Wie verreist man mit Pferd?
Hallo,
ich möchte meine Frage etwas präzisieren:
Heute sah ich einen Pferdtransporter-Konvoi (Privatwagen + Transporter + Anhänger). Sie hatten lt. Nummernschilder eine Strecke von über 800 KM zurückgelegt. Ein Auto hätte ca 7-8 Stunden benötigt. Ein Pferdetransport bzw. Anhängergespann wohl länger.
Was wird für die Pferde gemacht bei solch einer Strecke?
Einem Hund gewährt man Gassi-Gänge und Pausen. Ich glaube kaum, dass man ein Pferd auf einem Rastplatz "Gassi-führt". Wäre sicher zu riskant, falls was passiert. Immerhin ist es groß, kräftig und ein Fluchttier.
In den Verschlägen können sich die Tiere nicht groß bewegen oder gar hinlegen, oder? Ist das dann nicht eigentlich eine Tortur für die Tiere? Wie läuft solch eine Reise ab?
7 Antworten
Wie so eine lange Strecke genau geplant und durchgeführt wird, ist nicht zuletzt auch vom Pferd abhängig. So sollte man vielleicht mit einem jungen Pferd eher einen Zwischenstopp mit Übernachtung machen als mit einem Turnierpferd, dass das Reisen gewöhnt ist. Auch wird man ein sensibles Pferd auf kürzeren Zwischenstopps nicht ausladen, wohingegen gut trainierte Distanzpferde teilweise auf Zwischenstopps ausgeladen werden und sich ein paar Minuten die Beine vertreten dürfen bevor es weiter geht.
Einen sehr interessanten Reisebericht über ein Distanzpferd an einem internationalen Ritt im Ausland verlinke ich dir hier. Hier wird sehr ausführlich beschrieben, woraus es bei so langen Strecken mit Pferd ankommt.
https://open.spotify.com/episode/1CBBhLDQKvJv2VR2Hr0eLr?si=pBP8_cVXTj6CR3Ym4fIryg
Wow! Vielen Dank für diesen Link - mehr als interessant!!!
Abgesehen davon, dass ein Autokennzeichen nicht wirklich aussagekräftig ist betreffs der tatsächlichen Strecke: Bei einer übermäßig langen Fahrt muß man eine Übernachtung an einem Reiterhof einplanen. Oder man nimmt einen Lastwagen, darin stehen die Pferde deutlich komfortabler als im Anhänger .
Deffiniere Transporter - manchmal wird das Pferd in einem Kleinlaster transportiert, und im Hänger befinden sich Futter und Equipment.
Wenn ein Pferd sich mal eine Nacht nicht hinlegen kann, macht das nichts. Das kommt auch ohnedies öfter mal vor. Ist zwar nicht ideal, aber aus unterschiedlichen Gründen durchaus nicht völlig unüblich.( Alter, Krankheit, fehlendes Gefühl von Sicherheit…).
Und ja, da hast du durchaus recht: Man sollte unterwegs ein Pferd niemals ausladen, wenn nicht wirklich für Sicherheit in einer ausgiebigen Pause gesorgt ist.
Das Pferd hat während der Fahrt ein Netz voll Heu in Reichweite, an dem es sich auf ruhigen Strecken gütlich tun kann.
Man muß nur gelegentlich mal beim Anhalten einen Eimer Wasser geben.
Und ja, das Ausbalancieren von Richtungs - und Tempowecheseln ist in gewisser Weise anstrengend fur das Pferd, und hat daher während der Fahrt auch schon eine Art „Bewegung“; es liegt ja nicht auf einem Kissen wie ein Hund. 😉
Auch läßt es seine Exkremente einfach da fallen, wo es sich grade befindet. Es kann garnicht wie ein Mensch oder ein Hund „warten“. Auch dafür ist also kein „Gassi“ notwendig.
Gegen Langeweile hilft ein Sichtfenster, und im Idealfall ein zweites Pferd an Bord. Turnierpferde sind ans Fahren gewöhnt. Mit Pferden, die da weniger geübt sind, vermeidet man nach Möglichkeit lange Strecken.
Immer mit Equidenpass
Wenn du dein eigenes Pferd transportierst – etwa zu einem Turnier, zum Tierarzt, auf die Weide oder in den Urlaub – dann gilt der Transport in der Regel als privat. Solange kein Geld verdient wird, du nicht im Auftrag Dritter fährst und keine fremden Pferde dabei sind, gelten weniger strenge Vorschriften.
Du brauchst keinen Sachkundenachweis, keine spezielle Zulassung für das Fahrzeug und keine Transporterlaubnis vom Veterinäramt. Aber: Die grundlegenden Vorschriften des Tierschutzes gelten trotzdem – also das Tier darf nicht verletzt, krank oder transportungeeignet sein, der Anhänger muss rutschfest, gut belüftet und verkehrssicher sein. Bei längeren Fahrten (über 8 Stunden) musst du auch als Privatperson sicherstellen, dass das Pferd regelmäßig Wasser und Futter bekommt.
Transporte bis 65 km Luftlinie (z. B. zum Tierarzt oder nahegelegenen Reitplatz) gelten rechtlich als "nicht unter EU-Transportrecht fallend", da sie als kurz gelten.
Bei längeren Strecken (z. B. 200 km zum Turnier) musst du darauf achten, dass das Tier unterwegs versorgt werden kann – Pausen, Heu und Wasser sind also Pflicht, auch ohne amtliche Vorschrift.
Wenn du ins Ausland fährst, wird es komplizierter: Dann brauchst du je nach Zielland oft ein Gesundheitszeugnis, aktuelle Impfungen (z. B. Influenza) und ggf. Grenzformulare. Auch hier gilt: privat ist erlaubt, aber du musst alle tierseuchenrechtlichen Bestimmungen einhalten.
Gewerblicher PferdetransportImmer einen gültigen Equidenpass
Sobald du fremde Pferde transportierst, egal ob du Geld dafür bekommst oder es "freundschaftlich" machst, kann es/wird es als gewerblicher Transport gewertet – und das zieht viele Pflichten nach sich.
Du brauchst dann:
- einen Sachkundenachweis (für alle Personen, die Pferde verladen, fahren oder betreuen),
- eine Zulassung als Transportunternehmer Typ 1 oder Typ 2, je nachdem ob die Fahrt unter oder über 8 Stunden dauert,
- ein zugelassenes Transportmittel, das bestimmten technischen Anforderungen entspricht (z. B. Lüftungssystem, rutschfester Boden, Tränkvorrichtung, Temperaturüberwachung bei Langstrecken),
- und du musst jeden Transport dokumentieren: Wer ist gefahren, welches Pferd, Route, Pausen, Gesundheitszustand.
- Notfallplan, wer kann bei Zwischenfällen auf der Strecke wo helfen?!?
Bei Langstreckentransporten über 8 Stunden gelten besonders strenge Vorschriften. Es darf z. B. nur mit Transportunternehmer-Zulassung Typ 2 gefahren werden, mit GPS-Tracking, Temperaturüberwachung im Anhänger und Tränksystem für die Tiere. Auch Versorgungszeiten (z. B. Fütterung mindestens alle 8 Stunden) und eine maximale Transportzeit von 24 Stunden mit anschließend 24 Stunden Ruhe sind Pflicht.
Wow, deine Antwort ist wirklich ausführlich, doch ich habe weder ein Pferd noch werde ich je eins transportieren. Und ich glaube, wer sich einen Transporter mit zwei Stellplätzen kauft, weiß schon was er macht. Besonders, wenn er im Konvoi mit anderen Pferde-Leuten fährt.
Aha!?! Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. In D scheint doch sonst immer alles korrekt zu laufen - was TÜV und Co betrifft. Aber ja, überall gibt es diese schwarzen Schafe.
Was jedoch das Tierwohl betrifft - da wird wohl manchmal einiges schief laufen - nett formuliert. Sieht man auch bei anderen Transporten.
Nein, solche Strecken sind kein Problem, dauert es länger, plant man irgendwo eine Übernachtung mit Box/Weide ein.
Die Pferde haben Heu im Anhänger und können fressen und bei Pausen werden sie auch getränkt.
"Gassi" geht in die Streu.
Und hinlegen möchte sich kein Pferd auf so einem hupsenden Untergrund, die müssen stehen, um sich auszubalancieren. Dabei lehnen sie sich auch gerne an die Seitenwände oder vordere/hintere Verschlusstange.
Und gerade die "Enge" ist ein Sicherheitsaspekt, damit die Tiere nicht stürzen, Panik bekommen und wild herumstrampeln.
Gassi geht in die Streu :-))))
Ich hatte eigentlich eher an die Bewegung gedacht - aber ja, du hast recht. Auch dies ist Teil vom Gassigehen.
Also gibt es Pausen wo man sie auch etwas "betüttelt". Immerhin ist Autofahren eh langweilig - und die Pferde sehen meistens nicht von der Umgebung.
und die Pferde sehen meistens nicht von der Umgebung.
Was beim Fahren durchaus auch von Vorteil ist: Pferde reagieren sehr schreckhaft auf optische Reize oder ungewohnte Dinge, die sie sehen, aber nicht kennen. Und eine Autofahrt ist voll mit solchen Reizen.
Und was Du als Fahrer keinesfalls willst, ist, dass das Pferd hinten im Anhänger anfängt, Speck zu machen - vor allem nicht plötzlich bei 80 auf der Autobahn. Und wenn Du dann noch zwei drin hast, die sich aufschaukeln ... viel Spaß :-)
Och, die bewegen sich durchaus ... das Balancehalten während der Fahrt ist durchaus "Bewegung".
Ach, Pferde brauchen nicht so viel Abwechslung, Langeweile mögen die ganz gerne, das Fahren an sich ist schon "interessant" genug und Rausgucken ist bei vielen eher kontraproduktiv ... denk man, wenn Lastwagen vorbeipreschen, da können sich ängstliche Kandidaten schon erschrecken.
Das Ganze ist ja keine Wellness-Tour, sondern halt "Transport" ... da ist die Sicherheit das Wichtigste.
Und ja klar, man braucht ja als Fahrer auch Pausen und während dieser schaut man, ob im Anhänger alles in Ordnung ist, usw..
Ha - an mein Balancebrett habe ich nicht gedacht - Danke für den Hinweis.
Noch eine Frage:
Ist es wahr das man bei manchen Pferden einen Pferdekollegen/-tröster/-begleiter mitnimmt? Und wenn, hilft das wirklich?
Ja, das gibt’s. Und ja, das hilft. Aber weniger wortwörtlich gegen „Langeweile“, sondern um dem Herdentier Sicherheit zu vermitteln.
Früher hatten manche Leute auf den Turnieren sogar eine Ziege dabei als „Ersatzpferd“ zur Gesellschaft. Manche waren da wohl ganz eigen und stiegen nicht in den Hänger ohne ihre Ziege.😆
Ja, ein Kumpel ist immer nett.
Gibt dem Pferd Sicherheit.
Aber ... ein Vielfahrer braucht das auch nicht unbedingt, also kein Thema, Pferde auch alleine zu transportieren.
Ich glaube mal in einem Film gesehen zu haben, dass sie einem teurem Pferd (Galopper o. ä.) ein Pony beistellten. Sie hatten sich im Stall angefreundet und das Pferd wurde ruhiger wenn der Kleine dabei war. Oder so ähnlich. War rührend! Und ehrlich - wer kennt solche "Tröster" und Freunde nicht?
man hält an, tränkt die pferde, füllt ggf. die heunetze nach und bleibt mal eine halbe oder dreiviertel stunde stehen, damit die pferde ein bisschen dösen können und nicht permanent bewegung ausgleichen müssen.
pausen sind vorgeschrieben.
Danke für die ausführliche Antwort. Da alle Wagen + Anhänger + Transporter das gleiche Orts-Kennzeichen hatte, gehe ich mal davon aus, dass sie aus diesem Ort kamen.