Warum zählen Autismus und AD(H)S zu psychischen Beeinträchtigungen?

7 Antworten

Es gibt genug Menschen die meinen das sie mit adhs behindert sind.

Daher ist es nicht verwunderlich das so umgesetzt wird.

Meiner Meinung nach haben sie nie mit richtig behinderten zu tun gehabt.

Um den Titel zu beantworten: Tun sie doch gar nicht. Das behaupten nur Leute und Stellen, die sich nicht mit der Thematik auskennen, da sie lieben alten, längst nicht mehr aktuellen Fachbüchern glauben, als von (uns) Autisten und ADHSlern zu lernen.

Sowohl Autismus, als auch ADHS sind beides neurologische Entwicklungsstörungen welche - je nach Einzelfall - auch Behinderungen sein können. Man kann sowohl für Autismus, als auch für ADHS einen (Schwer)behindertenausweis beantragen, genauso wie einen Nachteilsausgleich (und den bekommen nur Behinderte) und viele - insbesondere englischsprachige - Quellen sagen auch, dass Autismus und ADHS sowohl eine Behinderung, als auch ein "Segen" sein können. Das eine schließt das andere ja nicht aus.

sprich: Psychischen Behinderungen, wenn es mehr als 6 Monate andauert.

Lass mich raten: Das sind überwiegend Quellen auf deutsch, die das behaupten, stimmt's? Wir in Deutschland hinken noch sehr hinterher. Ich beschäftige mich meistens nur mit englischsprachigen Quellen, da die dort schon weiter sind. Deren Self-Advocacy im Bezug auf Autismus und ADHS ist auch viel präsenter und viel weiter.

Wie bereits gesagt, ist das halt falsch. Weder Autismus, noch ADHS haben etwas mit der Psyche zu tun. Unser Gehirn ist wortwörtlich neurodivers - Anders aufgebaut. Deshalb auch neurologisch, Neurologie, Neurodiversität/Neurodivergenz.

Einige Komorbiditäten mögen auf die Psyche gehen, z.B. psychische Krankheiten wie Depression oder Sozialphobie, aber wenn wir uns nur Autismus und nur ADHS anschauen, in ihren Reinformen, ist das etwas komplett Neurologisches. Deshalb ist es im ICD-11 und DSM-5 auch unter "neurologische Entwicklungsstörungen" bzw. "neurodevelopmental disorders" zu finden.

Leider denken viele bei dem Wort "Behinderung" nur an körperliche und geistige Behinderungen, völlig ignorierend, dass es auch z.B. neurologische Behinderungen gibt (wie Autismus und ADHS) und dass auch eine psychische Krankheit eine Behinderung werden kann, wenn sie lange genug anhält.

Ich finde es sau frech, dass Autismus und AD(H)S als Behinderung bezeichnet wird. Es gibt auch geistig behinderte mit Autismus wie Menschen mit Trisomie 21, und stark ausgeprägte Menschen mit frühkindlichem Autismus.
Dennoch finde ich es doof, dass wir als "Behinderte" dargestellt werden, obwohl ich das eigentlich nicht als "Behinderung" einstufen würde...

Es gibt keinen frühkindlichen Autismus mehr. Es gibt nur noch die Autismus-Spektrum-Störung. Der ICD-11 kann seit Anfang 2022 benutzt werden. Der DSM-5 drüben wurde schon 2013 veröffentlicht - So lange hinken wir denen hinterher! Es gibt auch keinen stark ausgeprägten Autismus und keinen schwach ausgeprägten Autismus, denn so funktioniert das Spektrum nicht und hier wird sehr gut erklärt, wie es tatsächlich funktioniert.

Von was du redest ist Autismus + Komorbidität. Aber wir gehen hier nur von Autismus an sich aus. Autismus an sich kann nicht in "Schweregrade" eingestuft werden. Findest du nicht, dass sich das super dämlich anhört? Stell' dir mal vor, ich würde sagen, ich hätte eine "stark ausgeprägte Schwangerschaft", oder ich wäre "ein bisschen schwanger". Klingt bescheuert, nicht wahr? Entweder ist man schwanger oder man ist es nicht und entweder ist man Autist/Autistin oder man ist es nicht. Willst du mir als nächstes sagen, eine Nebelkrähe ist mehr Krähe als eine Neukaledonienkrähe? Wohl kaum.

Darüber hinaus finde ich es frech, dass du behindert zu sein ganz offensichtlich als etwas Negatives ansiehst. Das ist ziemlich ableistisch. Behindert zu sein ist nicht schlimm - Ich musste das auch erst über einige Jahre lernen und akzeptieren, dass ich behindert bin. Das heißt nicht, dass mein Autismus etwas Schlechtes ist. Ich bin zufrieden damit, Autistin zu sein und ich würde es nicht ändern wollen, selbst wenn ich könnte.

Ich habe seit meiner Diagnose (seit ich 10 bin, also seit 15 Jahren) einen SBA. Seit meiner Volljährigkeit unbefristet, GdB 80, Merkzeichen B und G (früher B und H). Das Versorgungsamt verschenkt die Dinger nicht. Ganz im Gegenteil. Einige Leute, die ebenfalls wirklich einen bräuchten, bekommen keinen oder müssen erst mehrmals einen beantragen und sich anwältliche Hilfe suchen, also hat das wohl einiges zu bedeuten, dass ich meinen fast direkt bekam damals.

Natürlich behindert es mich, dass ich autismusbedingt einen miesen Orientierungssinn habe und keine Karte der Welt verstehen kann, dass ich exekutive Dysfunktion habe (daher nur unregelmäßig dusche, Zähne putze, Haare bürste, Aufräume, mich pflege etc. pp.), dass ich mich nur mit Themen beschäftigen kann, die mich interessieren (Da war es auch egal, ob ich jahrelang nur 5en und 6en kassiert habe - In der Hauptschule und Schule für Behinderte!), dass ich aufgrund meiner Motorikprobleme nicht Fahrradfahren, nicht Schwimmen kann, dass ich mich bei Lärm nicht konzentrieren kann, dass ich keine Reizfilterung habe, dass ich Probleme damit habe, meine Emotionen zu regulieren, dass ich nicht mit spontanen Planänderungen klarkomme (außer sie kommen von mir), dass ich niemals irgendwo arbeiten/studieren/Ausbildung machen können werde (und ich meine das vollkommen ernst), dass ich verwirrt und geblendet werde von dem grellen Licht in Einkaufsläden und so vieles mehr.

Wenn du deinen Autismus und dein ADHS nicht als Behinderung ansiehst bzw. als "Teilbehinderung" (So nenne ich das jetzt spontan, wenn sowohl deine Behinderung, als auch der Ableismus in der Gesellschaft dich behindern und um ehrlich zu sein geht es mir persönlich exakt so) ist das völlig in Ordnung. Das sieht ja jeder Autist, jeder ADHSler individuell, weil wir unsere Neurodivergenzen alle unterschiedlich empfinden - und dies sich auch je nach Umfeld ändern kann -, aber du stellst es so dar, als wäre behindert zu sein schlecht und als könne Autismus (und ADHS) niemals behindernd sein und somit auch keine Behinderungen sein.

Es kann auch beides sein. Eine Neurodiversität bzw. Neurodivergenz und eine neurologische Behinderung.

Wie gesagt: Ich sehe weder meinen Autismus, noch meine Behinderung (also meinen Autismus) als etwas Negatives an. Es ist etwas komplett Neutrales. Es ist weder (nur) gut, noch (nur) schlecht. Es ist neutral.

Ich hab mich früher auch gehasst, weil ich nicht "normal"* und behindert war/bin. Ich habe meinen SBA gehasst. Ich hab alles gehasst, was mich von den anderen Kindern und Jugendlichen unterschied. Das war halt mein eigener, gegen mich gerichteter, tief in mir verankerte Ableismus. So nach und nach losbinden konnte ich mich von dem Mindset erst circa 8 Jahre nach meiner Diagnose, also als ich 18 war. Das braucht seine Zeit, aber besser du fängst jetzt an, als nie.

*Genau genommen war und bin ich normal, nur sieht meine Normalität anders aus als die der meisten anderen Menschen.

Außerdem verletzt du damit auch viele Menschen, die du persönlich als "tatsächlich behindert" ansehen würdest. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die wenigsten, die z.B. blind sind, taub sind, ein Bein verloren haben, Trisomie-21 haben usw. sowas hören/lesen wollen, was übersetzt im Prinzip nichts anderes heißt als: "Ewww, wir sind doch nicht so ... wie die da, wir sind nicht behindert".

Das hat den selben Vibe wie manche Autisten, die heruntergebrochen nichts anderes sagen als: "Ewww, ich bin nicht so wie diese Autisten, die mit schwerem Autismus. Ich hab nur ein bisschen, nur ganz leichten Autismus. Ich kann reden und hab Freunde und bekomme nie Meltdowns und ich studiere sogar!"

Das ist halt ein sehr ableistisches Mindset.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽

AD(H)S würde ich auch nicht als Behinderung einstufen.

Autismus schon. Je nach Ausprägung können viele Autisten nicht alleine leben. Mein Autismus schränkt mich so weit ein, dass ich mich nicht ohne Unterstützung sozialisieren kann, Hilfe bei Meltdowns brauche, meine Spezialinteressen konsumieren einen Großteil meiner Zeit. Ich kann mich nicht in die Mainstream-Gesellschaft einfügen, und verstehe ungeschriebene soziale Regeln nicht. Das isoliert mich oftmals von Aktivitäten, ob sozial oder nicht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Autist mit Erfahrung mit mentaler Krankheit

Das ist relativ einfach zu beantworten, je nach Ausprägung ist das eine sehr leichte bis hin zu sehr sehr schwere Beeinträchtigung.

Das man in Schubladen Denkt ist leider nichts ungewöhliches und viele Wissen schlicht nicht das es unterschiedliche Grade der Ausprägung von z.b. Autismus gibt.


mrsanonymymus24 
Fragesteller
 24.05.2024, 08:47

Das sehe ich ganz genauso. Ich habe eine leichte Form von Autismus und ADHS, aber meine Mutter hat dennoch damals einen Schwerbehindertenausweis von 50% für mich beantragt.

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kiniro  24.05.2024, 18:07
@anonymos987654

Nein, da irrst du dich - so einfach gibt es den SBA nicht.

Außerdem ist dieser als NACHTEILSausgleich gedacht.

Ich halte Neid an falscher Stelle für asozial.

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Schon wieder eine Fehlinformation über Autismus.

Liegt wohl daran, dass viele Psychiater und Neurologen sich verdammt schwer damit tun, das Thema von der internationalen Seite aus zu betrachten.

Weder ASS noch ADHS sind psychische Beeinträchtigungen / Behinderungen.
Mir geht es hier um den Begriff "psychische".
Beide sind dem neuronalen Bereich zugeordnet.

Die psychische Komponente tritt als Komorbidität auf, die bei ASS (und ADHS?) gehäufter auftreten als bei Neurotypischen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – ASS-Diagnose mit 50 / über 20 Jahren im Thema