Was bedeutet „Als eine Frau lesen lernte, trat die Frauenfrage in die Welt“?
Hallo, weiß jemand was mit dem Zitat von Marie v. Ebner-Eschenbach gemeint ist? Würde mich freuen, wenn mir jemand helfen kann:)
4 Antworten
Bildung (dazu gehört definitiv das Lesen) öffnet die Augen und regt zum Nachdenken an. Ohne den Buchdruck im 15./16. Jahrhundert hätte es wahrscheinlich keine Renaissance gegeben, und erst dadurch, dass Frauen vermehrt lesen konnten und Bücher immer verbreiteter waren, wurde ihnen klar, wie sehr sie benachteiligt waren und dass es dafür keine logische Begründung gab/gibt.
Und was soll mir dieser Kommentar nun genau sagen? Dass Frauen ohne Männer nur an Bildung gekommen wären? Ist ja ähnlich wie das Stockholmsyndrom. Der Entführer befreit das Opfer aus dem jahrelangen Gefängnis seines Kellers und lässt es mit im Erdgeschoss wohnen. Nun soll ihm das Opfer dankbar sein, dass es durch ihn zum ersten Mal seit Jahren das Tageslicht sieht.
Nein, es geht nicht um eine Besserstellung. Es geht darum, dass weibliche Fähigkeiten/Interessen/Stärken wieder genauso wertgeschätzt werden wie männliche. Die ganze Gesellschaft mitsamt ihrer Arbeitswelt ist durch das Patriarchat geprägt. Das, wofür Frauen früher geschätzt wurden, wird heute immer noch häufig als unentgeltliche Freiwilligenarbeit abgestempelt. Es gibt fast nichts, was eine Frau in ihrem Lebenslauf mehr zu Armut führt, als Mutter zu sein. Weibliche Arbeit wurde ins Private verschoben, um sie vom Mann finanziell abhängig zu machen, damit sie ihn nicht verlässt. Eine Frau kann in der heutigen Gesellschaft nur frei und unabhängig sein, wenn sie sich den Männern anpasst, und sich vor allem Berufe sucht, die ursprünglich von Männern gemacht wurden. Weil diese eben bezahlt werden, ihre Arbeit (die eigentlich systemrelevant ist) hingegen meist gar nicht oder nur sehr spärlich. Und solange es noch sexuelle Ausbeutung von Frauen gibt, Abtreibungen immer noch illegal sind, Gewaltpornografie von jedem dritten Mann konsumiert wird, und jede zweite bis dritte Frau sexuell belästigt oder vergewaltigt wird, hat der Feminismus definitiv noch seine Daseinsberechtigung.
Als die Frauen lesen lernten und sich also bildeten, erkannten sie, dass es ungerecht war, dass sie nicht gleichberechtigt waren. Sie lasen auch von anderen Frauen, die sich für Frauenrechte einsetzten.
Frauen lesen, Frauen werden anerkannt.
In den 50ern und 60ern wurden Frauen stark benachteiligt. Als Frauen lesen lernten, merkten sie, dass sie in Sachen Bildung benachteiligt wurden und darauf eigentlich ein Anrecht hatten. Dadurch entstand letztendlich dann die Gleichberechtigung in vielen Bereichen, da sich die Frauen irgendwann gegen die Ungerechtigkeit auflehnten und ihre Rechte einforderten. Lesen lernen ist nur eines von vielen Beispielen.
Lesen lernt man in der Schule und zwar jeder. Außer man sitzt dauernd vorm Laptop oder hängt mit dem Smartphone herum.
Und ein Mann, Johannes Gutenberg, hat das Setzen und das Drucken erfunden. War übrigens ein Deutscher.