Was ist ein DDR-Abitur wert?
Angela Merkel hat ja ihr Abi mit ner glatten 1 abgelegt. Aber war das DDR Abi schwer oder eher leicht? Wie verhält es sich im vergleich zu unserem? welches schwerer?
18 Antworten
In 5 Hauptfächern wurden die Kenntnisse schriftlich geprüft, hinzu kamen 3 bis max. 5 mündliche Prüfungen.
Die Erweiterte Oberschule besuchte man nach sehr erfolgreichem Abschluss der 10. Klasse der polytechnischen Oberschule 2 Jahre lang. Andere Daten, die hier geschildert werden, gab es nur bis Mitte der 60er Jahre.
Die Klassenstärke lag selten über 22 Schüler, was das Lernen stark vereinfachte, weil der Lehrer auf fast jeden Schüler eingehen konnte.
Das kann ich bestätigen. In den Siebziger Jahren kam man immer noch nach der 8. Klasse auf die EOS. Man konnte es jedoch noch einmal nach der 10. Klasse versuchen, wenn man entweder beim ersten Mal abgelehnt worden war oder sich erst später dazu entschlossen hatte.
Ich glaube, das muss man differenzierter sehen. Zum Einen gab es sicher auch in der DDR gute und weniger gute Schulen. Zum Anderen währte die DDR 40 Jahre, es spielt also auch eine Rolle zu welcher Zeit man das Abitur ablegte. Wenn ich meine Kenntnisse mit denen meiner Verwandten vergleiche, die ihr Abitur noch zu DDR Zeiten gemacht haben, fällt mir Folgendes auf: Was die Fremdsprachen betrifft, scheint man in der DDR etwas "gefälliger" bewertet zu haben. Meine Verwandten erhielten in Englisch als Noten eine 1 oder 2, was ja auf gute Fremdsprachenkenntnisse schliessen lassen könnte, aber sie können die Sprache kaum sprechen und verstehen, ich verstand und sprach die Sprache schon mit 13, ohne Auslandsaufenthalt besser. Zu meiner Schulzeit bewertete man die Orthographie in fremdsprachliche Texten fast wie in der Muttersprache. Das heisst, ein fehlender Buchstabe, oder ein fehlender Akzent im Französischen zählte schon als ganzer oder halber Fehler. Um eine 1 zu bekommen durfte man auf 100 Wörter nur sehr wenige Fehler haben, in etwa soviele wie im Deutschaufsatz. Zudem muss man ja durch die Wiedereinführung der 6 nach der Wende alles etwa um eine oder eine halbe Note umrechnen.
Im Gegensatz zu den Fremdsprachen wurden die matematisch-technischen Fähigkeiten meiner Meinung nach zu DDR-Zeiten besser gefördert. Ich bin Abiturjahrgang 2000 und gehöre daher zur "Generation Taschenrechner". Ich muss bei einfachen schriftlichen Rechnungsverfahren immer überlegen, wie das überhaupt ging. Wir benutzten schon seit der 7. Klasse einen Taschenrechner und ich habe dadurch kaum Übung in diesen Rechnungsverfahren, auch das Kopfrechnen ist bei mir weniger gut ausgeprägt. Das war mir schon häufiger peinlich und erregte Unmut bei den älteren Verwandten.
Schwierig finde ich, dass im Verlauf der DDR Zeit immer mehr auf eine altsprachliche und somit bürgerliche Bildung verzichtet wurde. Mein Onkel, Jahrgang ``44 hat noch ein Latinum, später wurden das ja oft gar nicht mehr angeboten. Es galt als veraltertes, zu bürgerliches und irgendwie vielleicht auch unnützes Wissen. Ohne Latein findet man meiner Meinung nach aber schwerer Zugang zu alten Sagen oder alten religiösen Texten, die aber nunmal den Grundstein für unsere Kultur darstellen. Schlimmer noch war es zur DDR-Zeit um den Umgang mit Religion im Allgemeinen bestellt. Religiöse Menschen wurden als rückständig, manchmal fast als dumm angesehen. Dem Umstand, dass es auf der Welt auch viele gläubige Wissenschaftler gibt, wurde wenig Rechnung getragen. Religion oder Ethik als Schulfach waren undenkbar.
Auch die Vermittlung von echten psychologischen Kenntnissen und demokratischem Denken war zu Zeiten der DDR natürlich kaum möglich. Unsere Gymnasiallehrer haben uns bis zum Umfallen diskutieren lassen. Wir sollten lernen, die Meinung des Anderen zu respektieren, auch wenn sie unserer völlig entgegenstand. Das war manchmal gar nicht so einfach, aber sehr wichtig und effektiv. Auf psychologischer Ebene wurden wir dazu angehalten, herauszufinden, was wir wollen, für uns.
Menschen, die stark DDR sozialisiert sind, haben meiner Meinung nach manchmal so einen Hang zum "überzeugen- wollen". Manche werden auch schnell wütend oder verletzend, wenn man ihre Auffassung nicht teilt, auch wenn man für seine Sicht gute Argumente hat. Sicher, oft liegt es auch einfach an der Persönlichkeit. Meine Tante ist zu DDR- Zeiten konfirmiert worden und hat trotzdem an der Jugendweihe teilgenommen. Sie steht einfach zu dem was ihr gefällt, kann Andere gut respektieren und kann das Positive von verschiedenen Dingen herausfiltern. Sie ist eben ein richtig herzlicher Bauernhofsmensch mit Abitur. Zusammenfassend würde ich sagen, dass das DDR-Abitur stärker ausbildungs- und berufsorientiert war und natürlich deutlich weniger Wert auf eine humanistisch- bürgerliche Bildung gelegt wurde, denn diese Werte standen ja dem System entgegen. Das Wort "bourgois" war ja zeitweilig ein regelrechtes Schimpfwort. Inwiefern man sich jetzt in dem einen oder anderen allgemeinen Fachgebiet besser oder schlechter auskennt, liegt wahrscheinlich eher an der persönlichen Biographie und den persönlichen Neigungen als an DDR oder BRD. Ältere Menschen aus den alten Bundesländern können sicher auch besser Kopfrechnen. :-)
Ob die Angie jetzt Ost oder West ABI hat, so wichtig finde ich das wahrlich nicht. Selbst der "Titel" Abi ist ein recht dehnbarer. Über wirkliche Qualifikation, über wirkliches Wissen sagt er nix aus. Nur, daß man bereit war, die Schule bis zum Ende durchzumachen und zumindest ein Mindestmaß an benötigten Punkten zu erhalten. Dies an und für sich halte ich für uneingeschränkt positiv. Möchte aber kritisch anmerken, daß damit nichts über den Inhaber des "Titels" gesagt wird. das ABI ist ein nettes Sprungbrett, um sich alle Chancen offen zu halten und ein noch besseres, um Dumpfbacken bei der bloßen Erwähnung zu einem ehrfüchtigen Schauer zu verhelfen. Klar, ich hab das Ding auch und auch mit gutem Durchschnitt dank geschickter Fächerwahl, überbewerten würde ich es dennoch nicht. Ost oder West Abi, NRW oder Bayern ABI, das sind Nebenschaukampfplätze.
Ich habe das Abitur neben meiner Facharbeiterprüfung gemacht, weil ich einen Beruf haben wollte. Zusätzliche Fächer, an denen ich interessiert war, habe ich an der Volkshochschule belegt. Ich hätte auch auf die EOS gehen können. Aber wie dem auch sei. Meine Tochter geht heute in eine Eliteklasse eines Elitegymnasiums und was ihr Wissen betrifft, hätten wir sie zu unseren Schülerzeiten, wenn sie uns per Zeitsprung hätte besuchen können, nur mitleidig belächelt. Rechnet man das ideologische Geseier heraus, war die ostdeutsche Schulbildung sehr, sehr hochwertig. Viel Drill - aber hervorragendes Bilungsfundament. Fernsehen spielte ja auch noch nicht die Rolle und Rechner gabs keine. doof sein war peinlich - Bildung wurde bewundert. Das sind die Hauptunterschiede.
Das stimmt. Ich merke immer wieder, dass wir eine hervorragende Allgemeinbildung bekommen haben. Schon kurz nach der Wende stellte ich an Hand meiner Nichte fest, dass das Niveau gesunken war, denn wir hatten in der ersten Klasse bereits alle Zahlen von 1-100 lernen müssen, sie jedoch noch nicht. Umso peinlicher finde ich es, wenn Abschlüsse, vor allen auch aus der ehemaligen Sowjetunion (denn auch dort war Bildung ein Wert an sich) nicht anerkannt werden. Fürchtet man sich davor, von Überqualifizierten vorgeführt zu werden?
Ich hätte lieber heute Abitur gemacht.
In der DDR hat mich geärgert, dass so viel Naturwissenschaften gelehrt wurden. Ich hätte lieber eine 3. Fremdsprache gelernt.
Aus meiner Klasse kam in den 80ern ein Junge auf die EOS, der gar nicht die Noten dafür hatte. Er hatte sich als Berufssoldat zur NVA verpflichtet. Das war für die DDR der Grund, ihn auf der Straße der Besten anzupreisen. Überhaupt hatte man damals linientreu zu sein, sonst passierte gar nichts in Sachen beruflicher Aufstieg.
Was ich damals gut fand, dass wir Noten ab der 1. Klasse erhielten. Das ist ja heute nicht mehr der Fall.
Aber das gemeinsame Lernen bis zur 10. Klasse fand ich nicht so gut. Bei uns gab es einige in der Klasse, die hatten gar kein Interesse an Bildung, die wurden da mit durchgezogen. Die nahmen es nicht so genau mit dem Lernen, da sie ja eh einen Beruf in der Produktion oder im Handwerk oder in der Landwirtschaft bekamen.
Die Angaben betreffs des Zugangs zu einer EOS sind nicht korrekt.Bis in die 80er Jahre gab es beide Möglichkeiten,an die EOS zu wechseln.Entweder nach der achten oder nach der zehnten Klasse.Desweiteren spielte die Berufswahl eine Rolle.Offiziersanwärter wurden in der Regel eben bevorzugt,das ist eine bekannte Tatsache.