Ist das Völkerrecht für Deutschland eine Zumutung?
Als die G 7 am 17. Juni eine Erklärung zum Angriff Israels auf den Iran veröffentlichten, wurde die UN-Charta als ein Kriterium für die Beurteilung der komplexen Lage nicht einmal erwähnt. Hervorgehoben wurde nur, dass Israel das Recht zur Selbstverteidigung habe, dass Zivilisten geschützt werden sollten, dass Iran die Hauptquelle für regionale Instabilität und Terror sei und dass man immer schon gesagt habe, dass Iran niemals Nuklearwaffen haben könne. Offensichtlich ist das keine vollständige Darstellung der rechtlichen Konstellation. Ausgespart wurde das Verbot von Angriffskriegen, das die UN-Charta ausspricht und dabei als Ausnahme nur Präventivschläge zur Abwehr eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs gelten lässt. Tatsächlich stellt die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm, auf die Israel reagierte, das Völkerrecht vor ein Dilemma: Das Recht auf Selbstverteidigung könnte sich im Extremfall als irreal erweisen, wenn es nicht an die Schnelligkeit und Totalität aktueller, etwa nuklearer Angriffstechniken angepasst wird. Das würde dafür sprechen, das Verständnis von unmittelbar bevorstehender Angriffsgefahr zu modifizieren. Doch eine Ausweitung der Berechtigung präemptiver Angriffe könnte andererseits das Recht selbst aushöhlen, da sie auch den Spielraum für Manipulationen erweitern würde. Die Lenker der führenden westlich dominierten Industrienationen allerdings gingen auf das Dilemma nicht ein. Sie lösten das Problem, indem sie es verschwiegen – so als spielte das Völkerrecht, das eben noch ihr zentrales Argument gegen Putins Angriffskrieg war, plötzlich keine Rolle mehr. Also doch Völkerrecht mit zweierlei Maßstab? Ein westliches und eins an das sich die anderen zu halten haben? Eure Meinungen sind willkommen, aber bitte wirklich zum Thema Völkerrecht und UN Charta.