Wie beeinflussen Import- und Exportverhältnisse die Wechselkursentwicklung in einem freien Wechselkurssystem?

2 Antworten

Das ist eine sehr komplexe Frage, auf die sich ganze Teilbereiche der Ökonomie fokussieren. Es gibt unfassbar viele Aufsätze, Doktorarbeiten und Konferenzen zu dem Thema...

Einfaches Beispiel: Deutschland mit eigener Währung und Exportüberschüssen vs. Ausland mit Importüberschüssen
  • Deutschland exportiert mehr, als es importiert. Das Ausland kauft deutsche Güter und benötigt dafür eine deutsche Währung (D-Mark 2.0).
  • Das Ausland hat Handelsbilanzdefizite. Um die Importe aus Deutschland zu finanzieren, muss das Ausland die eigene Währung verkaufen und DM2.0 kaufen. Dies führt zu einem Anstieg des Wechselkurses der DM2.0 (Währungsaufwertung).

Diese Aufwertung der DM2.0 impliziert folgendes:

  • Deutsche Waren werden für das Ausland teurer.
  • Importe nach Deutschland werden gleichzeitig günstiger.
  • Langfristig würde dadurch der deutsche Export gebremst und der Import gefördert werden, was das Handelsungleichgewicht zunächst etwas ausgleichen würde.
  • So ein konstanter Gleichgewichtszustand ist in der realen Welt aber faktisch nicht zu erreichen, insb. wenn viel mehr Länder, Devisen, komplexe Lieferketten und politische Verquickungen (Protektionismus, hegemoniale Staatsmonopole etc.) im Spiel sind.
Verschuldung des Auslands
  • Das Ausland finanziert die Defizite durch Schulden (logische Konsequenz der vwl. Gesamtrechnung). Die erhöhte Nachfrage nach deutschen Krediten verstärkt den Aufwertungsdruck auf die DM2.0 weiter.
  • Langfristig könnte das Ausland Probleme bekommen, die Schulden in der aufgewerteten deutschen Währung zurückzuzahlen, was die wirtschaftliche Stabilität des Auslands beeinträchtigen kann.
Folglich...

... führt Deutschlands Exportüberschuss zu einer Aufwertung der DM2.0, da die Nachfrage nach der deutschen Währung steigt. Dies macht deutsche Produkte für das Ausland teurer und könnte langfristig (theoretisch) zu einem Ausgleich der Handelsbilanz beitragen. Aber die komplexen Dynamiken und externen Effekte in unserer echten Welt würden nicht zu einem dauerhaften Gleichgewicht führen.

Statt eines Handelsausgleichs stabilisieren Kapitalflüsse wie Investitionen in ausländische Vermögenswerte die Ungleichgewichte, verstärken aber die Abhängigkeit der Defizitländer. Dies führt langfristig zu wachsenden Schulden, erhöhtem Risiko von Finanzkrisen und politischen Spannungen zwischen Export- und Importländern.

Man könnte dies unendlich weiterspinnen. Wenn die DM2.0 die weltweite Leitwährung wäre, könnte Deutschland durch die Erhöhung der Leitzinsen viele Länder in die Zahlungsunfähigkeit und/oder Knechtschaft führen usw.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Theoretische und praktische Erfahrungen in diesem Feld.