Wird das Wort "Nazi" zu inflationär gebraucht?
Ich habe so das Gefühl, dass das Wort Nazi etwas zu viel genutzt wird und das man damit teilweise wirklichen Nationalsozialismus verharmlost. Heute ist man teilweise schon ein Nazi wenn man für geregelte Einwanderung ist. Auch die Wörter Rechts, und Rechtsradikal werden nicht mehr trennscharf verwendet. Das ist jedenfalls mein Eindruck. Für mich ist ein Nazi Jemand der die Ideologie von Hitler und damit auch eingeschlossen den Massenmord an den Juden gut findet bzw es waren ja nicht nur Juden sondern jeder der nicht in das Weltbild der Nazis gepasst . Heute ist konservativ sein für viele schon Nazi. Wie seht ihr das ? Wird das Wort Nazi zu inflationär benutzt ? Oder haben sich die Standards ab denen Jemand als Nazi gilt verändert ?
25 Stimmen
4 Antworten
Ist das gleiche Spiel wie mit dem Wort "linksgrün". Das wird inzwischen auch inflationär verwendet für alle Leute, die die AfD nicht wählen oder es sogar wagen, irgendwelche Pseudo-Patrioten zu kritisieren. Vielleicht sollte man sich von dem generischen links-rechts-Schema trennen (und vor allem die beiden Begriffe als Synonyme für "gut" und "schlecht" verwenden), dann wäre die Welt ein besserer Ort.
Ich hab die Tage gelesen, dass das (in der PMK gezählte) rechte Tötungsdelikt letztes Jahr dieser Fall war:
Der Täter war nicht der klassische Klischee-Neonazi mit Glatze, Springerstiefeln und Hakenkreuz-Tattoo. Das hat ihn aber nicht daran gehindert, an die Verschwörungstheorie der jüdischen Weltregierung zu glauben und ein deutscher Antisemit zu sein. Ich denke, das ist eher eine hässliche Nebenwirkung von Attila Hildmann (der bekanntermaßen auch die Juden nicht mag) und den falschen Telegram-Gruppen.
Worauf ich hinaus will ist, dass deine Beschreibung etwas zu kurz greift. Viele Leute verwenden den Begriff heutzutage als Beschreibung für Neonazis oder Rassisten. Ist vielleicht nicht zu 100% korrekt, allerdings muss man umgekehrt auch mit Leuten diskutieren, auf die die Beschreibung "Rassist" schon passt. Im Weltbild dieser Leute existieren Rassisten nicht wirklich, das sind "besorgte Bürger" oder "Patrioten". Das ist wieder das gleiche Spiel, nur umgekehrt.
Ich finde, dass es auch zur Meinungsfreiheit gehört, dass Firmen ihre eigenen Produkte so nennen dürfen, wie sie es marketingtechnisch (!!!) für richtig halten. Davon mal abgesehen ist die Gegenseite halt auch nicht besser. Remember, als die Dullis von Pegida Kinderschokolade boykottieren wollten?
"Die Toten Hosen" haben in einem ihrer Lieder ebenfalls das Wort "Zigeunerschnitzel" erwähnt.
https://www.youtube.com/watch?v=Zdyj1b6fN0A
trotzdem würde heutzutage niemand auf die Idee kommen, "Die Toten Hosen" als Rassisten zu bezeichnen (vor allem, wenn man beim Text von Sascha sonst mal zuhört). Man sieht an diesem Song aber auch, dass es 1993 noch total in Ordnung war, im Radio Rassisten zu beleidigen. "Schrei nach Liebe" von der anderen großen deutschen Punkband geht ja in die gleiche Richtung.
Und heute: Herbert Grönemeyer sagt auf einem Konzert "kein Millimeter nach rechts" und zack - schon steht der Mann in der linksgrünen Deutschlandhasser-Ecke.
Teilweise verstehe ich deinen Punkt, der Diskussionskorridor ist heute enger als vor 30 Jahren. An dieser Verengung sind aber beide Seiten gleichermaßen Schuld.
Es ist heute leider nur noch eine inhaltsleere Wortkeule, die geschwungen wird, um Andersdenkenden den Mund zu verbieten.
Wichtig wäre es aus der Nazizeit zu lernen. Einschränkung der Medien, Schuldzuweisungen an Minderheiten, die Überbetonung der Kleinbürgerlichkeit, die angeblich "bösen Eliten", Nationalismus ... finden wir auch heute noch in Deutschland. Vor allem da, wo der Nationalsozialismus nicht richtig aufgearbeitet wurde.
Ob man bei der Bezeichnung nun besonders politisch korrekt vorgeht oder es eher etwas flapsig ausdrückt, halte ich für weniger wichtig.
Um es mit den Worten einer Dame auszudrücken, die dem Nationalsozialismus ideologisch sehr nahe kommt:
"Die politische Korrrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!!!!
Als ich meinem Vater erklären wollte, was Faschismus ist (seine Definition: "rechtes A*schloch", das war im Zusammenhang mit diesem Urteil dass man die Afd so nennen darf) hab ich Hausarrest gekriegt😕
Man darf doch eigentlich nur Herrn Höcke als Faschist bezeichnen
Aber auch Rassist der Begriff hat sich ja sehr gewandelt ein Beispiel:
Früher war es total in Ordnung "Mohrenkopf" oder "Negerkuss" zu sagen.
Heute gilt man teilweise schon als Rassist wenn man sowas sagt.
Genau wie diese Zigeunerschnitzelsache.
Also ich finde schon, dass sich da die Standards bzw die Kriterien ab wann man ein Nazi ist geändert. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, dass sich diese Kriterien geändert haben das lasse ich jetzt mal offen.