Wurdet ihr mal in Obhut genommen und wie war es?

2 Antworten

In Obhut nicht direkt. Ich wurde in den 80gern und 90gern groß. Ich hatte da mal eine Episode mit meinen Eltern. Wir waren sehr arm, meine Eltern bezogen nur Sozialhilfe. Bürgergeld gabs damals nicht und bei weitem nicht diese Gelder die den arbeitslosen heute so gegeben werden. Das Geld war Mitte des Monats weg. Schon allein, weil meine Eltern alle 2 Tage mit dem Auto in die 60 km entfernte Uniklinik fahren mussten, da mein Bruder behindert war und dort Gerinnungsfaktoren gespritzt bekam. Das ging ins Geld mit dem Benzin. Jedenfalls war Mitte des Monats das Geld weg und meine Mutter ist mit uns aufs Rathaus. Mein Bruder und ich saßen draußen im Flur vor dem Büro auf einer Holzbank. Meine Mutter diskutierte drin, wurde auch immer lauter. Sie wusste nicht wie sie uns ernähren sollte. Irgendwann kam sie heulend raus, gab meinem Bruder und mir ein Küsschen und meinte, der nette Mann vom Amt kümmert sich jetzt um euch und dann verschwand sie einfach und wir saßen da. Ne Stunde später holte uns die Tante ab und brachte uns zur Oma und da blieben wir dann ein dreiviertel Jahr. Und dann kamen wir zu den Eltern zurück. Ich glaube ich war da so um die 8 Jahre und mein Bruder 4. Ich habe daran nur noch bedingte Erinnerungen. Jahre später hatte ich ein Praktikum in dem Rathaus. Optisch hat sich nichts verändert. Der Geruch in den Gängen erinnerte mich immer an die Gegebenheit die damals war. Die Holzbänke sonderten einen süßlichen modrigen Geruch ab. Das blieb mir immer in Erinnerung. Vor 20 Jahren war ich das letzte mal auf diesem Rathaus, weil ich aus der Kirche austreten wollte und immer noch.... diese Jahrhunderte alten Holzbänke und dieser süßlich modrige Geruch. Sowas vergisst man nie.

Aber ich kenne mich noch anderweitig mit der Thematik aus. Ich arbeite in einer Kita und bei mir werden öfters Kinder in Obhut genommen. Es kommt immer auf die Situation an wohin man kommt. Bei einer Mutter mussten die 4 Kinder weggenommen werden, weil sie während Corona in die Messiesucht gefallen ist. Diese Kinder kamen zu Großeltern und Tanten. Bei einem anderen Kind wo die Mutter mit dem 8. Kind schwanger wurde, war eins der Kinder so eifersüchtig, dass es die Mutter immer in den Bauch boxte und wenn sie mal auf dem Sofa einschlief, hat er Spielsachen genommen und auf den Bauch der Mutter geschmissen. Sie hat das Kind zur Vorsicht dann schweren Herzens in eine Pflegefamilie gegeben. Erst kam es aber in eine Übergangsfamilie die solche Kinder immer für 2-3 Wochen auffängt, bevor sie weiter geleitet werden. Am Ende war das Kind dann in der Pflegefamilie. Zur Oma konnte dieses Kind nicht, weil die Oma über 13 Kinder hatte die selber alle irgendwo Probleme und Förderbedarf hatten. Die Pflegefamilie war ein Glücksfall für den Jungen. Der Mann Lehrer, die Mutter Managerin. Da ist richtig Kohle hinter. Das Kind war immer ein Förderkind bei mir in der Gruppe und als es in diese Familie kam war es 4 Jahre alt und bereits mit 5 Jahren war kein Föderbedarf mehr nötig. Sprache war tip top, Benehmen auch und es wurde eins meiner besten und pflegeleichtesten Kinder die ich je in einer Gruppe hatte. Es kam also nur aufs Umfeld an.

Wie wird es dir ergehen? Das kann man nicht sagen. Kommt immer drauf an wo du hin kommst. Kommt auch aufs Alter an. Wenn du 4 oder 5 bist sieht Obhut anders aus als mit 10-17 Jahren. Bei dir könnte es eine betreute WG sein, andere Familienmitglieder, Pflegefamilie oder Heim. Je nachdem wie lange es dauern muss. Heim ist eigentlich immer die letzte Lösung, da eine Unterbringung im Heim teurer ist als in einer Pflegefamilie. Ich denke mal wenn du dich gut benimmst, dich mit einbringst im Haushalt und Co, wirst du eine gute Zeit dort haben.


Pappstrohhalm 
Beitragsersteller
 04.02.2025, 14:03

Soweit ich das von meiner Therapeutin gehört habe, sollte ich in eine Wohngruppe kommen. Es war geplant, dass ich nach dem Klinikaufenthalt erstmal wieder nach Hause gehe, was nun nicht mehr möglich ist, da da mein Bruder ist, der mir früher vieles angetan hat. Eigentlich sollte er rausgeschmissen werden, aber ist dann doch wieder irgendwie nach Hause gekommen nach zwei Wochen. Jetzt gehe ich als überbrückungszeit in Obhut also so ne Wohngruppe mäßig bis ich in eine therapeutische Wohngruppe komme

Ich wurde nicht vom Jugendamt in Obhut genommen und bei mir in der Familie gab es auch nie Probleme. Für das Jugendamt war es auch kein Problem, als ich mit 17 Jahren bei meinen Eltern aus- und mit meiner ebenfalls 17-jährigen Freundin in eine Eigentumswohnung zusammengezogen bin.

Allerdings hatte ich in meinem Umfeld einen Fall der Inobhutnahme, aber auch nur weil ein Mädchen selbst darum gebeten hat.

Als 15-jährige ist sie mit einem 27-jährigen zusammen gekommen. Obwohl die Gerichte den 27-jährigen von jeglichen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs wegen erwiesener Unschuld freigesprochen wurden und sämtliche sexuelle Handlungen von dem Mädchen ausgingen, haben die Eltern ihr kein Wort geglaubt.

Weil sie die Beziehung nicht beenden wollte, wurde sie von ihren Eltern enterbt, was ihr egal war. Aber, dass ihr ihre Eltern nicht geglaubt haben, war für sie ein großer Vertrauensbruch, weswegen sie den Kontakt zu ihren Eltern abbrach und über Jahre gemieden hat und um die Inobhutnahme des Jugendamtes gebeten hat.

Sie sagt selbst, neben der Beziehung zu dem 12 Jahre älteren Mann, die nach wie vor Bestand hat, ihrer Hochzeit und der Geburt ihres Kindes war die Inobhutnahme eine der besten Entscheidungen ihres Lebens.