wie alt wurde man zur Zeit von Kleopatra VII.?

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Für Antike und Mittelalter gibt es keine zuverlässige Datengrundlage in ausreichender Menge, um einen genauen Zahlenwert

Was trotzdem dafür genannt wird, sind ungefähre Schätzungen.

Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt betrug in der Antike wohl etwas unter 30 Jahre (in einem Bereich zwischen 20 und 30 Jahre).

Bei guter Versorgung mit dem Notwendigen (vor allem Lebensmittel) und einem Verschontbleiben von sehr gefährlichen Infektionskrankheiten konnten Menschen in der Antike sehr alt werden (wer 60 Jahre alt wurde, galt damals als alt). Von einzelnen Personen ist ein hohes Lebensalter überliefert. Bekannte Beispiele aus dieser Zeit:

Augustus wurde fast 76 Jahre alt (63 v. Chr. – 14 n. Chr.), seine Ehefrau Livia Drusilla 86 Jahre (58 v. Chr. - 29 n. Chr.).

Josef Wiesehöfer, Lebenserwertung: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 6: Iul – Lee. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1999, Spalte 1213 – 1215 (mit Literaturhinweisen) enthält als Information unter anderem:

Der Begriff Lebenserwartung gibt an, wie viele Jahre ein Mensch im bestimmten Alter unter den Bedingungen der in einer bestimmten Gesellschaft gegebenen Mortalität noch zu leben hat. Der Begriff erfaßt keineswegs das durchschnittliche Sterbealter, die Lebenserwartung eines Menschen unterliegt im Verlauf seines Lebens deutlichen Veränderungen. Sie ist in Gesellschaften vor dem Übergang zu einer niedrigen Natalität (Geburtenhäufigkeit, Geburtenrate) und Mortalität – bedingt durch hohe Sterblichkeit, besonders Säuglingssterblichkeit – für Neugeborene relativ niedrig, steigt bis zum 5. Lebensjahr an, um dann wieder abzunehmen. Vorindustrielle Gesellschaften weisen allgemein hohe Natalität und Mortalität und damit verbunden eine niedrige Lebenserwartung für Neugeborene auf; dies ist auch für die antike Bevölkerung anzunehmen.

Die Auswertung von Skelettfunden (aus den Jahren 650 – 350 v. Chr.) ergab für Männer bei der Geburt eine Lebenserwartung von 24,4 Jahren; doch wurde zugleich auf die statistischen und methodologischen Unzulänglichkeiten der Sterbetafel verwiesen. Auswertungen römischer Grabinschriften aus verschiedenen Jahrhunderten und Regionen führten zu Schätzungen einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Bevölkerung im römischen Reich bei der Geburt von 20 – 30 Jahren.

Winfried Schmitz, Haus und Familie im antiken Griechenland. München : Oldenbourg, 2007 (Enzyklopädie der griechisch-römischen Antike ; Band 1). S. 5:
„Altersangaben auf Grabinschriften lassen also keine verlässlichen und repräsentativen Daten für das durchschnittliche Strebealter und die Lebenserwartung gewinnen.

Bei den Altersangaben, die in der antiken Literatur überliefert sind, bestehen ähnliche Schwierigkeiten. Kinder und Frauen sind deutlich unterrepräsentiert, ebenso Sklaven und ärmere Schichten der Bevölkerung. Skepsis rufen unglaubhaft hohe Lebensalter hervor, die von den antiken Autoren gerade wegen ihrer Außergewöhnlichkeit festgehalten wurden. Auch diese Angaben können keine Repräsentativität beanspruchen.

Unsicher bleiben auch die Ergebnisse, die auf einer Auswertung mehrerer Tausend kaiserzeitlicher, auf Tonscherben (óstraka) erhaltener Steuerquittungen aus dem ägyptischen Theben beruhen. Sie lassen nur Aussagen über die männliche Bevölkerung zu und geben keine Hinweise zur Kindersterblichkeit, da die Steuerpflicht erst im Alter von 14 Jahren begann. Die Berechnungen beruhen auf der Reihung von Quittungen, die Jahresdatierungen aufweisen und für jeweils dieselben Personen erhalten sind. Bricht die Reihe der jährlich erstellten Quittungen ab, wird diese Person wenig später verstorben sein. Nach den auf diesen Angaben beruhenden Schätzungen liegt die durchschnittliche Lebenserwartung im Alter von 15 Jahren bei (weiteren) 14,4 Jahren. Eine Alterskohorte hätte sich alle zehn Jahre etwa halbiert. Diese Daten liegen niedriger als die durch andere Quellengattungen ermittelten Werte.

Als relativ verlässlich werden Auswertungen eingeschätzt, die auf ägyptischen Zensusdeklarationen beruhen. Die römische Provinzialverwaltung führet periodisch alle 14Jaher einen Zensus der Bevölkerung durch. Anzugeben waren pro Haushalt alle Bewohner, der Hausvater, dessen Frau, Kinder, Sklaven und die Hause zugehörigen Lohnbauern, evtl. alte Eltern, Schwestern oder eine Amme. Die etwa 300 auf Papyrus erhaltenen Zensusdeklarationen, die überwiegend aus dem mittleren Ägypten stammen und in die Zeit zwischen 11/12 und 257/8 n. Chr. datiert werden, umfassen Angaben zu mehr als 1100 Personen. Die Angaben weisen bemerkenswert selten Rundzahlen auf und werden deshalb als relativ zuverlässig angesehen. Sie führen zu einem durchschnittlichen Sterbealter von etwa 22 bis 25 Jahren. Ob diese Daten indes repräsentativ für das römische Ägypten oder gar die Antike insgesamt sind, ist zu bezweifeln.“

Albrecht  04.11.2012, 00:16

S. 6: „Aufgrund dieser zahlreichen methodischen Probleme bei der Auswertung dieser Quellen und Befunde werden von der demographischen Forschung modellhafte Sterbetafeln herangezogen, die auf Daten aus besser dokumentierten Gesellschaften beruhen und mit computergesteuerten Methoden bearbeitet wurden. Die Daten stammen aus Gesellschaften vor dem demographischen Übergang in die Moderne. Die griechische und römische Gesellschaft soll dabei dem niedrigsten Level vormoderner Gesellschaften entsprechen; es ist dies das am stärksten generalisierte und vielfach zugrundegelegte ‚Model West’, das in ‚level 3’ von einer Lebenserwartung bei der Geburt von 25 Jahren für Frauen und 22, 9 Jahren bei Männern ausgeht. Dies entspricht Daten, die für Indien und das ländliche China im frühen 20. Jahrhundert galten. Eine weitere Differenzierung nach Regionen, Epochen und Zeitumständen verbieten sich bei der Verwendung solcher modellhafter Sterbetafeln.

Nimmt man die mit großen methodischen Schwierigkeiten behafteten Hinweise aus der Antike und die modellhaften Sterbetafeln zusammen, dürfte das durchschnittliche Sterbealter zwischen 20 und 30 Jahren gelegen haben. Diese Schätzung bleibt relativ vage und erlaubt keinen exakten Ausgangspunkt für die Fertilitätsrate. Wenn das durchschnittliche Sterbealter nahe dem Wert von 20 Jahren gelegen hätte, würde dies bedeuten, dass die antiken Gemeinwesen ihren Bewohnern keine längere Lebenserwartung bereiten konnte als diejenigen politischen System im frühmodernen Europa, die die niedrigsten Werte aufweisen. Demnach wäre ein Drittel der Kinder im ersten Lebensjahr verstorben. Nur etwa die Hälfte aller Kinder hätte das zehnte Lebensjahr erreicht. Die durchschnittliche Lebenserwartung sei von einem Wert von 22– 25 bei der Geburt auf (weiter) etwa 40 Jahre im Alter von 5 Jahren gestiegen, dann abgesunken und habe im Alter vom 20 Jahren bei weiteren etwa 30 Jahren, im Alter von 30 Jahren bei weiteren etwa 25 Jahren gelegen.“

Ernst Baltrisch, Alt sein in einer demokratischen Gesellschaft: das Klassische Athen. In: Rainer Kampling/Anja Middelbeck-Varwick (Hrsg.), Alter - Blicke auf das Bevorstehende. Frankfurt am Main Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien,: Lang, 2009 (Apeliotes : Studien zur Kulturgeschichte und Theologie ; Band 4), S. 49 - 50:
„Die durchschnittliche Lebenserwartung war natürlich erheblich geringer, was allein schon der Tatsache einer hohen Kindersterblichkeit geschuldet ist. Aber Berechnungen, die bei kaum mehr als 25 Jahren Lebenserwartung ansetzen oder von einem Anteil der Alten von nicht mehr als 5% (heute über 20%, für 2035 wird sogar mit 37% gerechnet) ausgehen, sind völlig hypothetisch, da wir weder Geburts- noch Sterberegister besitzen, und die Grabinschriften oft zu ungenau sind. Immerhin ist aus den auf Papyrus erhaltenen Haushaltsdeklarationen aus dem römischen Ägypten für die Zeit des1.-3 Jhs. n. Chr. ein Durchschnittsalter von 46 Jahren für Männer, 37 Jahren für Frauen zu ermitteln. Wie dem auch sei, zwischen dem Durchschnittsalter und einer „normalen“ Lebensdauer ist zu unterscheiden.“

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Ramses der II. wurde sogar über 90 Jahre. :)

Freie Menschen wurden damals genauso alt wie heute, nur daß die statistische Lebenserwartung niedrig deshalb war, weil die Kindersterblichkeit noch bei 50% lag. Wenn also die Menschen, die als Säuglinge überlebt haben, im Schnitt 70 werden, aber 50% schon als Säuglinge sterben, so liegt der statistische Schnitt eben nur bei 35.

AkemiKato 
Fragesteller
 03.11.2012, 16:29

oh, gut, danke für die Antwort ^^ hat mir sehr weitergeholfen!!

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Die durchschnittliche Lebenserwartung zur Zeit Kleopatras VII. lag bei ungefähr 40 Jahren. "Durchschnittlich" heißt, daß die Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit sehr hoch war, wie Luckyfer erklärt hat. Ein Mensch, der das Glück hatte, sein Leben lang gut ernährt zu sein und keine gefährlichen Krankheiten zu bekommen, konnte genau so alt werden wie jemand heute werden kann. Viele Erkrankungen, die heute relativ ungefährlich sind (z. B. Blinddarmentzündung) waren zu jener Zeit noch eine sichere Todesursache. Deshalb erreichten relativ wenige Menschen ein sehr hohes Alter. Gruß, q.