Ist Kausalität objektiv in der Natur vorfindbar oder subjektiv konstruiert?
11 Stimmen
6 Antworten
Subjektiv/Objektiv sind hier nicht die richtigen Begriffe. Was du meinst ist vermutlich folgendes:
Kausalität ist immer angenommen. Sie kann nicht vollständig bewiesen werden. Aber die Wahrscheinlichkeit dafür, dass manche Prozesse in der Natur kausal sind ist unvorstellbar groß.
Wenn die Lampe auch nach millionen von malen in genau dem Moment leuchtet in dem du den Lichtschalter drückst, kannst du irgendwann davon ausgehen, dass entweder der Schalter die Lampe kausal anmacht, oder aber, dass dir jemand einen ganz besonders großen Streich spielt
Als Naturwissenschafter sehe ich das umgekehrt: Die Natur läuft nach Regeln und Gesetzmäßigkeiten ab. Diese Gesetze scheinen ganz überwiegend so zu funktionieren, daß aus der Gegenwart die Zukunft folgt: Wenn man ein System aus irgendwelchen Objekten, die irgendeine Art von Kraft aufeinander ausüben, zu einem bestimmten Zeitpunkt kennt, dann legen die Naturgesetze fest, was das System in der Zukunft macht. Daß das so ist, oder zumindest meistens so aussieht als ob es wäre, ist ein empirischer Befund, an dem man kaum kratzen kann.
Die Gegenwart legt also die Zukunft fest, und die Gegenwart ist nach demselben Prinzip von der Vergangenheit bestimmt. Das Universum funktioniert deterministisch, und es ist eine sprachliche Konvention, daß man sagt, die Vergangenheit sei die Ursache für die Gegenwart und die die Ursache der Zukunft: Gemeint ist, daß wenn man eines kennt, daß dann das andere über die Naturgesetze festgelegt wird.
Jetzt könntest Du einwenden, daß es in der Natur auch Indeterminismus zu geben scheint, z.B. im Chaos oder in der Quantenmechanik. Ja, es ist aber nicht klar, ob das große Auswirkungen auf die Realität hat.
Ein zweiter Einwand könnte sein, daß selbst in einer deterministischen Welt, in der alles über Ketten von Ursache und Wirkung festgelegt ist, wir als Menschen diese Beziehungen nicht notwendigerweise richtig erkennen können. Immerhin kennen wir die wirklichen Naturgesetze nicht, sondern basteln uns welche, die gerade gut genug sind daß sie das erklären können, was wir real beobachten, aber nicht besser. Da man zum Unterscheiden von Korrelation und Kausation immer eine Theorie braucht (eine direkte Wahrnehmung der Kausalität gibt es ja nicht), könnten wir von unseren eigenen Theorien und Formalismen auf Abwege geführt werden.
Das ist ein Argument, das in der Philosophie in der einen oder anderen Form eine lange Geschichte hat: Hume hielt die Kausalität einfach für ein Vorurteil, weil sie sich auf nichts Empirisches stützen kann, und Kant hielt sie für einen mentalen Filter, der allen Menschen gleichartig angeboren ist. Wenn dieser sehr skeptische Ansatz richtig ist, dann folgt daraus, daß Menschen Kausalität niemals richtig erkennen und zuordnen können, es sagt allerdings nichts darüber aus, ob in der Natur echte Kausalität vorkommt oder nicht (wie es die Empirie nahelegt).
Aber ich bin wiederum skeptisch, daß diese Skeptiker recht haben. Denn auch wenn unsere Theorien ihre Lücken und Probleme haben, so erlauben sie es uns doch, eine satte Menge nichttrivialer Technik zu bauen (Computer, Satelliten, Staubsaugerroboter), die auch wirklich funktioniert. So schlecht können unsere Theorien über die Natur also nicht sein, und da diese Theorien alle deterministisch arbeiten, muß die echte Struktur des Universums mit Determinismus und daher auch Kausalität in guter Näherung verträglich sein.
Nun könntest Du einen weiteren Einwand vorbringen, nämlich daß alle physikalische Theorien Probleme damit haben, etwas über das menschliche Bewußtsein auszusagen. Ja, aber das ist mir egal. Wenn ich alles im Universum verstünde bis auf die Frage, wie Menschen Entscheidungen über ihr Verhalten oder Denken treffen, dann wäre ich immer noch am Ziel aller Wünsche, etwas zu verstehen. Über sich selbst nachzudenken, führt vermutlich immer zu Paradoxien (Gödel).
Ein immer wiederkehrendes Motiv in diesen Diskussionen ist übrigens das binäre Denken vieler Philosophen: Für sie ist 99% oder auch 99.9% immer noch so schlecht wie 0%, weil es nicht 100% ist. Mit unserer Vorstellung über Kausalität, die allen von uns formulierten Theorien zugrundeliegen, können wir wahnsinnig viel verstehen und machen; empirisch (!) ist dieser Ansatz sehr erfolgreich, und deshalb glaube ich, daß er auch ein gutes Stück der objektiven Wirklichkeit abbildet.
Das Universum funktioniert deterministisch
Na, da streiten sich doch einige Leute... ;-) Selber denke ich mir dazu dies: Wir sind (kleine) Teilmengen in der Gesamtmenge "Universum", und Teilmengen können niemals alle Informationen der Gesamtmenge beinhalten, aufnehmen. So müssen wir uns durch die Gesamtmenge "hindurchknabbern", Was irgendwie Zeit braucht, "entstehen" lässt. Durchaus möglich, dass das Universum streng deterministisch ist, wir das aber grundsätzlich prinzipiell niemals erkennen können.
Die Kausalität ist objektive Realität. Sie existiert auch, ohne dass es Menschen gibt, die sie beobachten können.
Wir können Kausalität zwar nur erkennen, weil wir Zustände abspeichern und vergleichen können, trotzdem sind die Änderungen ja real, wenn der Speicher richtig funktioniert.
Ganz objektiv ist Kausalität in der Natur vorhanden.
Beispiele:
Die Sonne strahl Energie ab. Die Erde nimmt sie auf und erwärmt sich in der Folge.
Ein Auto fährt gegen eine Wand. Durch die dabei wirkenden Kräfte verformen sich Auto und Wand.