Wart Ihr gerne Teenager?
Oder findet / fandet Ihr es besser in älteren Jahren (z.B. 20er, 30er, 40er..) und warum?
25 Stimmen
12 Antworten
Ich hatte eine sehr unbeschwerte und sorgenfreie Zeit…
Für mich wurde es immer besser im Laufe der Zeit. Die Teenagerjahre waren definitiv nicht die schönsten.
Das war in den 2000ern, ich hatte eine schöne Jugendzeit - klar bin ich heute viel reifer und gelassener und entspannter, aber es war objektiv in Ordnung und es war eine schöne Zeit trotz aller Herausforderungen, mit denen wir klarkommen mussten. Sie war provinziell im eigentlichen Sinne, aber wir haben das Beste aus allem gemacht.
Es ging mir nicht schlecht und objektiv war's gut - ich hatte eine gute Familie, die trotz allem zusammen hielt, es gab geregelte Verhältnisse, man wusste, wo man dran war und ich hatte gute Freunde, eine nette Freundin, ein liebes Haustier, diverse Hobbys und war zufrieden. Ich hatte auch ein eigenes Zimmer, ein Radio, einen kleinen Fernseher (mit Zimmerantenne für terrestrisches Fernsehen, das war damals noch was um ca. 2004) und ging gern zu meinem Onkel, der um die Ecke wohnte.
Der Zeitgeist unter uns Jugendlichen der Jahrtausendwende war entspannt. Bei uns gab es kaum Internet, erst so in der späten Oberstufe setzten sich Internet, ICQ, Partyfans, Kwick und so was alles durch - die Zeit war um ca. 1998-2005 rum eine andere. Es musste außerdem nicht jeder Abitur haben und wir waren total unpolitisch - Politik war allenfalls was für unfreundliche, humorlose Streber, die Klavier spielten, einfarbige Hemden trugen und mit denen keiner was zu tun haben wollte, was jedoch auf Gegenseitigkeit beruht haben dürfte.
Die Schule war für mich ab der siebten Klasse in Ordnung, die Ausbildung war auch ordentlich - ich habe Industriekaufmann gelernt und hatte einen Betrieb, wo ich weder (wie andere) dauernd kopieren oder den Benz vom Chef waschen musste. Ich hatte mit 17 Jahren meine erste richtige Freundin, es war eine schöne Zeit und ich hatte mit 18 Jahren Führerschein und sogar ein Auto - einen steinalten beigefarbenen Audi 100, der mir die Möglichkeit gab, mobil zu sein.
Meine Heimatstadt war sehr trist und viele Möglichkeiten hatten wir nicht, aber wir haben das Beste draus gemacht - und es war mehr geboten als auf den ersten Blick gedacht. Klar war es Provinz und Vorstadt im eigentlichen Sinn, aber wir hatten auch unseren Spaß, wir hatten unsere Partys, wir hatten Filmeabende, McDonalds alle Zeit mal (vor allem als wir unsere Autos hatten), Hallenbad oder Freibad je nach dem, die SWR 3 Dance Night (wo man auch mal eine coole junge Lehrerin traf^^) - es war schon was geboten. Das Jugendhaus war ein schöner Treffpunkt, da waren wir unter uns.
Aber sonst waren wir irgendwie überall mehr oder weniger unerwünscht außer beim Pfarrer, der uns "Asyl" im Pfarrheim gab und das erwähnte Jugendhaus mit uns einrichtete - und dafür selbst angefeindet wurde. Alle anderen taten bestenfalls so, als würden sie uns verstehen und redeten sich um Kopf und Kragen, in Wahrheit wollten sie aber mit den Jugendlichen nix zu tun haben. Wir haben uns die Welt zwar so schön gemacht, so schön es möglich war in einer tristen Vorstadt - wir hatten nicht viel und echte Möglichkeiten des Entrinnens gab es für mich frühestens, als ich den Führerschein hatte, aber wir haben immer das Bestmögliche draus gemacht, obwohl es mit uns kaum jemand gut gemeint hat.
Eher haben böse und verbitterte oft sudetendeutsche Omas (die damals so 60-65 waren, wenn überhaupt, eher sogar unter 60, aber sie hatten Ansichten wie Hundertjährige) gemeine Sprüche aus dem Fenster auf die Straße gebrüllt und uns als asozial und schäbig und respektlos beschimpft, wenn wir einfach so zu zweit die Straße herab liefen oder mit dem Fahrrad fuhren ohne sonst was zu tun oder haben oft sudetendeutsche Opas (die waren besonders frech zu uns, warum auch immer) das Fenster ihres 190er-Mercedes oder BMW 520i runtergelassen und und uns wüst beschimpft, wie wir denn rumlaufen würden und dass man die Hände aus der Hosentasche nehmen sollte, dass wir alles Deppen seien, die sich noch mal umschauen sollen und dass es unschicklich sei, wenn man eine Coladose in der Hand hat und überhaupt, wir sollten uns doch mal in Grund und Boden schämen, denn wir würden ja nur "aggressive und englische und laute Musik" hören; kein Wunder, dass wir so blöd seien, wenn wir nur rumlaufen, die "falsche" Musik hören, Fahrrad fahren und Cola trinken.
Die damals meist ca. 55-jährigen Bürgermeister und Hauptamtsleiter taten auch immer ach so nett und verständig etwa in Sachen Jugend und waren immer so milde nach außen hin, wollten aber nur gut vor der Presse und der Landesregierung (Fördergelder!!) dastehen und haben uns sofort wieder getadelt, beschimpft und ausgelacht und für dumm verkauft und für unsere Kleidung und unsere Einstellung gerügt, so wie die Redakteure und die hohen Beamten vom Regierungspräsidium weg waren. Erst recht, wenn man eventuell "Ossikind", "Russenbub" (90er-Nachwende) oder sonst wie "Ausländer" war und dann noch wie wir so ein bisschen emomäßig angehaucht und kein "doller strammer Fußballbursche mit einer dollen Frisur, so richtig wie ein Hitlerjunge, net" (dafür wurde mal ein Gleichaltriger ca. 2004 ernsthaft von einem Rentner gelobt, dass er sei ... das Zitat fand ich erschreckend 60 Jahre nach dem Krieg), war man Freiwild und wurde beleidigt und von Erwachsenen gedemütigt und keiner sagte was. Hätte man sich beklagt, hätte man rosenkranzartig nickend und säuselnd die Antwort bekommen, man sei "ja aber bestimmt auch wieder frech gewesen, net" und habe "aber bestimmt wieder net pariert, net". Es hat uns eigentlich kaum jemand für voll genommen außer dem Pfarrer, ein paar wenigen Lehrern und ein paar netten Typen, die so zehn Jahre älter waren als wir. Auch Eltern waren oft sehr herablassend und ich merke im Nachgang, wie gut es mir ging - bei uns war es sehr spießig und für einen Teenager / jungen Erwachsenen oft erdrückend daheim, aber es war herzlich und ehrlich.
Man wurde sonst auf dem Postamt gepackt und weggezogen von Erwachsenen, die sich vordrängelten und keiner hat was gesagt; wenn irgendein Alter einem Fünfzehnjährigen draußen auf die Backe gehauen hat, weil er das Gefühl hatte, man habe ihn "nicht freundlich genug gegrüßt" traute man sich nicht es zu sagen, weil der Papa daheim gleich wieder eine fette Ohrfeige gegeben und dabei gesagt hätte ... der Herr XYZ hatte doch Recht, geh sofort zu ihm rüber und entschuldige dich und sei ja demütig und geduckt und biete ihm an, ihm zur Sühne zwei Wochen den Garten zu machen ... wehe wenn nicht, dann setzt es wieder eine, bis das Blut spritzt - ich habe solche Dialoge mit eigenen Ohren gehört und ich glaube zu wissen, dass es vielen damals so ging.
Überhaupt: Vor 20-25 Jahren mussten Jugendliche geduckt und demütig sein, zumindest in meiner Heimat. Alles andere war unerwünscht. Uns wurde jegliches Selbstbewusstsein von vielen Erwachsenen aberzogen bzw. sie haben es versucht und fanden das völlig in Ordnung - das hat nicht bei jedem geklappt und ich habe die Kurve auch gekriegt, manchmal klappte es aber schon und das teilweise mit tragischen Folgen, über die man an dieser Stelle nicht weiter ausführen muss. Mein Jahrgang ist schon nicht mehr komplett, mehr ist nicht zu sagen :-/
Was man sich im Rückblick gewünscht hätte wäre einzig (sonst war's ja in Ordnung) eine größere Wertschätzung durch Erwachsene. Wir waren nicht diese Idioten, für die sie uns hielten in einer Zeit, in der Erwachsene nur anderen Erwachsenen geglaubt haben. Wir wurden nicht nur für dumm gehalten, sondern auch regelrecht für dumm verkauft: Sprüche wie "ja, ja, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, zieht euch warm an und haltet euch immer gut mit eurem Chef, denn der hat nämlich immer Recht" und Hinweise in die Richtung, man solle "ja geduckt und demütig sein" waren nciht nur absolut nervig; uns wurde damit nur noch erneut vorgehalten, wir seien durchweg schlimme und blöde und primitive Unruhestifter, die sich nicht an Regeln halten und freche ungehobelte Tunichtgute, die alles kaputt machen und es nie zu was bringen würden, weil wir nichts arbeiten wollen würden und "keine von Schaffhausen" seien. Entwürdigend war das ohne nachtreten zu wollen aus meiner Sicht auch.
Aber andererseits muss ich sagen, dass die Stimmung subjektiv viel entspannter wurde, als die "Boomer" Anfang der 2000er die Generation ihrer Väter und Mütter ablöste, denn auch in der allgemeinen Gesellschaft waren verknöcherte alte Besserwisser und dauernd beleidigte und unfreundliche Sudetendeutsche dann nicht mehr so präsent. Die "Boomer", so um 1960-1970 geboren, waren oft als Lehrer und später als Arbeitskollege eigentlich cool und tolerant, offen, sympathisch und dabei trotzdem korrekt - sie hatten ein offenes Ohr und waren nicht so barsch und herrschsüchtig.
Heute ist indes wieder eine ganz andere Generation von Erwachsenen am Zug, die auch nicht ganz so ablehnend ist gegenüber der Jugend und sich NIE das trauen würde, was diese Leute mit uns damals taten - die Generation nach den "Boomern", die so um 1970-1990 geboren ist, zu der ich auch gehöre und die nach und nach in hohe öffentliche Ämter kommt, hat erneut einen anderen Draht und wir haben es nicht vergessen, wie distanziert und offen gesagt nicht selten respektlos und erniedrigend man uns gegenüber stand, deswegen wollen wir es anders machen und ich glaube, es gelingt uns auch. Ich gehe mit Jugendlichen wertschätzend um und merke, es kommt was zurück und sie vertrauen mir. Ich bemühe mich sehr, der Erwachsene zu sein, den ich als Jugendlicher gemocht hätte (nicht wegen "Coolness", sondern wegen Ehrlichkeit und Freundlichkeit) und ich glaube/hoffe, es gelingt mir. Ich glaube übrigens nicht, dass Jugendliche und junge Erwachsene heute noch genauso rumgeschubbst und für dumm gehalten werden wie wir damals - selbst auf dem Land dürfte man inzwischen weiter sein als ca. 1999-2007.
Land bedeutet in meinem Fall nicht nur Provinz, sondern reaktionäres Arbeiter-/Spießermilieu. Man aß nur, was man kannte und alles war sehr überschaubar. Selbst Partys spielten sich fast immer im selben Stadtteil und im eigenen Freundeskreis ab; wer bei uns damals einen Partner hatte, lernte ihn über Freunde kennen oder man war sich schon im Kindergarten das erste Mal begegnet. Auch wir Jugendliche waren eigentlich für die frühen 2000er bieder und erlitten der Reihe nach einen Kulturschock, als man den "Deckmantel" der Haupt- oder Realschule verließ und dort Jugendliche aus anderen Städten kennen lernte, die irgendwie weiter waren, was Materielles, was Mode und ähnliches anging und auch nicht so bodenständig gewesen sind. Das sah man vor allem im Kleinen: Magazine wie "Spiesser", die es an den Berufsschulen gab und die sich an die Kiddies aus der hippen Großstadt richteten, haben uns eher überfordert und befremdet oder auch verängstigt (!) als interessiert oder angesprochen. Ich selber konnte mit dem Heft nichts anfangen, mir war unsere Tageszeitung am Frühstück vertrauter. Andererseits: Wer "mehr" gewollt hätte, hätte in manchen Elternhäusern links und rechts grad so eine auf die Backe gekriegt und Hausarrest (jawohl, in den 2000ern noch - ich habe das vereinzelt bei Freunden erlebt).
Ich hatte eine glückliche Beziehung, mit der ich auch mit 17 mein erstes Mal hatte (war trotz Gipsbein wunderschön) und mit der heute noch Kontakt habe; ich hatte gute Freunde, nette Bekannte, das Jugendhaus und im Ganzen ein Umfeld, das damals schon echt okay war. Bestimmt war es das auch deswegen, weil ich nicht anders kannte und keinen Vergleich hatte, aber ich sehe noch heute keinen Grund mich zu beklagen. An der Realschule hatte ich eine doofe Klasse erwischt, in der es viel Mobbing gab und immer wieder Gedöns, aber meist gute Lehrer und die Kinder der anderen Klassen waren sympathisch, ich hatte Anschluss.
Ich war ein ruhiger Jugendlicher, der weder ständig gezecht hat (gut, ich hatte auch mal einen Filmriss an Silvester und trank auch mal "Libero Boonekamp" von Schlecker oder dieses Veltins V-Plus Curuba, das ca. 2006 schwer in Mode war) noch gepöbelt oder geprügelt; ich war nie ganz vorne dabei, aber auch kein Außenseiter - und ich habe mich auch nie irgendwie verstellt gehabt. Ich bin irgendwie gut bei den Mädchen angekommen, was ich mir lange Zeit selber nicht erklären konnte - wahrscheinlich mochten sie mich deswegen, weil ich kein arroganter cooler Supertyp war, der das Blaue vom Himmel gelogen und angegeben hat wie noch was, sondern der Freundliche von um die Ecke.
Wir hatten auch so unseren Spaß nach dem Motto ------> Spielesammlung und danach Flaschendrehen mit Judith und Mareike und Verena am 16. Geburtstag von der Ann-Sophie, die zusammen mit der Isabel feierte und wo man unter sich war^^ so irgendwie was, Veltins Curuba V-Plus gab's auch flaschenweise - und man fragte sich vorher, welches T-Shirt man über welches Langarmshirt und zu welcher schlabbrigen dünnen Cargohose trägt um "cool" zu sein und attraktiver auf Judith oder Mareike oder Verena oder Isabel/Issi zu wirken, die sich genauso angezogen haben.. war cool, die Nächte im Partyfans-Chat (des war schöööön^^) nicht zu vergessen ... wohl dem, der damals schon T-DSL hatte :-). Das absolute Highlight war fraglos immer mal wieder die SWR 3 Dance Night in der Stadthalle, natürlich im selben Outfit und mit den selben Freunden und Bekannten.. da traf man auch schon mal 'ne junge Lehrerin an der Bar ;-)
Ich gebe übrigens auch gern zu, dass ich als Jugendlicher in eine tolle Lehrerin und in die Sängerinnen Kristina Bach und Kate Ryan ein bisschen verknallt war & mir Sendungen wie den ZDF-Fernsehgarten extra ihretwegen ansah :-)
An meine Teenager-Jahre habe ich kein guten Erinnerungen. Demnach ziehe ich das älter sein eindeutig vor.
17 – 19 ist das beste Alter in körperlicher Hinsicht, aber auch die stressigste Zeit (Abschlussprüfungen, berufliche Orientierung, Führerschein machen etc.).
Von daher sind junge Teenies mit 14 fast besser dran, da interessieren die Schul-noten noch nicht so. In dem Alter ist die größte Sorge, ob man genug Geld fürs nächste Micky Maus-Heft zusammenbringt 😂
Wo lebst du denn? Mit 14 sind die meisten körperlich schon längst auf dem Niveau eines 18-jährigen. Und Mickey Mouse liest in dem Alter niemand mehr. Kann es sein, dass a) deine Teenager-Zeit schon ewig her ist und b) du schon seit Jahrzehnten keine 14-jährigen mehr gesehen hast?