Wie soll ich nur mit ihm umgehen (Sex/Streit/Empathielosigkeit)?
Das Thema liegt mir wirklich wie ein Stein auf dem Herzen. Ich bin dankbar für jeden, der sich die Zeit nimmt den Text zu lesen. Ich habe gerade niemanden sonst zum Reden.
Mein Freund und ich sind seit einem guten halben Jahr zusammen und eigentlich läuft es auch gut. Nur ticken wir in vielen Dingen sehr anders. Ich bin ein sehr empathischer sensibler Mensch, er ist in vielen Dingen irgendwie keine Ahnung...unreif? Ich weiß nicht, wie ich das alles schildern soll ohne dass er wie ein Ar*chloch wirkt, denn das ist er nicht. Er liebt mich wie noch nie jemanden zuvor und zugegeben hat mich das am Anfang sehr überfordert. Ich hatte oft den Eindruck, er versucht mich zu beeindrucken oder zu beweisen, dass er gut genug ist. In meinen Augen ist sein Selbstwert nämlich nicht sehr hoch.
Womit ich gar nicht klar komme ist, dass er kein Feingefühl hat und manchmal Dinger bringt, wo ich richtig sauer werde, er aber keinen Plan hat warum und null Einsehen hat, auch wenn er sich entschuldigt. Bsp. Wir gucken eine Reportage, wo es ganz banal um die ,,Loverboy" Masche geht und anstatt Mitgefühl für die Opfer zu haben ist er eher der Meinung ,,selbst Schuld, wenn man solchen Leuten vertraut." Was das ganze noch schlimmer macht ist, er weiß, dass ich nicht genau dieses Thema, aber in meiner Jugend auch viele sexuelle Traumata erlebt habe. Er versteht auch nicht, warum ich nochmal zu meinem Vergewaltiger gegangen bin. Für mich war das ein Versuch Kontrolle zu bekommen, was ich ihm auch schon unzählige Male vorkauen musste, aber anderes Thema. Der Punkt ist, indem er diese Menschen als naiv und dumm bezeichnet, tut er dasselbe auch mit mir, weil ich in einer ähnlichen Situation war. Dass mich das wütend macht versteht er nicht und ist dann von meiner Reaktion genervt.
Letztens ist es ein bisschen ausgeahtet. Im Prinzip war es nicht nennenswert. Ihm ging es nicht gut, ich habe versucht ihn aufzumuntern und zu erklären, dass es doch nicht so schlimm ist und er hat einen Kommentar gebracht, der mich still zum Ausrasten gebracht hat. Er ist, wenn ich als Reaktion wütend werde, aber nicht in der Lage das auszuhalten und verhält sich wie ein Kind. Er entschuldigt sich, möchte kuscheln, sagt wie sehr er mich liebt. Eine richtige Diskussion ist somit nicht möglich und das ist anstrengend, weil ich mich dann in so ne Art Muttirolle gedrängt fühle. Als ob ich ihn wegen einer Auseinandersetzung nicht mehr lieben würde. Anstatt zu reden kommt immer nur ,,Schatz ich liebe dich."
Zum Thema Sex: wir können keinen normalen Srx haben, da ich aufgrund meiner Vergangenheit Vaginismus habe. War okay für ihn, denn wir haben nicht ganz so befriedigende aber gute Alternativen gefunden. Seitdem drängt er auch nicht mehr so sehr darauf. Ich fand es schon immer doof, wenn er immer wieder darauf kommt, warum dass denn immernoch nicht funktioniert und ob ich ihm nicht vertraue und so. Ich sagte ihm so oft, dass es nichts mit ihm zu tun hat, aber er kann das nicht verstehen. Er weiß nicht wie Trauma funktioniert obwohl er meiner Meinung nach selbst viele davon hat. Die einzige Sicherheit was Sexualität angeht hatte ich in Selbstbefriedigung gefunden und war und bin damit auch glücklich. Was ihn angeht: er kann nicht nachvollziehen, dass ich SB ihm vorziehen würde, obwohl ich das Gefühl voneinander trenne. Sex und SB sind für mich unterschiedlich und beides schön, wobei alleine einfach entspannter läuft. Trotzdem wirkt er immer bisschen genervt, was das Thema angeht. Er meinte, er hat kein Problem damit, solange wir regelmäßig unsere Sachen machen. Fand ich frech, dass er sich rausnimmt eine Bedingung daran zu Knöpfen, wann es okay ist dass ICH etwas mit MEINEM Körper mache.
Auch ist er sehr anhänglich und würde am liebsten 24/7 bei mir sein, was ich als zu viel empfinde. Auch hält er nichts von Urlaub mit Freundin, Mädelsabende ect, weil ,,warum sollte ich als Freundin ihn nicht dabei haben wollen."
Trotzdem ist er ein guter Mensch und Mann und ich liebe ihn. Ich will ihn auch nicht verlieren, aber ich bin oft am Ende meiner Möglichkeiten, wie ich ihn dazu bringen soll mich wirklich zu verstehen. Ich verstehe ihn, dass das mit mir nicht so einfach ist, aber das gehört halt zu mir und ich finde es ernüchternd, wenn mir daraus ständig negative Reaktionen kommen.
2 Antworten
Hi Fragestellerin,
das was du beschreibst ist leider nach einem halben Jahr bis neun Monaten fast normal. Die "Verliebtheit" weicht zu Gunsten des Alltages. Bei deinen Traumata kann ich dich sehr gut verstehen, dass Kontrolle, Sicherheit und auch jede Menge Ängste mitspielen, vor allem wenn er dich unter Druck setzt. Es ist dein absolutes Recht, zu entscheiden, wann und wie Intimität gemeinsam gelebt wird und bezüglich der Empathielosigkeit - willkommen im 21ten Jahrhundert. Irgendwie haben wir Menschen verlernt, wie ein miteinander umgehen und aufeinander zugehen funktioniert.
Ich hoffe das du wegen deiner gemachten Erfahrungen entweder schon therapeutische Begleitung hattest oder dir für deine Zukunft suchst, um immer besser damit klarzukommen.
Wenn Selbstbefriedigung dich in eine Art Entspannung führen lässt, dann ist das ein Zeichen, dass der von dir beschriebene Vaginismus eher situationsbedingt entsteht - das verstehe ich auch vollkommen. Es ist eine Art "Flashback", wann immer es zu einer intimen Situation kommt nehme ich an.
Mein Rat: Versucht einfach anstatt eine Unterhaltung oder Kommunikation, einen Dialog zu führen. Hier ein Beispiel, wenn man dafür immer die "Ich-Kommunikation" anstatt die "Du-Kommunikation" nutzt.
Als Beispiel:
"Wenn ich solche Situationen mit einem Loverboy sehe, dann fühle ich mich mit den Opfern verbunden, da ich es nachvollziehen kann aus diesen und jenen Gründen."
"Wenn ich eine derartige Situation erleben und dann Sätze höre wie "selber Schuld so naiv", fühle ich mich so, als würde ich angesprochen werden und das verletzt mich."
"Daher bitte ich darum, auf mich und meine gemachten Erfahrungen Rücksicht zu nehmen und hoffe auch darauf das ich weniger emotionalen Druck zu spüren bekomme."
Wenn das alles keinerlei Wirkung zeigt, man nennt das auch gewaltfreie Kommunikation - ich würde sagen "empathischer Dialog", dann bleibt dir leider keine andere Sache übrig, als irgendwann die Notbremse zu ziehen.
Ich hoffe der Rat hilft dir und du weißt nun, dass ein niemand sich die Zeit genommen hat, um es zu lesen und dich zu verstehen.
Kopf hoch, du bekommst das hin.
Dankeschön und es freut mich, wenn es dir geholfen hat. Dafür ist diese Plattform da und ich bin gerne ein niemand, um immer auch ein jemand sein zu können ;)
Ich habe das mit meinem Freund tatsächlich sehr ähnlich aber mi hat so extrem.
Also, ich könnte dir viel erzählen was alles schon passiert ist zwischen uns denn da sind einige Parallelen.
Mein Freund hatte am Anfang echt ein Drogenproblem – er hat extrem viel gekifft, war total unbewusst, null empathisch, sozial ziemlich unreif. Er hat aber komplett alleine damit aufgehört – kein Kiffen, kein Alkohol, gar nichts mehr. Er lebt jetzt komplett nüchtern.
Der Grund dafür war auch, dass er mich so sehr geliebt hat. Er hat verstanden, dass er sich verändern muss, wenn er mit mir zusammenbleiben will. Ich musste oft sagen, dass ich kurz davor bin, mich zu trennen, weil ich gemerkt habe: So wie es war, kann ich das nicht. Aber er hat sich darauf eingelassen, hat wirklich zugehört, sich Mühe gegeben zu verstehen, was ich brauche. Ich habe ihn auch gefordert. Also ich habe ihn emotional aufgefordert. ich habe tiefe Wunden auch aus ihm rausgeholt und er hat auch schon geweint und er war auch schon emotional an seinen Grenzen und das braucht eine Beziehung um zu wachsen. Man muss nicht versuchen, den Partner nicht zum weinen zu bringen oder sonst was das ist okay und das haben wir gebraucht und das hat
er gebraucht! Man schützt niemanden damit nicht zu reden oder sich zurück zu nehmen.
Er ist anhänglich, ja, aber nicht zu krass. Und was wichtig ist: Wenn wir Streit haben oder etwas ungeklärt ist, redet er mit mir bis tief in die Nacht, bis wir alles geklärt haben. Er interessiert sich dafür, wie ich mich fühle, was ich denke. Genau das sollte ein Mann können.Ich weiß ich rede viel von mir aber eben weil ich nicht viel von deiner Beziehung weiß
Du musst niemanden entschuldigen, der dich emotional im Stich lässt. Das ist echter Schmerz, und der ist genauso ernst wie körperlicher Schmerz. Bleib bei dir, spür, was du brauchst und was du verdienst. Du weißt es tief in dir. Ich wünsche dir ganz viel Kraft – und wenn du reden willst, ich bin da.
Weißt du, ich glaube, dass du gerade genau deshalb in so einer Beziehung bist, weil es dir etwas über dich selbst zeigen will. Nicht als Strafe, nicht als Zufall – sondern weil darin ein tieferer Sinn liegt. Man zieht nicht ohne Grund einen Menschen an, der in gewissen Punkten den eigenen wunden Kern trifft. Es ist oft genau dieser Schmerz, der uns dazu bringt, hinzusehen: Was braucht Heilung in mir? Wo ziehe ich noch Grenzen aus Angst statt aus Selbstliebe?
Es geht nicht darum, ihn zu verändern, sondern für dich selbst den Kern zu finden – was du wirklich brauchst, was du fühlst, was du verdienst. Erst wenn du das klar hast, kann sich auch etwas im Außen ändern. Vielleicht geht er mit, vielleicht auch nicht – aber du wirst bei dir ankommen.
Diese Beziehung spiegelt dir gerade vieles. Und ja, es tut weh. Aber sie kann – ob sie bleibt oder nicht – ein Schlüssel sein zu etwas sehr Wichtigem in dir. Halte durch. Du bist nicht allein.
Vielen lieben Dank für deine Worte und es tut mir Leid, dass deine Beziehung, auch wenn es sein musste um zu heilen, dir Kummer bereitet hat. Ich merke auch in meiner, dass ich viele Themen noch offen habe. Er ist wohl die erste Person, bei der ich mich traue mich zu ärgern und Wut, wenn auch gebremst, zu zeigen. Das ist etwas positives für mich und völlig neu. Ich denke auch, wenn ich ehrlich bin, oft an Trennung. Das kann auch mit an meiner Bindungsangst liegen, die schon besser geworden ist, aber natürlich nicht ganz weg geht. Kleine Dinge verletzen mich schnell sehr und ich neige dann dazu, sehr rabiate Gedanken zu haben, damit ich mich der Verletzung und dem Gefühl nicht aussetzen muss. Ich möchte aber auch nicht davon laufen, weil wir eben auch viele sehr schöne Momente haben. Das Problem, welches mich unterbewusst auch quält ist, dass ich genau weiß, er wird wieder in Depressionen fallen, wenn ich mich trenne. Ja ich weiß, ich bin nicht für seine Gefühle verantwortlich, aber der Gedanke ihn von mir zu stoßen und zu wissen, dass seine Welt wieder so grau und sinnlos wird, wie sie war bevor wir uns kennengelernt haben, tut mir weh. Ich liebe ihn ja trotzdem. Es fällt mir schwer, mich davon zu distanzieren, weil mir seine Gefühle sehr unter die Haut gehen. So wie du schreibst kennst du das Gefühl bestimmt auch.
Ich danke dir wirklich dafür. Tatsächlich hat mich so viel Mitgefühl gerade ein bisschen zu Tränen gerührt, weil diese Art von Kommunikation die ist, die ich mir immer wünsche. Deshalb bemühe ich mich auch immer auf das einzugehen, was du gesagt hast. Ich berichte aus meiner Sicht und meinen Gefühlen und will ihm ja auch nichts vorwerfen, sonder er und ich gegen das Problem. Nicht ich gegen das Problem. Leider funktioniert das aber nicht so, was für mich sehr frustrierend ist. Ja, der Vaginismus ist sehr situationsabhängig. Alleine im Prinzip fast alles okay, mit einem Mann keine Chance. Zu Beginn unserer Beziehung ging nichts, weil mich alles getriggert und angeekelt hat. Da haben wir schon Fortschritte gemacht. Wenn da seine Eifersucht nicht wäre😅 erst letztens habe ich mich auf seine Nachfrage hin getraut von meine Gedanken erzählen, wenn wir Sex haben. Er war gekränkt und hat ein riesen Thema daraus gemacht, dass ich währenddessen noch andere Fantasien im Kopf habe und nicht nur an das denke, was gerade passiert. So ist das, wenn man sein Leben lang auf seine Fantasie angewiesen ist, um Sexualität ausleben zu können, denn in echt könnte ich es nie umsetzen.
Achso und bevor ich es vergesse, du bist kein niemand :)