AMA: Blickwechsel 12. November 2024
AMA: Deine Fragen an einen Psychotraumatologen
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Warum schämen sich Menschen zu ihrer Erkrankung zu stehen?

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Mal abgesehen davon, dass einem psychische Erkrankungen sehr viel Kraft rauben können und man sowieso oft nur wenig Lust und Energie hat auf andere Menschen zuzugehen, empfinden auch heutzutage viele Betroffene noch Scham, deswegen zu einem Arzt zu gehen. Es ist teilweise noch sehr in der Gesellschaft verankert, dass psychische Erkrankungen keine "wirklichen" Krankheiten sind. Glücklicherweise geht der Trend eher in die richtige Richtung, dass sich immer mehr Menschen Unterstützung suchen und viele sie auch mehr als brauchen. Im Zweifelsfall kann man trotzdem hingehen und den Arzt entscheiden lassen, ob man eine Behandlung machen sollte, oder nicht. Er trägt die Verantwortung für die Kostensicherung und ein Arztbesuch kostet einen selber ja auch nichts. Dieser Gedanke kann vielen helfen, die sich selber unsicher sind und es dann dadurch schaffen, den ersten Schritt zu tun.

Bezüglich ernst nehmen: ich habe die letzten Jahre immer mehr positive Erfahrungen damit gemacht. Viele Hausärzte, die noch vor 15 Jahren nur im Studium von psychischen Erkrankungen gehört haben, machen jetzt heute z.B. Fortbildungen zum Thema "psychosomatische Grundversorgung" und arbeiten sich in das Thema der psychischen Erkrankungen ein. Dieser Trend ist richtig gut! Mittlerweile scheuen auch nicht mehr so viele Hausärzte davor zurück eine antidepressive Therapie einzuleiten und schicken den Patienten nicht sofort weiter zu einem Psychiater, wo der Patient erst noch 3 Monate auf einen Termin warten muss. Ebenso wird nicht mehr sofort jeder, der Suizidgedanken hat, ohne weitere Überlegungen in die geschlossene Psychiatrie mit Zwang eingewiesen, sondern es wird differenzierter geschaut ob das überhaupt Sinn macht, ob wirklich eine Gefahr besteht und nicht vielleicht andere Maßnahmen doch ausreichend sind. Nicht jeder Mensch mit Suizidgedanken wird sich die nächsten Stunden nach dem Arzttermin suizidieren. Diese Gedanken begleiten zumindest phasenweise das ganze Spektrum der psychischen Erkrankungen. Wenn jeder so handeln würde, gäbe es wahrscheinlich keinerlei offene Stationen mehr und wir bräuchten doppelt so viel Kliniken.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Traumazentrierte Fachberatung nach DeGPT, Akutpsychiatrie

Teilweise werden sie nicht ernst genommen, teilweise falsch behandelt oder als dauerhafte Milchkuh des Therapeuten genutzt. Den wenigsten wird wirklich geholfen. Therapeuten arbeiten oftmals erfolglos aber niemals umsonst (vergleichbar mit Anwälten).

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