Welche Menschen neigen am ehesten dazu, andere so zu kategorisieren?
Sei es Myers-Briggs, Enneagramm, Sternzeichen, intro/extrovertiert, japanische Blutgruppen-Astrologie, Hogwartshäuser oder 'Love languages', die Welt ist voll von Systemen, die Menschen auf 2-16 Gruppen beschränken, an Stellen, an denen eigentlich die Welt ein Spektrum ist, das von strikten Kategorien nicht erfasst werden kann.
Gibt es bestimmte Gruppen von Menschen, die besonders häufig solche Systeme verwenden, um sich und andere zu beurteilen, verstehen und auch verurteilen?
(Ist kein Vorwurf, ich bin selbst auch schon in solche Systeme gefallen und möchte auch mich selbst besser verstehen).
2 Antworten
Hi Seraphiel0,
in der Vereinfachung werden Strukturen sichtbar. Unsere Psyche ist nach klaren und allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten aufgebaut. Die Individualität ergibt sich durch unterschiedliche Ausprägungen dieser Gesetzmäßigkeiten. Das ist durchaus mit dem Aufbau unseres Körpers zu vergleichen, der auch für alle Menschen derselbe ist. Leider ist das Wissen um die psychische Struktur noch nicht so weit verbreitet. Diese hat sich, genau wie unser Körper, nach den Erfordernissen der Evolution entwickelt. In meinem Buch „Wer wir sind“ beschreibe ich den Bauplan.
Davon abgesehen, bringt es vielen Menschen Spaß sich zu kategorisieren, wieder- und selbstzuerkennen.
Und: In der psychologischen Forschung gibt es ein interessantes Konzept, das als “need for closure” bezeichnet wird, übersetzt also so etwas wie das “Bedürfnis nach einem Abschluss”. Diese Eigenschaft beschreibt, wie stark eine Person das Bedürfnis hat, auf ihre Fragen klare Antworten zu finden bzw. im Umkehrschluss, wie gut eine Person Ambiguitäten – also das Fehlen von klaren Zuordnungen – aushalten kann. Studien zum “need for closure” zeigen, dass Menschen mit einem großen Bedürfnis nach einem solchen gedanklichen Abschluss allgemein eher zu Kategorisierungen neigen und beispielsweise auch mehr in Stereotypen denken. Mir ist keine Studie dazu bekannt, ob diese Eigenschaft auch mit der Häufigkeit der Durchführung von Persönlichkeitstests zusammenhängt – ich könnte mir aber vorstellen, dass Personen mit einem hohen “need for closure” auch eher das Bedürfnis haben, die eigene Persönlichkeit einzuordnen und auch eher mal zu einem Persönlichkeitsfragebogen greifen.
Die meisten Systeme, eigentlich alle würde ich meinen, anerkennen doch, dass es Mischformen gibt.
Zum Beispiel ist das in dem alten System der Astrologie schon ausdrücklich der Fall!
Es gibt die zwölf Tierkreiszeichen, hinzu kommt dann die höchst individuelle (!) Konstellation der als relevant angesehenen Planeten und ihrer Position zueinander. (Und darüber hinaus werden noch weitere Faktoren miteinbezogen).
Ein beeindruckendes Persönlichkeitssystem finde ich, auch wenn man die Begründung (Planeteneinflüsse etc.) nicht als wissenschaftlich fundiert ansehen kann.