jede wissenschaftliche Begründung.

Warum spricht man bei Hunden von Rassen? Schließlich gibt es auch dort fließende Übergänge.

Müsste man dann nicht auch den Rassebegriff bei Hunden abschaffen?

Es gibt unzählige Mischlinge, und kaum ein Hund ist noch wirklich reinrassig.

Dann würde auch hier der Rassebegriff keinen Sinn machen.

Inkognito-Nutzer   30.04.2025, 16:05
@Darwinist

Gibt es Rassismus ohne Rassen?

Darwinist  30.04.2025, 18:23
@Inkognito-Beitragsersteller
Gibt es Rassismus ohne Rassen?

Siehe die Jenaer Erklärung: "Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung."

Darwinist  30.04.2025, 18:32
@Inkognito-Beitragsersteller
Warum spricht man bei Hunden von Rassen? Schließlich gibt es auch dort fließende Übergänge.
Müsste man dann nicht auch den Rassebegriff bei Hunden abschaffen?

Weil Hunderassen eigenständige, seit vielen Generationen rein gezüchtete phylogenetische Linien (Abstammungslinien) sind. Und weil sich die Phylogenie sowohl morphologisch als auch genetisch an rassespezifischen abgeleiteten Merkmalen (Apomorphien) belegen lässt. Beides ist beim Menschen wie ausführlich erläutert nicht der Fall. Es gibt bei unserer Art keine genetische und keine morphologische Grundlage dafür, bei Hunden schon. So einfach ist das.

Hinzu kommt, dass der Rassebegriff bei Hunden außerdem nie missbräuchlich verwendet wurde, beim Menschen durch die Nazis und andere Gesinnungsgenossen aber schon.

Agape8  30.04.2025, 16:07

Danke für deine Antwort 🙏🏼. Solche Antworten sind der Grund, warum ich gerne bei GF bin.

Im Grunde reden wir hier über das "Sandhaufen-Paradox"!

Natürlich kann man einen schwarzen ganz klar von einem weißen Menschen unterscheiden. -Das ist völlig klar.

Und natürlich gibt es auch unendlich viele Zwischenstufen! -Und hier wird es dann eine eindeutige Zuordnung irgendwann schwierig.

Hier ist ein Farbverlauf von grün zu blau.

Bild zum Beitrag

Niemand wird bestreiten, dass es die Farben grün und blau gibt, auch wenn man die Übergänge dazwischen nicht mehr klar zuordnen kann.

Also ja: es gibt Rassen. Aber eine eindeutige Zuordnung kann bei bestimmten Mischungen schwierig werden.

 - (Leben, Tiere, Aussehen)

Inkognito-Nutzer   30.04.2025, 16:17

Danke. Einer der es verstanden hat!

Man kann es Rassen oder Unterarten nennen, z.B. wie beim Sibirischen Tiger und Bengalischem Tiger, oder Kodiakbär und Grizzly u.s.w.

Heute nennt man das Ethnie, weils sich schöner anhört.

Und weil vermutlich jemand das Argument bringen wird, das Rasse nur bei gezüchteten Tieren genutzt wird, empfehle ich sich mal mit den zwei Themen "Selbstdomestikation des Menschen" und "kulturelle Separation" zu beschäftigen.


segler1968  30.04.2025, 11:22

Das ist nicht das Gleiche. Die Sorben sind eine andere Ethnie als die Friesen, aber sicher in keiner Form eine eigene Rasse. Ethnie hat mit kulturellem Hintergrund zu tun und nicht mit dem Phänotypen.

DickerOrk  30.04.2025, 11:27
@segler1968

Es ist in der Realität so ziemlich das Gleiche. Kulturelle Gruppen verpaaren sich intern weiter, wodurch sich Merkmale in dieser Population stärker durchsetzen. Beides ist eng miteinander verwoben.

Entweder gibt es verschiedene Rassen

Oder es gibt eine, die sich jedoch verändert hat.

Entweder durch Anpassung (wobei das wissenschaftlich (Stand heute )nicht möglich wäre)

Oder sie haben Defizite weiter vererbt

Oder sie haben sich mit anderen Rassen /Spezien gemischt