Welche vorteile hat das bücher lesen?

8 Antworten

Lesen hat nur Vorteile, wenn man den "richtigen Gebrauch" davon macht, wie schon 1851 der Philosoph Arthur Schopenhauer ausführte:

"Wann wir lesen, denkt ein Anderer für uns: wir wiederholen bloß seinen mentalen Proceß. Es ist damit, wie wenn beim Schreibenlernen der Schüler die vom Lehrer mit Bleistift geschriebenen Züge mit der Feder nachzieht. Demnach ist beim Lesen die Arbeit des Denkens uns zum größten Theile abgenommen. Daher die fühlbare Erleichterung, wenn wir von der Beschäftigung mit unsren eigenen Gedanken zum Lesen übergehn. Eben daher kommt es auch, daß wer sehr viel und fast den ganzen Tag liest, dazwischen aber sich in gedankenlosem Zeitvertreibe erholt, die Fähigkeit, selbst zu denken, allmälig verliert, – wie Einer, der immer reitet, zuletzt das Gehn verlernt. Solches aber ist der Fall sehr vieler Gelehrten: sie haben sich dumm gelesen. Denn beständiges, in jedem freien Augenblicke sogleich wieder aufgenommenes Lesen ist noch geisteslähmender, als beständige Handarbeit; da man bei dieser doch den eigenen Gedanken nachhängen kann. Aber wie eine Springfeder durch den anhaltenden Druck eines fremden Körpers ihre Elasticität endlich einbüßt; so der Geist die seine, durch fortwährendes Aufdringen fremder Gedanken. Und wie man durch zu viele Nahrung den Magen verdirbt und dadurch dem ganzen Leibe schadet; so kann man auch durch zu viele Geistesnahrung den Geist überfüllen und ersticken. Denn selbst das Gelesene eignet man sich erst durch späteres Nachdenken darüber an, durch Rumination. Liest man hingegen immerfort, ohne späterhin weiter daran zu denken; so faßt es nicht Wurzel und geht meistens verloren. Ueberhaupt aber geht es mit der geistigen Nahrung nicht anders, als mit der leiblichen: kaum der funfzigste Theil von dem, was man zu sich nimmt, wird assimilirt: das Uebrige geht durch Evaporation, Respiration, oder sonst ab.

Zu diesem Allen kommt, daß zu Papier gebrachte Gedanken überhaupt nichts weiter sind, als die Spur eines Fußgängers im Sande: man sieht wohl den Weg, welchen er genommen hat; aber um zu wissen, was er auf dem Wege gesehn, muß man seine eigenen Augen gebrauchen.

§. 292.

Keine schriftstellerische Eigenschaft, wie z. B. Ueberredungskraft, Bilderreichthum, Vergleichungsgabe, Kühnheit, oder Bitterkeit, oder Kürze, oder Grazie, oder Leichtigkeit des Ausdrucks, noch auch Witz, überraschende Kontraste, Lakonismus, Naivetät, u. dgl. m. können wir dadurch erwerben, daß wir Schriftsteller lesen, die solche haben. Wohl aber können wir hierdurch dergleichen Eigenschaften, falls wir sie schon als Anlage, also potentia, besitzen, in uns hervorrufen, sie uns zum Bewußtseyn bringen, können sehn, was Alles sich damit machen läßt, können bestärkt werden in der Neigung, ja, im Muthe sie zu gebrauchen, können an Beispielen die Wirkung ihrer Anwendung beurtheilen und so den richtigen Gebrauch derselben erlernen; wonach wir allerdings erst dann sie auch actu besitzen. Dies also ist die einzige Art wie Lesen zum Schreiben bildet, indem es nämlich uns den Gebrauch lehrt, den wir von unsern eigenen Naturgaben machen können; also immer nur unter der Voraussetzung dieser. Ohne solche hingegen erlernen wir durch Lesen nichts, als kalte todte Manier, und werden zu seichten Nachahmern.

§. 293.

Wie die Schichten der Erde die lebenden Wesen vergangener Epochen reihenweise aufbewahren; so bewahren die Bretter der Bibliotheken reihenweise die vergangenen Irrthümer und deren Darlegungen, welche, wie jene Ersteren, zu ihrer Zeit, sehr lebendig waren und viel Lerm machten, jetzt aber starr und versteinert dastehn, wo nur noch der litterarische Paläontologe sie betrachtet.

§. 294.

Xerxes hat, nach Herodot, beim Anblick seines unübersehbaren Heeres geweint, indem er bedachte, daß von diesen Allen, nach hundert Jahren, Keiner am Leben seyn würde: wer möchte da nicht weinen, beim Anblick des dicken Meßkatalogs, wenn er bedenkt, daß von allen diesen Büchern, schon nach zehn Jahren, keines mehr am Leben seyn wird.

§. 295.

Es ist in der Litteratur nicht anders, als im Leben: wohin auch man sich wende, trifft man sogleich auf den inkorrigibeln Pöbel der Menschheit, welcher überall legionenweise vorhanden ist, Alles erfüllt und Alles beschmutzt, wie die Fliegen im Sommer. Daher die Unzahl schlechter Bücher, dieses wuchernde Unkraut der Litteratur, welches dem Waizen die Nahrung entzieht, und ihn erstickt. Sie reißen nämlich Zeit, Geld und Aufmerksamkeit des Publikums, welche von Rechtswegen den guten Büchern und ihren edelen Zwecken gehören, an sich, während sie bloß in der Absicht, Geld einzutragen, oder Aemter zu verschaffen, geschrieben sind. Sie sind also nicht bloß unnütz, sondern positiv schädlich."

Dorylaus  26.10.2022, 19:56

Schön, daß noch Jemand den guten alten Onkel Schopenhauer kennt und ihn auch gemäß seiner Orthographie zitiert! Er selbst ja verhängte seinen Fluch über Jeden, der da künftighin wage, seine Rechtschreibung zu verändern!

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Es macht Spaß und bildet.

Unter anderem lernt man dabei nebenher, dass Substantive (Vorteile, Bücher, etc.) groß geschrieben werden. ;-)

Fruitchcar773 
Fragesteller
 26.10.2022, 19:19

Vielen lieben dank für deine Antwort. ;) :D :)

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Bücher - gute! - ersetzen und ergänzen Deine Wahrnehmung! Es ist nur wenig, was man Tag vor Tag sieht, auch wiederholt es sich und stumpft ab. Bücher erweitern Deine Erfahrung entweder litterarisch und psychologisch durch dargestellte Handlungen, oder geistig durch Zusammenfassung und Erklärung Deiner Eindrücke von Welt und Menschen. Die Medien ersetzen die Bücher nicht, da sie bloße Informationen bieten, und darin zu schnell und zusammenhanglos abwechseln.

Es macht Spaß!
Lesen ist ein wunderbares Hobby :-)

Und für die, die es brauchen: Lesen schadet der Dummheit!

Es macht Spaß.

Es fördert geistige Fähigkeiten.

Es fördert das Sprachverstehen und den Umgang mit Sprache.

Je nach dem, was man liest, kann man viel oder wenig lernen.