Wie gefällt euch der Beruf des Rechtspflegers?

4 Antworten

Guten Morgen Malia,

ich studiere momentan Rechtspflege und bin im letzten Jahr des Studiums, gerade in diesem Moment ist meine letzte Vorlesung diese Woche vorbei! 😊

Würdet ihr dazu raten das Angebot anzunehmen? Wie gefällt euch der Beruf und wie hat euch das duale Studium gefallen?

Das kommt natürlich ganz darauf an, wie deine Interessenlage ist. Wenn dich Recht und Gesetz interessieren, kann ich auf jeden Fall dazu raten. Mir persönlich gefällt die Thematik, dieses schematische Arbeiten und das genaue Lesen und analysieren von Normen. Was sagt mir dieser Paragraph? Welche Varianten und Alternativen kann ich dem Satz entnehmen? Sowas muss dir zu einem gewissen Grad natürlich auch liegen. Besonders spannend finde ich eben, dass der Rechtspfleger kein einzelnes Rechtsgebiet hat, sondern dass umfassende Kenntnisse aus vielerlei Rechtsgebieten wie bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Vollstreckungsrecht, Strafrecht und vielem mehr im Studium vermittelt werden.

Dadurch, dass man in so vielen verschiedenen Rechtsgebieten ausgebildet wird und arbeiten kann, hast du als Rechtspfleger (beispielsweise) auf dem Vollstreckungsgericht den vollen Durchblick, was sich auf einem anderen Gericht abgespielt hat, bevor der Fall zu dir kam und du weißt auch genau, was der zuständige Rechtspfleger auf dem Grundbuchamt, bei dem sich der Gläubiger eventuell als nächstes melden wird, mit dem Fall tun wird. In der Justiz läuft das alles wie ein Uhrwerk miteinander zusammen, was ich persönlich sehr spannend finde - und wenn man Rechtspflege studiert hat, dann hat man da auf jeden Fall einen ganz genauen Überblick.

Ein weiterer großer Vorteil ist natürlich auch, dass du schon als Student mit der Dienstbezeichnung "Rechtspflegeranwärter" als Justizbeamter auf Widerruf verbeamtet wirst. Du leistest deinen Verfassungseid, bekommst eine Verbeamtungsurkunde, erhältst Dienstbezüge und alles läuft eben ganz offiziell. Bis auf die Unkündbarkeit läuft alles wie bei einem "normalen" Beamten, wie man es eben so kennt.

Welche Tätigkeiten nehmt ihr jetzt wahr und inwiefern ist es möglich sich hochzuarbeiten? Kommt es oft vor, dass man als Rechtspfleger an Orte versetzt wird, an denen man nicht arbeiten möchte

Wie gesagt bin ich Student, hatte aber in alle größeren Gebiete, auf denen man als Rechtspfleger arbeiten kann, im Praxisjahr erst kürzlich gute Einblicke. Am meisten gefallen haben mir das Nachlassgericht, das Familiengericht, das Zwangsversteigerungsgericht und das Insolvenzgericht, aber ich finde eigentlich alle Abteilungen im Großen und Ganzen in Ordnung. Auch die Verwaltungsabteilung hat mir sehr zugesagt. Die Versetzungsmöglichkeiten haben sicherlich ihre Nachteile, klar. Auch im Studium wurden wir immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Versetzung quer durch den OLG-Bezirk theoretisch jederzeit möglich ist.

Wie das in der Praxis aussieht, da habe ich mein Wissen nur über Hörensagen und Einzelfälle erlangt und noch keine persönlichen Erfahrungen damit. Um näher an meiner Hochschule zu wohnen, bin ich allerdings auch rund 70 Kilometer weit umgezogen - was ich empfehlen kann, weil es sehr förderlich für das Studium selbst, aber auch die Teilnahme an WG-Parties und Ähnlichem ist 😄 Wie ich hörte, trifft es immer ein paar der frischgebackenen Studiumsabsolventen, die dann halt an einem ganz anderen Ort eingesetzt werden, als da, wo sie eigentlich hin wollten. Aber du musst das mal so sehen: Im schlimmsten Fall arbeitest du dann eben für eine Weile in großer Distanz zu deinem persönlichen Umfeld und suchst dir dort eine Wohnung, früher oder später wird dein gut begründetes Versetzungsgesuch logischerweise aber auch mal angenommen. Da muss man halt mal in den sauren Apfel beißen können. Klar, wir werden in erster Linie da eingesetzt, wo man uns braucht, aber man nimmt seitens der Personalabteilungen an den OLGs so gut es eben geht Rücksicht auf die persönlichen Wünsche der Beamten - so wurde das mir zumindest vermittelt.

Und damit wären wir auch schon bei den Vorteilen einer Versetzung: Wenn du nach 10 Jahren keine Lust mehr auf deine aktuelle Tätigkeit hast, stellst du einen Versetzungsantrag und kannst, wenn alles glatt läuft, in einer ganz anderen Behörde in einer ganz anderen Stadt ganz andere Rechtsgebiete bearbeiten! Durch diesen Wechsel ändert sich das Berufsgebiet wieder total. Langweilig werden kann es einem somit wohl kaum :0)

Zum Thema "hocharbeiten": Gehaltsmäßig bekommst du in regelmäßigen Abständen eine Erhöhung und, wenn du dich bewährst, wirst du auch mal befördert. Die Besoldung beginnt immer bei A9 und geht - je nach Tätigkeit - bis zu A13. Auch ein Aufstieg in den höheren Dienst ist möglich, in bestimmten Verwaltungspositionen (Beispielsweise Verwaltungsleiter an einem Oberlandesgericht oder Verwaltungsleiter einer großen Justizvollzugsanstalt) arbeiten Rechtspfleger mit A14 bis A16-Besoldung. Das ist allerdings sehr sehr selten und mit einem Aufstieg in den höheren Dienst sollte man als Rechtspfleger eher nicht rechnen. Die Möglichkeit an sich besteht aber.

Wenn du mit "hocharbeiten" einen kompletten Berufswechsel meinst, da gibt es leider nicht ganz so viele Möglichkeiten. Man könnte das Zusatzstudium zum Amtsanwalt machen, das ist sowas wie ein Staatsanwalt für die kleineren Fälle. Aber für dieses Zusatzstudium wird bei weitem nicht jeder genommen und man braucht dafür mindestens 3 Jahre Berufserfahrung als Rechtspfleger. Ein Wechsel in ungewöhnliche Dezernate ist aber auch ohne Abschluss einer Zusatzqualifikation möglich, zum Beispiel die Arbeit in einer JVA, im Justizministerium und noch ein paar andere Stellen.

Ich hoffe, ich konnte dir deine Fragen beantworten. Bei eventuellen Rückfragen kannst du dich gerne nochmal bei mir melden. Ansonsten alles Gute für deine berufliche Zukunft :0)

Liebe Grüße

Premados

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Exzellente Antwort.

Daumen hoch und danke, @Premados!

1
@hardliner2019

Danke dir. Man tut was man kann, um potenzielle zukünftige Kollegen zu motivieren :0)

1

hey, eine wirklich tolle Antwort, die auch mir weitergeholfen hat! Ich hab da jedoch auch nochmal eine Frage, wie verhält sich dad mit dem Studium und Arbeiten in verschiedene Bundesländern? also ist man beruflich an das BL gebunden, in dem studiert hat oder kann man quer durch Deutschland überall arbeiten? lg :)

1
@iammona

Huhu, eingestellt wirst du über ein Oberlandesgericht und kannst dann im ganzen Bezirk dieses Gerichts eingesetzt werden. Manche Bundesländer haben mehrere Oberlandesgerichte. Wenn du den Bezirk wechseln willst, dann wird regelmäßig ein Tauschpartner mit ähnlicher Qualifikation und Erfahrung verlangt, damit nicht ein OLG einen Beamten verliert und ein anderes einen dazu bekommt. Dafür gibt es Foren, z.B. rechtspflegerforum.de

0

Herzlichen Glückwunsch zur Zusage! :-)

Du kannst auf vielen unterschiedlichen Rechtsgebieten tätig werden. Die Rechtspflege ist sehr interessant. Es ist zwar richtig, dass die Landesregierung dich überall einsetzen kann, aber das ist hauptsächlich nur theoretisch und vorbeugend gemeint. Selbstverständlich wird in den allermeisten Fällen auf deine persönliche Situation weitgehendst Rücksicht genommen. Darüber solltest du gar nicht nachdenken.

Viel Glück und Erfolg!

Wenn Du dich gerne mit Gesetzen befasst und juristische Texte lesen und interpretieren magst ist es der richtige Beruf für Dich.

Der Beruf ist sehr sicher, Beamter im gehobenen Dienst , od modern a6sgedrückt , Laufbahnebene II

Und, hast du das Angebot letztendlich angenommen?