Werde ich jemals Akzentfrei deutsch sprechen können?
Ich bin mit 12 Jahren aus Polen nach Deutschland umgezogen und bin mittlerweile 16 Jahre hier. Spreche allerdings immer noch mit Akzent und frage mich gerade, ob es jemals weg geht ?
Ich selber merke es gar nicht, werde aber meistens auf meinen Akzent angesprochen und anschließend gefragt woher ich komme.
Könnte vielleicht an meinem Gehör liegen, da ich auf einem Ohr tab bin. Vielleicht bekomme ich es deswegen nicht mit, dass ich mit Akzent spreche ? 🤨
3 Antworten
Wenn du seit 16 Jahren hier bist und deinen Akzent nicht verloren hast, dann wirst du dich wahrscheinlich damit abfinden müssen, dass er dir erhalten bleibt.
Ich habe eine Freundin, die Ende der 1970er Jahre aus Polen nach Deutschland gekommen ist. Sie hat damals am Goethe-Institut Deutsch gelernt und nach 8 (oder 10?) Monaten die M3-Prüfung gemacht. Heute entspräche das wohl dem Zertifikat C1. Wenn man das hat, spricht man zwar noch lange nicht perfekt Deutsch, aber schon wirklich sehr gut. An ihrem Arbeitsplatz war sie nur mit Deutschen zusammen. Ein paar Jahre später hat sie dann auch einen Deutschen geheiratet. Da war sie von Wortschatz und Grammatik her schon auf dem Stand eines Muttersprachlers, der völlig korrektes und gepflegtes Deutsch spricht. Doch ihren polnischen Akzent hat sie bis heute nicht verloren.
Das soll dich natürlich nicht entmutigen, weiter an deiner Aussprache im Deutschen zu arbeiten. Vielleicht ist das folgende Video hilfreich dabei: https://www.youtube.com/watch?v=MymxNpYbbtY
Toitoitoi! Aber wenn dich doch immer mal wieder jemand wegen deines Akzents fragt, woher du kommst, dann nimm das nicht allzu schwer. Der polnische Akzent klingt nämlich - zumindest für meine Ohren - weich und angenehm im Deutschen, auf jeden Fall weicher als der anderer slawischer Sprachen.
Nun, wenn ich eines weiß, dann ist das, dass man nur genauso spricht, wie man gelernt hat, die Unterschiede der Laute zu erkennen. Und diese Eigenschaften sind in der Regel bis zum 6. Lebensjahr aktiv und verkümmern, wenn keine neuen Höhrelebnisse dieser Art erfolgen.
Es ist daher gut anzunehmen, dass bei gewissen Hörschwierigkeiten die besondere Lauterkennung behindert wird. Aber das ist wohl nicht der Fall, denn dein Polnisch hast du ja nicht bemängelt. Und somit ist es völlig egal, ob du gewisse Hörschwierigkeiten hast oder wesentlich älter als 8 Jahre bist. Denn das korrekt akzentfreie Aussprechen ist abhängig davon, ob du den Unterschied überhaupt wahrnimmst, wobei die Wahrnehmung nicht mit dem Hören zu tun hat, sondern mit der Differenzierung der unterschiedlichen Laute.
Solche Dinge habe ich schon an der Sprachschule gelernt, denn wer den feinen Unterschied eines englischen „TH" nicht hören kann, besonders dann nicht, wenn es stimmlos gesprochen wird. Nur war ich da gerade mal 6 Jahre alt und hatte keine Hörprobleme.
Also ich weiß von meiner englischen Verwandtschaft, dass einige davon in eine spezielle Sprachschule gingen, damit sie die Unterschiede erst hören lernten, um sie dann nachzusprechen.
Ob es bei gewöhnlichen deutschen Sprachschulen solche Besonderheiten noch gibt, das weiß ich nicht, denn nur die Engländer, die in Deutschland bleiben wollten, hatten die Möglichkeit, im Hauptquartier der Engländer in Bergen oder Celle die deutsche Sprache akzentfrei zu sprechen.
Also, deine Vermutung, die Hörbehinderung auf dem einen Ohr sei dafür verantwortlich, kann ich nicht bestätigen, sondern es muss dir jemand so lange vorsprechen, bis du den Unterschied erkennst. Notfalls muss dein Gegenüber dir die Einzelheiten der Laute ständig wiederholen, oder du musst ihn explizit dazu auffordern.
Was man aber nicht gut verändern kann, wenn dir gewisse grammatikalische Eigenheiten nicht auffallen, weil du beide Satzstellungen nicht als falsch erkennst. Dagegen hören einige Leute manchmal Satzstellungen heraus, die sie keineswegs als falsch, aber doch als ungewöhnlich empfinden.
Als ich schon jahrelang in England war, sagte mein Sohn, der viele Dialekte nachmachen kann, mal zu mir: Ich werde deinen Akzent nachmachen, das finden meine Kameraden bestimmt lustig. - Ich bin schwerhörig.
Aber wenn du auf dem einen Ohr noch gut hörst, kannst du dich mit viel Übung sehr verbessern, wenn du jemanden findest, der dir dabei hilft.
Schon wenn du eine Tonbandaufnahme von dir hörst, klingt das ganz anders, als wenn du dich selbst sprechen hörst. Und Feinheiten der Aussprache zu erkennen, muss man lange üben.