Kann man als eine Person, die mal muslimisch war und lange Zeit nicht mehr an Allah geglaubt hat, irgendwann zum Islam zurück konvertieren?

4 Antworten

Das kommt drauf an. Orientiert man sich an den Rechtsschulen, so geht dies nicht:

Eine Sonderstellung nimmt die Apostasie im Sinne des Abfalls vom Islam (ridda, irtidad) ein. Im Koran werden der Fluch Gottes und jenseitige Qual als Sanktion genannt. Weitergehend verliert der Apostat (murtadd) nach klassischer Doktrin seine bürgerlichen Rechte und wird mit dem Tode bestraft. Man bezieht sich hierfür zum Teil auf Sure 4,88-89, die nach ihrem Wortlaut allerdings auf die Heuchler unter den Muslimen gemünzt ist, auf Sure 48,16 sowie auf Prophetenüberlieferungen. Viele wollen allerdings tätige Reue als Strafaufhebungsgrund anerkennen und verlangen zum Beispiel die Aufforderung zu solcher Reue bzw. eine Inhaftierung mit Bedenkzeit von drei Tagen.
El Baradie fasst den in den klassischen Quellen formulierten Tatbestand so zusammen, dass Apostasie vorliege, "wenn ein Muslim die dogmatischen Grundsätze des Islam oder die Gültigkeit der absoluten Ge- bzw. Verbotsnormen der <Sari'a> ableugnet und dementsprechend handelt." Der bloße Verstoß gegen entsprechende Normen gilt zwar als Sünde und unterliegt speziell dafür vorgesehenen Strafen, wird jedoch nicht als Apostasie gedeutet. Auch die Ablehnung von oder Zustimmung zu unter den Muslimen Umstrittenem wird nicht als Apostasie eingestuft. Hingegen wird die "Schmähung des Propheten" (sabb al-nabi) verbreitet als Variante der Apostasie gesehen und ebenfalls mit dem Tode bestraft, wobei viele Autoren keine strafbefreiende Reue zulassen wollen. Hier liegt ein Ansatzpunkt für die Verfolgung Andersgläubiger zum Beispiel im heutigen Pakistan bis hin zum Mord an Kritikern oder in den gewalttätigen Protesten gegen die Veröffentlichung von Muhammad-Karikaturen.
Historisch ist die drakonische Strafe für ridda wohl aus dem Krieg auf der arabischen Halbinsel in der Entstehungszeit der islamischen Gemeinde und der verbreiteten Abkehr vom Islam nach dem Tode Muhammads zu erklären (vgl. zu modernen Deutungen unten 2. Teil III.4.b). Reue (tauba) soll strafbefreiend wirken, wobei eine verbreitete Meinung hierfür eine Frist von drei Tagen ansetzt. Das Gefahrenpotential insbesondere bei weiter Tatbestandsauslegung ist erheblich. So qualifiziert zum Beispiel Ibn Rusd denjenigen, der den Wucher (riba; vgl. oben 4.e)aa) für erlaubt erklärt, als Ungläubigen (kafir), dessen Blut freigegeben sei und der getötet werde, wenn er nicht bereue. Im Zusammenhang mit dieser Haltung zur Apostasie ist zum Beispiel die Verfolgung der Baha'is im Iran und in Ägypten, der Ahmadis in Pakistan, Bangladesch und andernorts sowie das Fatwa (Gutachten) Chomeinis gegen Salman Rushdie zu sehen (vgl. noch unten 2. Teil III.4.b).
Auch unterhalb der Schwelle der Apostasie wurden - nicht gleichmäßig zu allen Zeiten und an allen Orten - angebliche religiöse Abweichungen teils mit großer Härte verfolgt. So wird von der Kreuzigung des vormaligen Gerichtszeugen Ibn Hatim al-Tulaituli in Cordoba im Jahre 464/1072 wegen angeblicher "Ketzerei" (zandaqa) berichtet. Man hatte ihn blasphemischer Äußerungen bezichtigt, unter anderem der Leugnung der göttlichen Attribute, der Geringschätzung Muhammads, A'isas, 'Umars und 'Alis sowie der Verneinung der Schicksalsbestimmtheit (qadar) und der Notwendigkeit, sich im Zustand der großen rituellen Unreinheit (ganaba) der rituellen Waschung unterziehen zu müssen. Gestritten wurde nebenbei auch über die Rechtsfrage, ob sein Vermögen seinen gesetzlichen Erben oder aber dem Gemeinwesen zufallen sollte.

Quelle: Das islamische Recht von Prof. Dr. Mathias Rohe, 3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2011, Seite 134-135.

Orientiert man sich an anderen, die den Kontext mehr berücksichtigen, so geht dies schon eher:

Ausführlicher diskutiert wird insbesondere der Problemkreis des Abfalls vom Islam (ridda; vgl. oben I. Teil IV.7.b)gg). In den meisten islamischen Staaten ist er nicht strafbar, wenngleich noch weitestgehend sozial geächtet. Viele moderne Autoren verweisen darauf, dass die Verfolgung Glaubensabtrünniger auf die historische Sondersituation der frühen islamischen Gemeinde in den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den heidnischen Mekkanern und nach dem Tode Muhammads zu beschränken sei. Damals waren viele zum Islam Bekehrte wieder abgefallen, so dass sich das junge Staatswesen existentiell gefährdet sah. Man deutet also den Vorwurf im weltlichen Sinne als Fahnenflucht oder Hochverrat. El-Awa stützt sich hierbei auch auf die hanafitische Lehre, wonach Apostatinnen nicht der Todesstrafe anheimfallen sollen, weil Frauen nicht in der Lage seien, gegen den islamischen Staat zu kämpfen.
Ein eng an die klassische Doktrin angelehnter, exemplarischer Ansatz ist der des vormaligen Rektors der Azhar-Universität Mahmud Saltut. Er führt aus, dass die Überlieferung, auf die sich die Todesstrafe (die Strafandrohung also) stützt, nicht von hinreichendem Gewicht für diese Sanktion sei (sunnat al-ahad, Überlieferung von nur wenigen Gewährsleuten, vgl. oben I. Teil II.3). Nicht der Unglaube sei Strafgrund, sondern nur die Bekämpfung der Gläubigen, der Angriff auf sie sowie der Versuch, sie vom Glauben abzubringen. Der Tatbestand wird damit - wie bei anderen Autoren - zum Staatsschutzdelikt. Außerhalb des islamisch beherrschten Territoriums kann er überhaupt nicht verwirklicht werden.
Die Koranstellen, auf die sich klassische Autoren zum Teil beziehen, werden heutzutage spezieller gedeutet und auf die historische Situation zur Zeit Muhammads beschränkt, so dass sich nach dieser Sicht keine diesseitige Strafe auf den Koran stützen lässt. S. A. Rahman fasst die klassischen einschlägigen Korankommentierungen zu Sure 5,54 ("Ihr Gläubigen! Wenn sich jemand von euch von seiner Religion abbringen lässt und ungläubig wird, hat das nichts zu sagen") mit den Worten zusammen: "Der wichtigste Schluss, der aus diesem Vers abgeleitet werden kann, ist derjenige, dass es für Apostasie keine im Diesseits vollstreckbare Strafe gibt, da solche menschlichen Irrungen Gottes Ziele nicht beeinträchtigen können". Zudem wird darauf hingewiesen, Muhammad habe zu Lebzeiten selbst in Fällen evidenter Apostasie keine Todesstrafe verhängt.

Ebenda, S. 268-269

Khaled706  18.08.2023, 12:36
Das kommt drauf an. Orientiert man sich an den Rechtsschulen, so geht dies nicht:

So ein Unsinn!

0
Khaled706  18.08.2023, 14:04
@BelfastChild

Ob das stimmt oder nicht, spielt keine Rolle. Darum geht es nicht in der Frage.

0
Khaled706  18.08.2023, 14:28
@BelfastChild

Ja, schon. Aber nicht richtig.

Kein einziger Gelehrter sagt, dass man zum Islam nicht konvertrieren darf, nachdem man ihn verlassen hat. Kein einziger!

0
BelfastChild  18.08.2023, 14:35
@Khaled706

Nun ja, wenn man wegen dem Abfall vom Islam getötet wird, kann man logischerweise nicht mehr zurückkehren. In Staaten wie beispielsweise Iran, Saudi-Arabien oder - wenn ich mich recht erinnere - Mauretanien kann man hierfür getötet werden. Und selbst wenn man nicht von staatlicher Seite aus getötet wird, lebt man gefährlich - selbst in Staaten wie Deutschland. Es gab mal eine Reportage hierüber.

0
Khaled706  18.08.2023, 19:38
@BelfastChild
Nun ja, wenn man wegen dem Abfall vom Islam getötet wird, kann man logischerweise nicht mehr zurückkehren.

Selbst in diesem Fall hat man die Möglichkeit zum Islam zurückzukehren.

Stichwort: Istitaba

Eine strengere Meinung wird du nicht finden können.

0

Keine Religion weist verlore Schaefchen ab. Nicht einmal der Islam. In einigen muslimischen Laendern wird eine Rueckbesinnung leider durch einen gewollten vorzeitigen Tod verhindert.

Hallo.

💭 | Alles Lob gebührt Allah.

Wenn jemand den Islam verlässt und sich dann dazu entschließt, zum Islam zurückzukehren, muss er bezeugen, dass es keinen Gott außer Allah gibt und dass Muhammad sein Diener und Gesandter ist. Wenn sein Abfall vom Glauben darauf zurückzuführen ist, dass er eines der Grundprinzipien der Religion geleugnet hat, kann seine Rückkehr zum Islam nicht vollständig sein, bis er das von ihm geleugnete Prinzip bekräftigt. Es gibt keine bestimmte Frist, innerhalb derer er zum Islam zurückkehren kann; Seine Reue wird akzeptiert, bis das Todesröcheln in seiner Kehle erklingt und seine Seele verschwindet. Wenn er innerhalb der Zeit, in der dies möglich ist (d. h. vor dem Tod), zum Islam zurückgeführt wird und er so viele islamische Pflichten wie möglich erfüllt, dann ist er ein Muslim.

Quelle: https://islamqa.info/en/answers/7057/how-does-an-apostate-come-back-to-islam

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Islamisches Wissen (Ahl-as Sunnah), von Bücher und Shuyukh.

Alles Lob gebührt Allah.

Wenn eine Person den Islam verlässt und dann beschließt, zu ihm zurückzukehren, muss sie bezeugen, dass es keinen Gott gibt, der mit Recht und Wahrheit angebetet werden darf, außer Allah und dass Muhammad Sein Diener und Gesandter ist. Wenn er vom Glauben abgefallen ist, weil er eines der Grundprinzipien der Religion (Islam) geleugnet hat, dann kann seine Rückkehr zum Islam erst dann vollständig sein, wenn er das Prinzip, das er geleugnet hat, bekräftigt hat. Es gibt keinen bestimmten Zeitraum, innerhalb dessen er zum Islam zurückkehren kann; seine Reue wird bis zu dem Punkt akzeptiert, an dem das Todesröcheln in seiner Kehle ertönt und seine Seele sich verabschiedet. Wenn er innerhalb der Zeit, in der es möglich ist (d.h. vor dem Tod), zum Islam zurückgeführt wird und so viele islamische Pflichten wie möglich erfüllt, dann ist er ein Muslim.

https://islamqa.info/en/answers/7057/how-does-an-apostate-come-back-to-islam

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Islamisches Wissen gemäß der Ahlus Sunnah wal Jama'ah