Womit lagt ihr in eurer Jugend total falsch, welche Meinung hat sich geändert?
11 Antworten
Ich (Jahrgang 1990) war ein relativ stiller Jugendlicher, der nicht unbedingt angeeckt ist und relativ pflegeleicht war, es gab aber auch Erwachsene, denen ich wegen meiner ruhigen Art zu trocken und zu gediegen, zu ruhig gewesen bin. Ich galt aber als "weit entwickelt, reif und intelligent", das sagten einige über mich. Bei vielem, was ich mir damals dachte, würde ich heute noch sagen, dass es stimmt und dass ich so falsch nicht gelegen bin - ich habe mir viele Gedanken gemacht, viele zu Papier gebracht und bin heute total froh, dass mir meine ganze Jugend in Form einer Art Tagebuch erhalten blieb.
Allerdings wurde ich sehr konservativ erzogen und in meiner Erziehung spielte es eine sehr große Rolle, dass sich Besitz über Masse definiert, ein Mann ein repräsentatives Auto brauche, am besten Mercedes oder einen großen Opel, und einen guten Anzug (Sakko usw.) und politisch interessiert zu sein habe, am liebsten im Bereich der CDU, und dass die kath. Kirche wichtig ist und ein guter Mann betont klassisch auftritt ... nach dem Motto, humanistische Bildung zeigen, wo es geht, aber eigentlich doch "tiefstapeln", andererseits Mercedes fahren oder wie bei uns Opel Senator und das auch immer betonen, denn sonst denken andere wohl, man sei zweitklassig oder hätte nix zu bieten.
Die Außenwirkung musste immer gnadenlos seriös um jeden Preis sein und es war in meiner Familie schon ein Problem, als ich mit 13/14 Jahren begann, durch ein eigenes Radio gern englischsprachige Popmusik zu hören (vorher hatte ich keinen eigenen Musikgeschmack) und wie andere coole dünne Langarmshirts und Cargohosen bevorzugt habe statt "klassischen" Sachen, die okay gewesen wären. Bei uns daheim herrschte eine Denkweise vor, laut denen man sich über Andersdenkende gern "ausgelassen" hat. Ich kann mich noch dran erinnern, dass es daheim hieß -----> wer einen Audi fährt, bei dem hat's zu mehr halt nicht gereicht.
Heute fahre ich selber zeitweilig einen Audi und trage am liebsten dünne Langarmshirts (auch zum Sakko), brauche keine Statussymbole und bin politisch zwar gebildet und interessiert, aber nicht direkt "politisch" orientiert. Einige aus meiner Familie hatten damit Probleme, aber ich bin zufrieden und mag mich und habe mir den Mut zur eigenen Meinung nicht nehmen lassen. Ich habe von daheim zwar einiges mitgenommen und es war nicht schlecht und durch meine konservative Prägung habe ich auch einiges gelernt, das echt wertvoll ist und mir oft die Türen öffnet (Umgangsformen, Gesprächskultur, Empathie und ähnliches) und mir beruflich ebenso half - aber ich habe auch gelernt, dass man nicht der seriöse Benz-Fahrer mit dem Anzug sein muss und auch nicht Klassik hören und politisch in der CDU sesshaft sein muss, um ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu sein ;-)
Habe übrigens einige solche Typen kennen gelernt, die ich als Jugendlicher für seriös gehalten hätte wegen all dieser Faktoren oder einiger davon, die aber ganz sicher nicht angenehm sind und die ich nicht nur innerlich total ablehne und ganz grässlich finde... ich will keiner von denen sein und weiß, dass viele sich zwar seriös geben, aber im Grunde genommen absolut daneben sind.
Eine ganze Menge ist es inzwischen.
In der Jugend hat man einfach nicht den Überblick über die meisten Dinge. Man darf der Jugend auch nicht den Vorwurf machen nichts zu wissen. Woher denn auch.
Es ist einfach die Lebenserfahrung. Die gibt es auch nicht zu kaufen.
Angenehme Erfahrungen und sehr unangenehme ergeben im Laufe der Jahre ein anderes Gesamtbild des Lebens. Davon kann sich keiner ausschließen.
Wichtig ist: Alles nicht so tragisch zu nehmen. Was immer gut weiter hilft ist eine gehörige Portion Humor. Wenn die Stimmung mal im Keller ist hilft einem die Gewissheit dass es nur immer besser werden kann.
Nicht verzagen - rein ins Leben.
Das Leben ist lang und man hat ja noch unendlich Zeit!
Wenn die ersten Leute im eigenen Alter versterben und man realisiert, daß man vermutlich schon über die Hälfte des eigenen Lebens rum hat, sieht man das ganz schnell ganz anders.
Wohlhabend und behütet aufgewachsen, wusste ich nicht, dass es harte Bandagen braucht, damit man gut durchs Leben kommt, um auch der nächsten Generation ein solches Leben zu ermöglichen. Der Stärkere gewinnt, das war immer so und wird immer so bleiben. Leider haben diesbezüglich viele Menschen Illusionen ( weil es ihnen zu gut geht).
Naja wenn Du deine finanziellen Mittel oder deine Familie, klug damit umgeht muss die nächste Generation nicht unbedingt hart dafür kämpfen
Ich kann "pupsnase2" nur zustimmen.
Als Jugendliche dachte ich mir immer, dass ich froh bin, endlich aus der Schule raus zu sein.
Jetzt weiß ich erst, wie schön es für mich persönlich dort war. Ich hatte jeden Tag meine Freunde um mich, habe nur Verantwortung für mich selbst getragen, konnte besser abschalten usw.
Hach, ich wäre gerne wieder 14. ;-)