Habt ihr den Eindruck das in Deutschland heute jede politische Sichtweise gleich respektiert und ohne Konsequenzen frei geäußert werden kann?

Nein 81%
Ja 19%

42 Stimmen

14 Antworten

Nein

In Deutschland kann man prinzipiell jede Meinung äußern, das ist durch Artikel 5 GG garantiert. Aber das bedeutet nicht, dass jede politische Sichtweise automatisch gleich respektiert wird oder folgenlos bleibt.

Nicht jede Meinung ist gesellschaftlich akzeptiert. Wer zum Beispiel stark rechte oder rechtspopulistische Ansichten äußert, muss mit sozialer Ächtung, Jobproblemen oder Gegenrede rechnen. Dasselbe gilt in bestimmten Kontexten auch für linksextreme oder radikal-religiöse Positionen. Viele verwechseln Kritik oder öffentliche Ablehnung mit „Verbot“. In Wahrheit ist es meist so, dass eine kontroverse Meinung geäußert werden darf, aber eben auch auf Widerspruch stößt. Konsequenzen entstehen eher gesellschaftlich als juristisch. Heute ist Sichtbarkeit durch soziale Medien enorm. Eine einzelne Äußerung kann schnell breite Aufmerksamkeit und Druck erzeugen, positiv oder negativ. Dadurch wirkt es, als sei die Meinungsfreiheit stärker eingeschränkt, obwohl sie formal besteht.

LG aus Tel Aviv

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Globalgeschichte/ internationale Politik

CaptainJ847  25.08.2025, 14:20

Sehr gut beschrieben! Da hätte ich mir meinen Text unten ja fast sparen können 😀

Nein

Hallo Apfelkruste,

Nein, diesen Eindruck habe ich leider nicht.

Ich musste in der Vergangenheit wenn das Thema Politik aufkam leider immer schnell abbrechen, da manche Mitmenschen meine Sichtweise entweder nicht verstanden haben oder auch verstehen wollten.

Das finde ich immer etwas schade, aber noch schlimmer finde ich es, dass mittlerweile alles direkt mit Politik in Verbindung gebracht wird.

Selbst wenn es nur kleine Konversationen sind.

Ich hoffe ich konnte deine Frage beantworten und wir sehen uns irgendwann wieder.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Nein

Es werden Leute, die ein normales Leben führen und sich evtl. kritisch äussern von denkbefreiten Spezialisten direkt in die Nazi-Ecke gestellt.
Das ist immer wieder deutlich zu sehen.

Man ist nicht automatisch "politisch rechts", und erst recht kein Nazi, Rassist oder ausländerfeindlich, nur weil man gravierende Probleme offen anspricht, berechtigte Sorgen hat und Kritik an den Fehlern des politischen Systems übt!

Es ist falsch und feige, dass wir aus Angst vor Falschverurteilung nicht sagen, was wir denken.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

CK1986  25.08.2025, 14:39

Die einzigen, die immer wieder äußern, dass sie bei kritischen Äußerungen in der Nazi-Ecke stehen, sind die, die sich genau dort vorher selbst hingestellt haben.

Ich sage, was ich denke und äußere Kritik regelmäßig... ganz ohne Gefahr zu laufen, mich in irgendeiner Ecke wiederzufinden, weil ich vorher nicht in diese Ecke gehe.

Nein

Natürlich nicht. Wer etwas rechts ist, ist ja schon fast ein Nazi, wer gegen Massenmigration ist, Rassist und wer für Männerrechte ist, ist anscheinend gegen Frauenrechte und genauso andersrum.

Bestimmte politische Sichtweisen werden stark verurteilt und klar darf man sie frei äußern, aber sie werden eben nicht gleich respektiert

Nein, nicht jede politische Sichtweise wird gleich respektiert und entsprechende Äußerungen können Konsequenzen haben. Das ist auch vollkommen normal so! Ich versuche politische Sichtweisen und Äußerungen mal ganz grob in Kategorien zu packen:

1.) Dinge, die bereits breiter gesellschaftlicher Konsens sind (z.B. "freie Wahlen sind gut").

2.) Dinge, die zwar kontrovers sind, aber als Diskussionswürdig erachtet werden.

3.) Dinge, welche kategorisch abgelehnt werden weil sie der gerade vorherschenden Auffasung fundamental zuwider laufen. Diese darf man zwar äußern, sie werden aber als nicht diskussionswürdig erachtet. Sie unterliegen quasi einer sozialen Ächtung.

4.) Verbotene Dinge, die man gar nicht ungestraft äußern darf, weil sie gegen das Grundgesetz sind (Aufruf zum politischen Mord, versuch des etablieren von Monarchie/Diktatur/Gottesstaat whatever...)

Solche Fragen wie diejenige vom Fragesteller hier kommen insbesonderee deswegen auf, weil in den letzten Jahrzehnten viele Ansichten und Meinungen im öffentlichen Diskurs von Kategorie 1 oder 2 in kategorie 3 gerutscht sind. Seit wenigen Jahren rutschen auf einmal wieder Themen von 3 zurück in 2. Beides führt oft zum dem subjetiven Eindruck, dass man Dinge "nicht mehr sagen darf", oder das bestimmte politische Äusserungen "ungerechtiertigter Weise" mehr Gegenwind erfahren als andere, obwohl sie eigentlich alle gleichermaßen in kategorie 2 fallen "sollten". Oder umgekehrt, dass auf einmal (wieder) Themen gesellschaftsfähig werden, welche viele Jahre lang als kategorisch abzulehnen (kategorie 3) verstanden wurden.

Deshlab mein Fazit: Dass es diese vier verchiedenen Kategorien gibt ist normal und auch gut so! Welche Ansicht in welche Kategorie fällt, ist ein fortwärender Gesellschaftlicher diskurs. Streit und Ärger entbrennen immer an der unscharfen Abgrenzung, vor allem zwischen 2 und 3. Die Frage, was in kategorie 3 oder gar 4 abgeschoben werden soll, ist ja auch in der Tat stets sehr heikel...