Was war dein Kindheitstraum?

1 Antwort

Kindheitstraum weiß ich ehrlich gesagt nicht auch weil's zu lang her ist, aber ich bin zumindest nicht allzu weit von dem entfernt, was ich mir als Jugendlicher gewünscht habe. Ein tolles Gefühl :-)

Ich wünschte mir als Jugendlicher so mit 17 ein fettes Auto und stellte mir vor, in einem Mercedes W124 mit den schönen originalen Alufelgen und schwarzen Rücklichter und dunkel abgeklebten hinteren Fenstern rumzufahren und das in einem Anzug, schön laut Dieter Bohlen Musik und irgendeinen 90er Eurodance zu hören und alle lägen mir zu Füßen.

Dahinter steckte ein Komplex: Ich als oft diffamierter Ausländer, über den sich sogar eine Lehrerin immer lustig machte bis ich mal während des Unterrichts aufstand, vorging und ihr sagte, dass sie erstmal ihre eigenen Probleme lösen soll bevor sie sich über die Probleme anderer belustigt, hätte es mir gewünscht dass man als Star oder als Fahrer einer fetten Karre, die auf Wohlstand schließen lässt, endlich ernstgenommen wird, was man im realen Leben oft nicht wird, wenn irgendwas nicht "passt", mal so gesagt. Ich glaube dass typische "deutsche Jugendliche" aus der Einfamilienhausfamilie mit christlich orientierter Vorzeigefamilie, soliden Berufschancen und mit "solidem" Leben, die geliebt und geschätzt werden und arriviert sind und keine Sorgen haben und wo der Vater ihnen eine Lehrstelle sowieso organisiert, sich solche Wünsche gar nicht einreden, weil sie das nicht brauchen und sich auch so angenommen fühlen. Die träumen eher von Studium, Beamtentum oder großes Haus auf der grünen Wiese und eigenem Pferd auf der Koppel und drei Kinder, die auch alle Abi machen werden - als davon, bei Dieter-Thomas Heck am Samstagabend in "Musik liegt in der Luft" tanzbare Popsongs zum Mitklatschen zu präsentieren und bunte Sakkos zu tragen, eine Rolex zu besitzen und einen Mercedes zu fahren. Die sind von Haus aus erfolgsverwöhnt und gefestigt genug. Wir aber fühlten uns von anderen vernachlässigt und abgehängt, nicht gewollt und nicht akzeptiert und nicht wertgeschätzt - wir wollten da einfach nur raus. Fette Autos sind ein Symbol, das Erfolg und den Ausweg verspricht.

Heute fahre ich nach der Arbeit manchmal echt in meinem Mercedes rum, trage als noch das Sakko und eine schöne Regent-Armbanduhr, die der Rolex DateJust optisch nachempfunden ist (Regent ist eine deutsche Firma und mein Lieblingshersteller was Uhren angeht, zumal Preis/Leistung passt) und höre mit breitem Grinsen Dieter Bohlen Musik, fühle jeden Akkord mit, kann diese Nonsens-Texte von Dieter alle auswendig ... und wenn der "Chor" in diesem Lied kommt playbacke ich den auswendig mit und fühle mich, als wäre ich der Sänger selbst oder Mitglied des Chors vor diesem Publikum, finde es einfach Klasse und denke mir ... ach ja :-)

https://www.youtube.com/watch?v=BAhhKIUCl_A

Dieter an sich war ein cooler Typ, ein Saubermann, eine Art Vorbild ... und er kam bei uns einfach super an. Habe mir vor einigen Jahren auch eine 3-CD-Box gekauft - und Lieder wie "Testamente d'Amelia" oder "Love Is Such A Lonely Sword" gehen immer noch unter die Haut & man fühlt sich sofort wieder wie in der 10. Klasse als man die hübsche Maren vorbei ziehen sah und dabei wusste, die eigentlich eher biedere, vielleicht etwas unattraktive Erika mit dem grauen Pulli ist zwar nicht so cool wie die Maren, aber eine liebe Seele und eine tolle Zuhörerin. Heute sieht das anders aus; Maren ist tot, mit Erika habe ich als eine der wenigen aus meiner damaligen Stufe noch Kontakt ... und die weiß das mit Blue System auch noch.

https://www.youtube.com/watch?v=0iLd0tLYH2I

Ja, da geht der Geist mit einem noch durch, aber schön ist es trotzdem. War ein langer und schwieriger Weg, aber er hat am Ende doch funktioniert und wenn ich in diesem Auto sitze und diese Musik höre, dann denke ich mir ... das ist meine Welt und alle, die damals gesagt hatten, das seien Flausen und es führt sowieso zu nix, ich solle mich damit abfinden "so ein Ausländer da" zu sein und außerdem als Typ viel zu ruhig zu sein, können jetzt mal schauen, was machbar ist, wenn man es will und manchmal doch Glück hat.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung