Wie lange braucht man, um sich an die Lebensweise als Rollstuhlfahrer zu "gewöhnen"?

6 Antworten

Das ist individuell vollkommen unterschiedlich. Ich bin seit 11 Monaten rechts hüftexartikuliert, habe also nur noch ein Bein. Da meine Beckenkorbsbeinprothese sehr unbequem ist und das gehen auf/in ihr weht mühsam ist, nutze ich sie fast nie und gehe einbeinig auf zwei Unterarmstützen oder benutze meinen manuellen Aktivrollstuhl oder meinen E-Rollstuhl.

In der Freizeit bin ich meist einbeinig auf Krücken unterwegs, manchmal auch in meinem manuellen Rollstuhl.

Arbeiten tue ich immer in meinem E-Rollstuhl, da das am sinnvollsten und praktischsten ist, da ich dann noch eine Hand frei habe, gleiches gilt für die Hausarbeit in meinem Einfamilienhaus.

Am Anfang war meine Einbeinigkeit und meine Beckenkorbsbeinprothese und meine Rollstühle auch schrecklich für mich, ich habe viel geweint und fand auch meine Hilfsmittel wie Du seltsam und abstoßend.
Als ich das erste Mal in einem Rollstuhl saß, fand ich es furchtbar von nun an für immer einen großen Teil meiner Fortbewegung in einem Rollstuhl machen zu müssen.

Auch war es mir sehr unangenehm mich in meinem Rollstuhl einbeinig in der Öffentlichkeit zu zeigen, gleiches galt auch für das einbeinige gehen an Krücken in der Öffentlichkeit.

Am Anfang war es echt schlimm für mich, in der Reha wurde es dann von Tag zu Tag wirklich besser und nach ca. 8 Monaten hatte ich meine neue Lebenssituation , meine Einbeinigkeit, meine Behinderung und meine Hilfsmittel vor allem auch Rollstühle angenommen.

Da mir natürlich klar war das mein rechtes Bein nicht mehr nachwächst und ich für immer nur noch ein Bein haben werde, musste ich zwangsläufig das Beste daraus machen. Das ging am Ende der Reha immer besser, und seit ich wieder zuhause in meinem Haus und im Beruf bin, richtig gut.

Ich habe mir einen wirklich chicen manuellen Carbonrollstuhl und einen wirklich chicen elektrischen sehr wendigen Rollstuhl zugelegt.

Sie gefallen mir wirklich gut, ich fühle mich in beiden wohl und sie sind mir eine große Hilfe.

Inzwischen sehe ich meine beiden Rollstühle extrem positiv, denn sie ermöglichen mir auch als einbeinige Frau ein mobiles aktives Leben.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Rollstuhlfahrerin, rechtsseitig Hüftexartikuliert

Sitze temporär in so einem Rennwagen, wegen gebrochenen Rücken. Hab einen manuellen, den ich kaum nutze, und einen viel genutzten elektrischen. Meine Wohngegend ist sehr bergig, wo ich mit dem manuellen nichts anfangen kann.

Mir ist der Rollstuhl eine große Hilfe und hasse ihn deswegen nicht. Hab mich jedoch schnell daran gewöhnt, Fortbewegung ist eben z.Zt nicht anders möglich, außer evtl auf dem Boden zu kriechen, was sehr kontraproduktiv wäre.

Würde ich länger darin sitzen müssen, würde ich mich nach einem Tracking Rollstuhl (ohne E-Antrieb) suchen, denn ich möchte auf bestimmte Hobbys nicht verzichten.

Ich würde mich damit eben abfinden, dass ein Rollstuhl Bestandteil meines Lebens sein wird. Klar, andere Optionen hätte ich ja nicht.

Selbstmitleid lag nur noch nie, dafür liebe ich das Leben viel zu sehr.

Ich lebe in Israel. Da geht man mit eingeschränkter Mobilität ganz anders um. Selbst unsere Soldaten zeigen eine Lebensfreude, wenn sie auf so'n Rennwagen angewiesen sind, unvergleichbar mit Deutschland.

Viele setzen sich da erst gar nicht erst rein, gewöhnen sich z.B. an künstliche Beine, Gelenke, etc. und spielen damit sogar Fußball.

https://youtu.be/w22RdYHbT1k?si=Oamp15JI8jcu0Sc4

Es liegt also immer an einem selber, was man daraus macht.

Ich hab keine persönliche Rollstuhl-Erfahrung, glaube aber, dass man im Rollstuhl auch andere beeindrucken kann. In der Kantine, wo ich viele Jahre lang aß, begegnete ich oft einem Rollstuhlfahrer ohne Beine, der mit gefühlt 70 km/h durch den Korridor schoss, da konnte man sich nur noch mit einem Hechtsprung in Sicherheit bringen. Hatte er es mitsamt vollem Tablett zum Tisch, zu seinen Kollegen geschafft, sah das so aus als ob er für Sekundenbruchteile die Schwerkraft ausschaltete um vom Rollstuhl auf den Stuhl zu schweben.

Ein Anblick, der mich auch schwer beeindruckt ist, mit welcher Leichtigkeit ein Rollstuhlfahrer ohne fremde Hilfe sein Auto benutzt. Rollstuhl kommt neben die Fahrertür, schwupp auf den Sitz, und dann gelingt es vom Fahrersitz aus mit einem raffinierten System aus Strippen den Rollstuhl durch die linke hintere Schiebetür zu verfrachten und diese zu schließen.

Ich hab sogar mal einen Rollstulfaher Motorrad fahren gesehen. Das Motorrad hatte einen Seitenwagen, und er schaffte es vom Rollstuhl aufs Motorrad und den Rollstuhl zusammenzuklappen und im Seitenwagen zu verstauen.

Auch ein querschnittgelähmter Pilot war neulich im Fernsehen zu sehen. Einziger Schönheitsfehler: er bat den Fluggast vom Fernsehen, er möchte doch bitte den Rollstuhl mal in den Hangar schieben. Der hätte doch mit an Bord gehört.

Das hängt, Sophia717, sicher von deiner Bereitschaft ab dich auf Mitmenschen einzulassen, denen es geht wie mir:

Ich bewundere RollstuhlfahrerInnen - wie geschickt und selbstbewusst sie unterwegs sind!

Hallo,

das hängt sehr stark von deiner Einstellung, deinem Umfeld und dem Modell ab, welches du nutzt. Nicht jeder Rollstuhl ist für jede Umgebung und jede Behinderung gleich gut geeignet. Manche Menschen tun sich schwer ihre Behinderung zu akzeptieren.

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin selbst mehrfachbehindert und studiere