Wie viel Mensch braucht es, um Mensch zu sein?

7 Antworten

Absolut definitionssache
Was menschlich ist und Teil eines Menschen ist oder nicht entscheidet jeder für sich, dafür gibt es keine Richtlinien/Werte, da unser momentanes Wissen dafür nicht reicht.
Spontan wäre das für mich ein menschliches Bewusstsein und die angeborene Genetik dafür. keine Prothese ändert etwas daran, und inwiefern unser Bewusstsein mit dem Gehirn korreliert wissen wir auch nicht.

Moin,

da ich mir nicht ganz sicher bin, ob du mit "Chip"/"Elektronik" letztlich Robotik als spezifisches Funktionssystem meinst möchte ich dir mit einer Antwort auf 2 Ebenen ggf. weiterhelfen:

  1. Mensch als humanistisch-ethischer Begriff und Anspruch in der Selbstdefinition
  2. Mensch als systemtheoretischer Kategoriebegriff

Dabei hängen beide Analyseebenen jedoch eng miteinander zusammen, da sich aus 2. auch Bedarf und Art der ethischen Anforderungen an unser Selbstverständnis ergeben. Denn Freiheit hat immer auch die Selbstverantwortung als die andere Seite derselben Medaille. OK.:

  1. Hierzu könnte man kurzerhand sagen, dass auch das Unmenschliche Teil des Menschseins ist. Da wird schnell deutlich, dass es bei dem Versuch den Begriff "Mensch" zu definieren und dabei von "Nicht-Mensch" abzugrenzen wohl um mehr geht, als nur die einfache und ausschließliche Zuordnung zu einer ethisch-moralischen Kategorie des "Guten". Der "gute" Mensch" wäre also nur als Möglichkeit des Menschseins als eine Teilmenge der Klasse "Mensch" einzustufen, nicht als Gesamtdefinition (-menge).
  2. Wenn du also letztlich die Frage der Nachbildung menschlichen Verhaltens durch robotisch-kybernetische Systeme meinst, reden wir über algoritmisch gesteuerte, im Rahmen einer Ist/Soll programmierten Selbstreferenz (Selbstbezüglichkeit) agierenden Systemstruktur. Das läuft schlussendlich auf die Frage nach dem Unterschied zwischen Leben und Maschine hinaus und die Folgefrage, ob Leben 1:1 auf künstliche Weise (KI) nicht nur (phänotypisch) dargestellt, sondern in seiner spezifischen Selbstorganisationssystematik durch KI-Konzepte erschaffen werden kann.

Meine Antwort wäre: Nein.

Das liegt nicht an der Frage, aus welchem Material >Leben< bestehen könnte, sondern an seiner systemischen Eigenart.

Warum also: Nein?

Hierzu ist wichtig, sich die Unterschiede von Systemen entsprechend ihrer eigenschaftsbezogenen Kategorisierungen in der Systemtheorie als wissenschaftlicher Forschungsrahmen hierfür anzuschauen.

a) Automat (simple lineare Input-Output - Verarbeitung / z.B. Getränkeautomat)

b) Regelkreisgesteuert regulierte Feedbacksysteme ( durch einen separaten "Operator" / z.B. Fliehkraftregler bei Dampfmaschine / Thermostat bei Heizungssystem / Bi-Metal bei Bügeleisen / Sensorik Waschmaschine u.s.w.)

c) Selbstbeobachtend gesteuerte, Feedbacksysteme (Kybernetik, Robotik, KI / z.B. Computer, Industrieroboter, ChatGPT, Autonome Fahrzeuge u.s.w.)

Aus diesem Ordnungsbereich von Systemen fallen d) offene Systeme als, sich selbst erschaffende Systeme (Stichwort >Autopoiesis<) heraus.

Warum?

Im Gegensatz zu c) bei denen Selbstbeobachtung im Rahmen ihrer System-Umwelt-Kommunikation Teil einer programmierten Zielentwicklung, also Mittel zum Zweck im Rahmen eines extern implantierten Auftrages ist, gilt für >Offene Systeme<, dass ihnen Selbstwahrnehmung und in der Folge Selbstentwicklung immanente Ursache ihrer System-Umwelt - Kommunikations-/Interaktionsdynamik ist.

Sie treten mit ihrer Umwelt also nicht primär in eine informationelle Wechselwirkung zum Ist/Soll-Abgleich einer programmierten Zielstellung, sondern, um Impulse zu erzeugen, bei deren Verarbeitung zu Informationen nicht nur Selbstorganisation, sondern auch Selbstwahrnehmung als permanentes Ziel der Aktivität zur Selbstorganisation entstehen. Offene Systeme sind Leben, weil sie er-leben und diese Informationen primär zu Selbstwahrnehmungserlebnissen verarbeiten woraus sich dann sekundär auch Notwendigkeiten ergeben, Formate und Routinen für die Selbstorganisation zu entwickeln.

Man könnte auch sagen KI-Systeme werden programmiert im Rahmen aufgabenbezogener Zielentwicklungsprozesse - Offene Systeme formatieren sich selbst im Rahmen eines offenen Prozesses der Selbstentwicklung. Sie produzieren sich ihre Ziele im Laufe ihrer Selbstentwicklung selber. Ihre System-Umwelt - Interaktion schafft zufallsbehaftete Freiräume als Informationsverarbeitungs-/Erlebnismöglichkeiten, um über den Prozess der Informationsintegration Selbstwahrnehmung als Selbstformatierung zu generieren.

OK. Ich könnte jetzt noch vieles mehr dazu sagen / schreiben. Aber ich denke, meine Antwort ist schon jetzt lang genug.

Aber es gibt ja Internet und unter dem Stichwort >Systemtheorie< u.ä. wirst du sicher weitere interessante vertiefende Anregungen zu dem Thema finden.

In Buchform würde ich dir als Einstieg u.a. "Wie wir uns selbst erfinden" - Heinz von Förster (seinerzeit der "Wissenschaftspapst" am M I T, USA für Kybernetik) oder "Der Baum der Erkenntnis" - Autopoietische Systeme (Maturana / Varela, Biologen) empfehlen. Aber es gibt da noch viele viele andere wissenschaftliche Kapazitäten im Bereich >Systemtheorie< in ganz unterschiedlichen Anwendungsgebieten.

Gruß

Der Mensch hat keine Seele, er hat ein Bewusstsein, das durch Sprache bestimmt ist. Die Sprache, das ist der Geist, nach dem immer vergeblich gesucht wurde. Die individuelle Sprache repräsentiert einen Teil des kollektiven oder gesellschaftlichen Bewusstseins, den man beim Erlernen der Muttersprache übernimmt und damit seinen Geist, die Sprache und das Bewusstsein, seinen Bedürfnissen und Interessen entsprechend, generiert.

Wenn es gelänge, den Bewusstseinsprozess auf einer technischen Basis zu generieren, würde diese Technik dem Menschen zwar haushoch überlegen sein, würde sich aber nur vom Bewusstsein, sprich hier vom Geist des Menschen leiten lassen, d.h. ohne dass es zu diesen schrecklichen Hollywood-Dystopien kommen würde. Ich bin überzeugt, dass das eines Tages möglich sein wird. Nur das wird in ferner Zukunft vom Menschen übrig bleiben: - seine wirklich intelligente Technik, die sich selbst regeneriert und den Aliens von uns erzählen kann.

R4c1ngCube 
Fragesteller
 28.03.2024, 12:22

Ich denke auch, dass das Bewusstsein stark mit der Sprache zusammenhängt allerdings gibt es

- Menschen die stumm sind (die dann wohl oft in Bildern o.ö. denken)

- Sprechende Menschen, die dennoch nicht beim Denken diese Stimme im Kopf hören

Also erscheint mir Sprache nicht notwendig für Bewusstsein

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würde sich aber nur vom Bewusstsein, sprich hier vom Geist des Menschen leiten lassen

Den Teil habe ich leider nicht verstanden

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User321412849  28.03.2024, 13:04
@R4c1ngCube

Sprache ist absolut notwendig für ein menschliches Bewusstsein. Ein Bewusstsein ohne Sprache ist wie das Bewusstsein eines Kleinkinds, das nur aus Wahrnehmung und Empfindung besteht, aber das wäre für ein richtiges Leben zu wenig ..: Um sich Erkenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten anzueignen, Erfahrungen zu sammeln, bedarf es der Sprache oder einer Ersatzsprache, die der menschlichen Kommunikation noch gerecht wird.

Die Sprache ist genau der Geist, nach dem immer vergeblich gesucht wurde. Menschen, die stumm sind könnten ohne Ersatzsprache nicht wie normale Menschen leben, sie sind und bleiben Ausnahmeerscheinungen. Wie auch immer das empfunden wird, wenn man sich etwas vorstellt, denkt oder musiziert, der innere Monolog, - es sind akustische Ereignisse, die wir hörend wahrnehmen und dies geschieht automatisiert, d.h. ohne Konzentration auf das Wahrnehmen.

Der Geist steht für das kollektive o. gesellschaftliche Bewusstsein o. Gedächtnis, und meint hier im Besonderen auch das positive humanistische Weltbild, mit dem wirklich intelligente Technik existieren würde.

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Würde man die gesamte Funktion des Gehirns durch Elektronik/einen Chip ersetzen

Das ist nichts möglich. Nicht nur jetzt, sondern nie. Das Leben des Menschen würde dann aufhören. Ansonsten wäre es wie ein enges Gefäß für die Seele, so stelle ich mir das vor, wenn man von vielen Implantaten reden. Doch gänzlich das Gehirn ersetzen? Unmöglich. Es ist das komplexeste Kunstwerk im Universum. Maschinen werden niemals fühlen, doch das kann der Mensch.

Diese Frage oder eine Form davon stellten sich schon die alten Griechen, siehe "Schiff des Theseus". Beantworten kann sie dir hier keiner. Was ich dir sagen kann ist dass man bereits seit Jahrzehnten an "Whole Brain Emulation" forscht - mit null vorzeigbaren Ergebnissen.

R4c1ngCube 
Fragesteller
 28.03.2024, 04:07

Danke für den Verweis - die Idee mit dem 2. Schiff ist genial :)

Im Moment hoffe ich noch auf eine Glaubensperspektive, die meisten Antworten sind ja eher naturalistisch/philosophisch

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RayVin  28.03.2024, 04:08

nice, daran musste ich auch direkt denken! wobei die Frage hier mMn einen anderen Kern hat, weil es hier um eine Veränderung des Grundzustands geht (prothese,chip) und nicht einfach nur eine Erneuerung wie es beim Körper durch Zellerneuerung alle paar monate eine ist. Aber parallelen sind definitiv da

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