Was meint karl marx mit Religion ist das Opium fürs volk?

11 Antworten

Kurz gesagt:

Opium lähmt den Menschen körperlich und geistig, Religion ebenfalls.

Opium ist eine Droge, Religion auch.

Marx meinte damit, dass die Religion den Menschen einschränkt und ihn zu einseitigem Denken führt. Religion macht den Menschen faul. Gläubige legen die Hände in den Schoß und überlassen es Gott etwas zu tun. Das trifft zwar nicht auf alle, aber auf die meisten zu. Sie sind zu faul sich zu informieren und folgen blind dem Weltbild, welches man ihnen eingeredet hatte. Alles andere sehen sie als fremd und falsch an.

Religion ist nur ein politische Werkzeug, mit dem man Menschen zu einer homogenen Masse formen will. Gib den Menschen einfach vor wie man "richtig" zu leben habe, wie man "normal" ist, was "falsch und richtig" ist und sie müssen sich um nichts mehr kümmern. Die Regierung kann sie somit viel besser lenken.

Marx erkannte, dass Religion nur diesem Zweck diente.

ProfFrink  17.10.2016, 16:22

Aber der Marxismus ist doch selbst eine Religion mit allem was dazu gehört. Habe in den 80er Jahren in Westberlin gelebt. Da gab es Marxisten, die sich gegenseitig ermahnt haben täglich im "Kapital" zu lesen, so als wäre es eine Bibel.

Im Marxismus gibt es den Begriff der "Weltseele" also das Pendant zu dem was Christen den Heiligen Geist nennen. In der damaligen DDR gabe es sogar Plakate worauf stand "Lenin sieht euch".

Sogar eine Trinität gab es Marx, Lenin, Engels (Pendant zu Gott, Sohn, Heiliger Geist)

Es gibt sogar den "Sündenfall", als Menschen anfingen Privateigentum zu deklarieren. Das wird als Beginn des Übels gesehen.

Und am Ende gibt es die grosse Weltrevolution. Wenn die ganze Welt marxistisch wird und alles wieder gut ist. (Pendant aus der Bibel: Das 1000jährige Reich, wenn Christus wiederkommt)

Und dann die vielen gottesdienstähnlichen Prozessionen mit Liedern, Fahnen und Bekenntnissen.

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wildcarts2  20.10.2016, 02:05
@ProfFrink

Marxismus ist definitiv KEINE Religion sondern eine Philosophie.

Das was du da interpretierst ist völlig falsch. Du verknüpfst diese Dinge nur miteinander, weil du wahrscheinlich religiös bist und daher das dir bekannte Muster überall sehen willst. Es gibt auch viele die Atheismus als Religion ansehen, was nöch weit größerer Blödsinn ist.

Die "Weltseele" ist definitiv kein Pendant zum "Heiligen Geist". Wie kommt man nur auf solche Vergleiche?

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Karl Marx teilt die Menschheit ein in Kapitalisten und Proletarier. Auf der einen Seite stehen die Leute mit den Produktionsmitteln. Diese haben die Macht und sitzen am längeren Hebel. Auf der anderen Seite stehen die Besitzlosen, die sich nur durch Vermietung ihrer puren Arbeitskraft über Wasser halten können. So die grob umschriebene Unrechtssituation aus der Sicht von Karl Marx. Dies ist eine sehr materialistische Sicht der Situation. Materialistisch in dem Sinne, dass nur das existiert, was ich sehen und anfassen kann. Materialismus und Marxismus gehören immer zusammen. Ist gewissermassen auch eine Art Religion.

In diesen Denkkonzept gibt es für alles Geistliche, für Gott, fürs Gebet, für alles Immaterielle keinen Platz. Zudem sah er die Kirche als Büttel des Kapitalismus, wenn sie auf das Jenseits, das Paradies, den Himmel vertröstet hat. Diese Jenseitsvertröstung hatte nach Marx's Auffassung nur betäubende Wirkung (wie Opium) und hat die Menschen nur davon abgehalten endlich die Kulturrevolution durchzuführen, die mit der Entmachtung des Kapitalismus einher gehen sollte.

So in groben Zügen die Theorie.

In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass gerade Christen, die eine enge Beziehung zu Gott haben noch am ehesten zum Kampf gegen widrige irdische Verhältnisse bereit sind. Der Widerstand in den letzten Tagen der DDR ging im wesentlichen von kirchlichen Kreisen aus. Martin Luther King, der so grosse Erfolge im Kampf gegen den Rassismus errang, war bekennender Christ. Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.

Es ist am Ende eher so, dass das Wissen um die Gnade Gottes erst recht weltverändernde Kräfte freisetzt und nicht lähmt.


wildcarts2  17.10.2016, 14:58

Es ist am Ende eher so, dass das Wissen um die Gnade Gottes erst recht weltverändernde Kräfte freisetzt und nicht lähmt.

Das ist Unsinn, denn kein Mensch hat WISSEN über "Gnade Gottes", sondern lediglich Glauben.

Tatsache ist, dass Religion die größte Massenvernichtungswaffe der Menschheit ist, da kein andere Konzept so gut manipulieren kann.

Marx hatte recht, dass Religion eine betäubende Wirkung erzielt. Du interpretierst dies aber nur aus religöser Sicht.

Wenn jemand politische Veränderungen herbeiführt, dann nicht aus religiösen Gründen, sondern aus einer vielzahl anderer Gründe. Es hat immer mit Macht, Geld und Überzeugungen zu tun. Religion ist dafür oftmals das beste Werkzeug. So zieht man das "betäubte" Volk auf seine Seite, indem man ihnen einfach bekannte Dinge erzählt, um ihnen zu suggerieren: "Das ist Bestandteil eurerer Religion" oder "Der Wille Gottes", so dass das Volk nicht groß nachdenken muss, sondern stupide folgen kann.

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schmidtmechau  18.10.2016, 07:53

Hallo Kevinpet3!

Tja, wie die Sachen so durcheinandergehen!

Marx hat den Materialismus keineswegs erfunden, sondern er hat den Kapitalismus analysiert und dabei festgestellt, dass dieser materialistisch ist. Marx hat den Idealismus genau deswegen kritisiert, weil dieser die materialistischen Verhältnisse des Kapitalismus übersieht und diesen daher nicht versteht.

Richtig wäre also eher zu sagen, dass Materialismus und Kapitalismus immer zusammengehören und dieses eine Art Religion ist.

Natürlich hat das Geistliche, Gott, das Gebet, das Immaterielle hat in dem marxistischen Denkkonzept einen Platz. Hier noch mal ein Zitat aus der "Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" von 1844:

"Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben, oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Societät. Dieser Staat, diese Societät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Compendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur (Ehrgefühl), ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist."

Gruß Friedemann

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Opium beruhigt, macht abhängig und lässt einem nur noch danach streben egal wie zerstörerisch das ganze ist. Genau das selbe machen Religionen auch.

Das Zitat ist leider nicht korrekt. Hier die Passage (in Wikipedia zu finden):

Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der
Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie
der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.

Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion
ist.“


– Karl Marx: Einleitung zu Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie; in: Deutsch-Französische Jahrbücher 1844, S. 71f, zitiert nach MEW, Bd. 1, S. 378-379

"Opium für das Volk" hat später Lenin geschrieben und man darf darüber spekulieren, warum er das Marx-Zitat geändert hat. Es ist nämlich ein Perspektivwechsel, ein Verursacherwechsel enthalten. Bei Marx sind es die Umstände, die das Volk zur Religion greifen lassen. Bei Lenin wird dem Volk mit Religion Tröstung vorgegaukelt. Das ist ein Riesenunterschied und eindeutig von der politischen Agitation bestimmt.

Inzwischen betet ja auch der kommunistisch erzogene Putin wieder fleißig in allen orthodoxen Kirchen und will sogar eine in Paris mit einweihen. Armer Marx: DIe Welt ist halt doch etwas komplexer als seine vereinfachenden Modellvorstellungen. Hätte er schon die Filme von "Don Camillo und Peppone" gesehen, hätte er seine Aussagen vielleicht korrigiert. Aber seine Zeit war halt noch vom Wahn der Vernunft geprägt, die ihnen Kant und Hegel hinterlassen haben.

wildcarts2  20.10.2016, 02:14

Wahn der Vernunft? Ich sehe in Marx Ideen und Beschreibungen der Gesellschaft zwar auch viele Fehler und meiner Meinung nach nicht umsetzbare Dinge und manchmal auch die nötige Multiperspektivität, aber Soziologie ist halt schwer greifbar. Außerdem gibt es keine Lösung, die wirklich alle Menschen zufrieden stellen könnte, da der Mensch zu individuell und egostisch von Natur aus ist.

ABER das Religion DAS größte Übel ist, welches Gesellschaften und die ganze Menschheit belügt und von der Realität ablenkt ist Fakt.

Marx zeigt auf, dass Menschen die Hoffnungslos oder enttäuscht sind, sehr schnell in Ideologien flüchten, in denen sie sich eine bessere Welt versprechen. Religionen sind genau auf solche Menschen spezialisiert. Sie lullen sie ein, führen sie in einen Rausch, so wie bei Opiaten. Somit manipulieren sie den Menschen und verschleiern ihm die Realität.

Lenin sagte genau das selbe! Auch er sagte, dass die Religion dem Volk Hoffnung vorgaukeln würde. Wo soll da der "Riesenunterschied" sein?

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berkersheim  20.10.2016, 10:37
@wildcarts2

@wildcarts2

Genau genommen widersprichst Du Dir in Absatz 2 und 3. Wenn sich die Menschen selbst in Religion flüchten, sind es die Menschen, die evtl. eine falsche Strategie wählen, mit ihren Problemen fertig zu werden. Auch in Abschnitt 3 fällst Du unbegründet vom Aktiven ins Passive. Erst sind es die Menschen, die sich selbst die Religionen als Ausweg wählen, dann sind es die (von wem erfundenen?) Religionen, die die Menschen in die Irre führen. Das ist eine unbegründete Verschiebung von Verantwortung, die auf ein Vorurteil hinweist. Und darum fällt Dir nicht auf, dass auch die Aussage Lenins sich von der von Marx unterscheidet: Marx wählt die passive Variante, und Lenin kehrt es in eine aktive um, macht das Eigengeschöpf zum Teufel. Das mag als Propaganda durchgehen, aber nicht als saubere Denke.

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Zum Verweis auf Lenin unter den Beiträgen als Urheber des Zitates: Das ist zwar richtig aber es würde schon sehr viel "Kreativität" benötigen die Originalaussagen von Marx zu diesem Punkt anders verstehen zu wollen. Man kann sicher zu dem Ergebnis kommen das Marx der Denker / Intellektuelle von beiden war, eben Philosoph. Aber in der Analyse hat Lenin es - wahrscheinlich intuitiv - auf den Punkt gebracht während Marx in einer komplexeren Gesamtsicht verblieben ist. Aber dennoch stehen seine Sätze: "Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben, oder schon wieder verloren hat. (...) Dieser Staat, diese Societät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Compendium, ihre
Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur , ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt.
Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist."

Und hier decken sich Lenins Ausspruch und das allgemeine Verständnis zur Interpretation der Ausführungen von K. M. zu diesem Thema.